ESG-Schuldscheine sind im Kommen
kjo Frankfurt
ESG – Environment, Social und Governance – bzw. das Thema Nachhaltigkeit hält seit einigen Jahren Einzug am Kapitalmarkt, in erster Linie im Fixed-Income-Segment. Das ging auch am Markt für Schuldscheindarlehen (SSD) nicht spurlos vorüber. So ist im vergangenen Jahr bei SSD der Anteil von Darlehen mit Nachhaltigkeitsbezug (13 Mrd. Euro) deutlich gestiegen. Insgesamt wurde dank eines sehr dynamischen zweiten und vierten Quartals 2022 ein Rekordvolumen am SSD-Markt erreicht. In 147 Transaktionen wurden SSD über insgesamt 31,757 Mrd. Euro arrangiert. Nur 2017 kamen mehr Schuldscheine an den Markt – nämlich 156 –, mit denen aber seinerzeit nur ein Volumen von 27,429 Mrd. Euro aufgenommen wurde. Das halten die Experten von Capmarcon in einer Studie fest. Capmarcon ist eine auf Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Dies umfasst die Eigenkapital-, Fremdkapital- und Mezzaninekapitalbeschaffung. Beraten werden Unternehmen besonders bei der nachhaltigen Kapitalbeschaffung.
„Zwar hatten konventionelle Schuldscheindarlehen ohne besondere nachhaltige Ausstattungsmerkmale mit 59% noch immer die Mehrheit am begebenen Volumen. Doch im Jahr 2021 lag dieser Anteil noch bei etwa 70%“, heißt es. Sogenannte ESG-Linked-Schuldscheindarlehen seien jüngst auf einen Anteil von 35,6% gekommen. Damit entspreche die Volumenverteilung der Transaktionsverteilung: Auf konventionelle Darlehen seien 63% der Transaktionen entfallen, auf ESG-Linked-Deals 29%. „Sofern die aufgenommenen Mittel nicht ausschließlich für nachhaltige Zwecke verwendet werden, wählen die Unternehmen bei Darlehen mit Nachhaltigkeitsbezug als Referenzgrößen in der Regel entweder die Entwicklung von ESG-Ratings oder einzelne Nachhaltigkeitsindikatoren wie Energieeffizienz, Treibhausgasemissionen/Emissionsintensität, Menge des genutzten Wassers oder Frauenquoten“, führen die Experten bezüglich der Verwendung der Erlöse aus dem Darlehen hierzu weiter aus.
Schuldscheindarlehen mit Nachhaltigkeitsbezug werden nach Ansicht von Capmarcon weiter an Bedeutung gewinnen. Herausragende Bedeutung würden dabei wegen ihrer einfachen Konstruktion unverändert ESG-Linked-Finanzierungen besitzen, erst mit größerem Abstand folge echtes Green Financing, bei dem die Mittel strikt mit nachhaltiger Wirkung eingesetzt werden müssten. Das Schuldscheinvolumen mit Nachhaltigkeitsbezug insgesamt sollte im Jahr 2023 mehr als die Hälfte des Marktumfangs ausmachen, so die Prognose.
Impulse von der Politik?
Dieser Zuwachs sollte aber nicht ausreichen, das insgesamt geringere Arrangement von Schuldscheindarlehen im Gesamtjahr 2023 zu kompensieren. Die aktuell in Vorbereitung befindlichen Transaktionen würden zwar ein vergleichsweise starkes erstes Quartal 2023 versprechen. Ob allerdings ein ähnlich hohes Gesamtvolumen in dieser Periode erreicht werden könne wie im Betrachtungszeitraum, hänge in nicht unerheblichem Maße davon ab, welche Impulse von der (Wirtschafts-)Politik ausgehen würden.