Fondshaus Clearbridge erwartet verschärfte Inflation
kjo Frankfurt
Aus makroökonomischer Sicht wird der Krieg in der Ukraine wahrscheinlich die globale Inflation weiter verschärfen. Der Waren- und Materialfluss aus der Ukraine und Russland werde gestoppt und könnte die Lieferkettenprobleme vieler Unternehmen bei Rohstoffen, wie Stahl für Autos, verstärken. Diese Einschätzung vertreten die Experten des zu Franklin Templeton gehörenden Investmenthauses Clearbridge. Der Anstieg der Erdgas- und Ölpreise werde sich ganz erheblich auf die Gesamtinflation in den USA, aber nur geringfügig auf die Kerninflation auswirken.
Da die Inflationsrisiken eher nach oben gerichtet seien, werde die Fed wahrscheinlich nicht wesentlich von den geplanten Zinserhöhungen in dieser Situation abweichen. Gegenwärtig rechne der Markt mit 5,9 Zinserhöhungen für die nächsten drei Jahre. „Wichtig ist, dass die Fed mehr Gewicht auf die Kerninflation ohne Lebensmittel und Energie legt, so dass höhere Rohstoffkosten die Entscheidungsträger nicht wesentlich beeinflussen dürften. Die Situation in der Ukraine könnte jedoch zu einem dovisheren Zinsszenario für die Europäische Zentralbank führen“, kommentiert Scott Glasser, CIO bei Clearbridge Investments.
Ungünstiger Zeitpunkt
Energie- und Rüstungsaktien hätten sich bisher dem Ausverkauf widersetzt, obwohl die kurzfristigen Aussichten beider Branchen wahrscheinlich direkt von dem Konflikt betroffen sein würden. „Die Invasion in der Ukraine findet zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt für die Weltwirtschaft statt, da die Ölpreise aufgrund der sich erholenden Nachfrage und des unzureichenden Angebots bereits in den Bereich von 70 bis 80 Dollar pro Barrel gestiegen waren. Die weltweite Ölindustrie hat in den vorigen Jahren zu wenig in ihre Produktionskapazitäten investiert und hat daher Schwierigkeiten, mit mehr Barrel zu reagieren, um den höheren Preisen entgegenzuwirken“, sagt Glasser. Die großen ölproduzierenden Länder in der Opec plus würden bereits Schwierigkeiten zeigen, die Förderquoten zu erreichen.
Versorgungsengpass möglich
Die Brent-Rohölpreise könnten bis zur Lösung des Konflikts im Bereich von über 100 Dollar/Barrel verharren, da mögliche Energiesanktionen gegen Russland oder potenzielle Pipelineunterbrechungen aufgrund des Konflikts zu Versorgungsunterbrechungen führen könnten. Russland liefere 10% des weltweiten Rohöls und 30 bis 40% des europäischen Erdgasbedarfs. „Die europäischen Erdgasspeicher lagen bereits vor dem Ukraine-Konflikt weit unter dem normalen Niveau, und die russischen Lieferungen an den Kontinent sind gegenüber 2021 bereits um etwa 40% zurückgegangen. Jede weitere starke Beeinträchtigung des Angebots könnte die europäischen Erdgaspreise weit über das heutige Niveau von über 30 Dollar pro tausend Kubikfuß treiben“, sagt er.
Dies zeige die Notwendigkeit von mehreren europäischen Nationen, sich für die langfristige Versorgung mit Flüssigerdgasprojekten aus dem Ausland zu entscheiden. Die europäischen Märkte seien angesichts der Schlagzeilen über den Krieg in Europa und der unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft am stärksten betroffen.