Ausblick

Fed-Sitzung im Fokus

Die aktuelle Verfassung der Finanzmärkte, insbesondere der Anleihemärkte, kann wohl als tiefenentspannt beschrieben werden. Es ist bemerkenswert, mit welcher Gelassenheit das Hochschießen der amerikanischen Verbraucherpreisinflation hingenommen...

Fed-Sitzung im Fokus

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Die aktuelle Verfassung der Finanzmärkte, insbesondere der Anleihemärkte, kann wohl als tiefenentspannt beschrieben werden. Es ist bemerkenswert, mit welcher Gelassenheit das Hochschießen der amerikanischen Verbraucherpreisinflation hingenommen wurde. Bei einer Konsenserwartung von 4,7% erreichte die Jahresrate der US-Konsumentenpreise die Marke von 5%. Ein Schwächeanfall der Anleihemärkte hätte wohl die wenigsten gewundert. Geschehen ist aber das Gegenteil. Die laufende Verzinsung der zehnjährigen US-Staatsanleihe sank erstmals seit rund drei Monaten unter die Marke von 1,50% bis auf ein am Freitag erreichtes Tief von 1,53%, die zehnjährige Bundrendite sank bis auf –0,29% und damit auf den tiefsten Stand Seit Mitte April.

Die Marktteilnehmer vertrauen darauf, dass die amerikanischen Währungshüter, so wie sie es auch standhaft erklären, die hohen Inflationsraten als ein vorübergehendes Phänomen sehen und daher auch keinen Drang verspüren, mit einer restriktiveren Geldpolitik gegenzusteuern. Auch dürften Eindeckungen von Short-Positionen ein Stück weit zu den Renditerückgängen beigetragen haben.

Dennoch hat sich die Spannung, mit welcher der zinspolitischen Sitzung der Fed entgegengeblickt wird, nach den Inflationszahlen erhöht. Die Marktteilnehmer werden die Verlautbarungen der Fed sehr genau darauf überprüfen, wie standhaft sie zu ihrer gelassenen Sicht der Dinge steht. Experten gehen davon aus, dass die Fed an ihrer Linie festhalten wird. Das FOMC werde wohl am Narrativ einer nur temporär erhöhten Inflation festhalten und keine Ankündigung einer Verringerung der Anleihekäufe vornehmen, so etwa die BayernLB. Die anhaltend lockere Geldpolitik werde auch mit dem jüngst eher enttäuschenden Jobzuwachs begründet werden, auch wenn der Arbeitsmarkt durch die temporären Arbeitslosenhilfen und den Fachkräftemangel angespannter sei als von der höheren Arbeitslosenquote impliziert. Die Fed werde bei beiden geldpolitischen Leitplanken auf weiteren Veröffentlichungen beharren. Bei den Leitzinsprognosen („dot plot“) der einzelnen FOMC-Mitglieder werde sich jedoch möglicherweise erstmals eine Mehrheit für einen Zinsschritt im Jahr 2023 ergeben. Nur rund drei FOMC-Mitglieder müssten hierfür statt keinem einen Schritt favorisieren, so die Bank.

Vor dem Mittwoch, an dem der Fed-Chairman Jerome Powell nach der Veröffentlichung der Mitteilung der Notenbank eine Pressekonferenz abhält, wird es noch ein paar Anhaltspunkte zum Zustand der amerikanischen Wirtschaft geben. So werden am Dienstag die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion vom Mai bekannt gegeben. Von Letzterer erwartet der Bloomberg-Konsens einen Anstieg im Vormonatsvergleich um 0,5%.

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