Goldene Zeiten für Gold?
„Goldene Zeiten?“ So lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Frankfurter Städel Museum mit Werken aus der Blütezeit Amsterdams im 17.Jahrhundert. Passt der Begriff derzeit auch für das Edelmetall selbst?
Seit Anfang des Jahres hat der Goldpreis in US-Dollar um mehr als ein Viertel zugelegt. Ende Oktober, also kurz vor der US-Wahl, erreichte er sein bisheriges Allzeithoch von 2.790 Dollar pro Unze. Adjustiert um die US-Inflation liegt der reale Goldpreis derzeit nur noch etwa 15% unter dem bisherigen Höchstwert von 1980. Und in britischen Pfund liegt der Goldpreis inflationsbereinigt sogar nur etwa 10% unter dem Hoch von Ende des 15.Jahrhunderts – also kurz vor der Zeit, als die spanischen Konquistadoren in großen Mengen Gold und Silber aus der Neuen Welt nach Europa brachten.
Wie geht es nach der Rally nun weiter mit dem Preis für Gold? Als Währung, die keinen Zahlungsstrom in Form von Zinserträgen abwirft, hängt der Preisausblick für das Edelmetall zunächst von den Opportunitätskosten der Goldhaltung ab – also dem Zins. Die Zinssenkungen der US-Notenbank im laufenden Jahr und die für 2025 erwarteten Lockerungen auf etwas unter 4% erklären den Goldpreisanstieg zumindest teilweise. Sollten die Märkte allerdings künftig weniger Zinssenkungen einpreisen als bisher, etwa weil die vom künftigen US-Präsidenten angekündigten Maßnahmen – Zölle, Steuersenkungen, rigide Migrationspolitik – wahrscheinlich zu höheren Inflationsraten führen, dann könnte dies den Goldpreis kurzfristig wieder belasten.
Gute Argumente
Dennoch gibt es gute Argumente für einen strukturell hohen Goldpreis. Zunächst ist grundsätzlich festzuhalten, dass sich der Zusammenhang zwischen Realzinsniveau und Goldpreis in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt hat. Trotz steigender Realzinsen (berechnet als 10-jährige US-Treasury-Rendite adjustiert um die durchschnittliche Inflationsrate der letzten 10 Jahre) hat der Goldpreis zwischen 2021 und Anfang 2024 deutlich zugelegt.
Darüber hinaus spricht dreierlei für einen auch mittelfristig robusten Goldpreis: Erstens ist eine strukturell höhere Inflation als in den zwei Jahrzehnten vor der Coronakrise zu erwarten. Die seit der Finanzkrise zu beobachtende Deglobalisierung, der demographische Wandel in praktisch allen Industrieländern plus China sowie die Dekarbonisierung sind nichts anderes als Angebotsschocks, die mittelfristig inflationär wirken. Hinzu kommt der monetäre Überhang in Folge der Corona-bedingten massiven geldpolitischen Stimulus-Maßnahmen. Zudem sprechen die hohen öffentlichen Verschuldungsquoten für ein gestiegenes Risiko, dass Inflation als Mittel der Entschuldung genutzt werden könnte. Analysen von AllianzGI deuten auf eine mittelfristige US-Inflationsrate von zwei bis drei Prozent hin, was oberhalb des Fed-Inflationsziels von zwei Prozent läge. Analoges gilt für die Eurozone.
Erhöhte Risiken
Zweitens haben sich die geopolitischen Risiken seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 erhöht, wie der von Dario Caldara und Matteo Iacoviello ermittelte Index zeigt. Geopolitische Risiken sind seitdem höher als im Mittel seit Ende des Kalten Kriegs (1989). In der Vergangenheit hat der Goldpreis meist positiv auf geopolitische Ereignisse reagiert.
Und drittens schließlich nimmt seit 2022 die Nachfrage nach Gold aus Schwellenländern deutlich zu. Insbesondere China und die Türkei, aber auch andere Staaten, insbesondere aus dem Mittleren Osten, sind für diese Entwicklung verantwortlich. Die naheliegende Erklärung: Nach dem Einfrieren der russischen Währungsreserven durch die G7-Länder als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine schichten diese Länder ihre Reserven in Gold um, weil Gold leichter vor dem Zugriff anderer Länder geschützt werden kann.
Daher bleibt es dabei: Die goldenen Zeiten für Gold sind wohl noch nicht vorbei.
*) Stefan Hofrichter ist Head of Global Economics & Strategy bei Allianz Global Investors.