Gold befindet sich in einer Renaissance
Von Frederik Altmann*)
Der Goldpreis hat sich in den vergangenen zehn Jahren im Vergleich zum atemberaubenden Anstieg nach der Jahrtausendwende kaum bewegt. Die aktuellen Kurse mäandern wieder um das ehemalige Rekordhoch, das im September 2011 bei 1920 Dollar pro Feinunze die damalige Hausse beendet hatte. Die technische Lage bei Gold hat sich aber zuletzt wieder deutlich verbessert. Das könnte der Vorbote einer Renaissance bei Gold sein und einen längerfristigen Preisanstieg nach sich ziehen.
Zwei Hürden im Blick
Die traditionelle Rolle von Gold als sicherer Hafen erlangt leider angesichts der schlimmen geopolitischen Lage wieder mehr Bedeutung. Das Edelmetall ist nun wieder in aller Munde. Hinzu kommen deutlich negative Realrenditen in den wichtigsten Industriestaaten und auch starke Preisanstiege bei den Rohstoffen ganz allgemein als fundamentale Gründe für eine Erwartung steigender Goldpreise. Gelingt nun auch technisch der Ausbruch über zwei größere Hürden nach oben, dann können Anleger mit erheblichem weiteren Potenzial bei dem gelben Metall rechnen.
Seit dreieinhalb Jahren bewegt sich der Goldpreis wieder aufwärts, nachdem er zuvor eine rund fünfjährige Seitwärtsbewegung hingelegt hatte, in der die Korrektur vom vormaligen Rekordhoch verdaut worden war. Nachdem Gold dann im August vergangenen Jahres auf einen Rekord von 2072 Dollar gestiegen war, legte das gelbe Metall erneut eine etwas kleinere Verschnaufpause ein. Dabei erwies sich die Marke von 1676 Dollar mehrfach als solide Unterstützung. Die Erholungsbewegungen schlugen in der Folge immer weniger stark nach oben aus, so dass sich eine Dreiecksformation ausgebildet hat. Diese konnte der Goldpreis zuletzt nach oben verlassen.
Erwartungen geschürt
In der Regel stellen solche Dreiecke in der technischen Analyse dynamische Formationen dar. Aktuell schürt das Erwartungen nach oben. Auch wenn Gold derzeit noch mit dem wichtigen Widerstand bei 1920 Dollar durch das vormalige Rekordhoch aus dem September 2011 kämpft. Danach wartet eine weitere harte Nuss auf dem Weg nach oben bei 2072 Dollar am jüngsten Rekord vom August. Werden diese Hürden übersprungen, ist der Weg nach oben für Gold frei.
Technisch stehen die Chancen gut für den Sprung auf ein Rekordhoch. Ein erstes Kursziel nach oben ergibt sich dann direkt aus der Dreieckskonsolidierung bei 2243 Dollar. Dieses Ziel errechnet sich aus der Höhe der Formation von 396 Dollar, vom Ausbruchspunkt bei 1847 Dollar nach oben abgetragen.
Anstieg hat noch Luft
Das dürfte aber noch nicht das Ende eines erneuten Anstiegs darstellen. Für die Berechnung eines zweiten Preisziels für Gold kann man die hier zuvor schon besprochenen Fibonacci-Projektionen nutzen. Der Theorie des italienischen Mathematikers zufolge werden starke Kursbewegungen in bestimmten Relationen korrigiert. Nach einer Korrektur gibt es in dieser Theorie auch Annahmen über eine regelmäßige Ausweitung von Impulsbewegungen. Hiernach lassen sich Kursziele auch im „Uncharted Territory“, also auf bisher unerreichten Niveaus, berechnen. Nutzt man bei Gold den einjährigen Anstieg ab August 2018 als Impulsbewegung für den folgenden Aufwärtstrend, dann leitet sich an der Projektion von 261,8% bei 2478 Dollar ein nächsthöheres Ziel ab.
Ein weiterer Anlaufpunkt ergibt sich aus der gesamten Aufwärtsbewegung vom 2018 erreichten Tief bis zum Rekordhoch zwei Jahre später. Denn eine Konsolidierungsbewegung in Form des oben erläuterten (orangenen) Dreiecks steht regelmäßig in der Mitte einer Gesamtbewegung. Gold verteuerte sich von 2018 bis 2020 in der Spitze um 912 Dollar. Rechnet man diesen Anstieg zur Konsolidierungsuntergrenze bei 1676 Dollar dazu, ergibt sich ein Kursziel von 2588 Dollar. Eine solche Verdopplung einer Trendbewegung nennt man in der technischen Analyse „Measured Move“.
Langfristiges Potenzial
Kann Gold die aktuell technisch positive Ausgangslage nutzen und Rekordstände erreichen, dann könnte langfristig aber sogar noch mehr Kurspotenzial in dem Edelmetall stecken. Betrachtet man die fast zehnjährige Gesamtbewegung zwischen den beiden jüngsten Rekordhochs, kann diese als sogenannte „Tasse mit Henkel“-Formation interpretiert werden. Gelingt also der Anstieg auf Rekordniveaus, ergibt sich hieraus enormes weiteres Potenzial auf Sicht der kommenden Jahre.
Diese oft über Jahre gestreckte Konsolidierungsformation erhält ihren Namen aus der nach unten gewölbten Seitwärtsbewegung in Form einer Tasse. Sie endete mit einem Rekord. Der anschließende Rückschlag mit einer kleinen Atempause bildet dann den entsprechenden Henkel ab. Ein neuerlicher Rekord kann dann die Gesamtbewegung nach oben auflösen.
Statistischen Untersuchungen von Thomas Bulkowski zufolge bietet diese Formation eine durchschnittliche Rendite von 54%, bei gleichzeitig geringer Fehlerquote. Demnach können dem Edelmetall aus technischer Sicht durchaus wieder sehr goldene Zeiten bevorstehen.
*) Frederik Altmann ist Investmentanalyst bei Alpha Wertpapierhandel.