Aktienmarkt

Goldener Herbst oder stürmische Jahreszeit?

Das Börsenjahr 2021 steuert mit großen Schritten auf das Schlussquartal hin. Aus charttechnischer Sicht spricht derzeit vieles für eine kurzfristige Konsolidierung im Dax.

Goldener Herbst oder stürmische Jahreszeit?

Von Christian Henke*)

Das Börsenjahr 2021 steuert mit großen Schritten auf das Schlussquartal hin. Bislang können sich die Anleger hierzulande über ein Kursplus beim deutschen Leitindex Dax von mehr als 14% freuen. Doch auch in diesem Jahr gibt es Themen, die die Börsianer bewegen. Die Pandemie spielt eine bedeutende Rolle. Die Mehrheit der Deutschen ist durchgeimpft, dennoch steigen wieder die Infektionszahlen. Dies schürt die Angst vor möglichen Einschränkungen und negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung. Zudem gibt es zwei Fragen, die vielen Marktteilnehmern zurzeit den Schlaf rauben. Ist die derzeitige Inflation ein nur vorübergehendes Phänomen, und wann greifen die Notenbanken ein und beenden die ultralockere Geldpolitik, die den Aktienmärkten in den vergangenen Jahren Kursgewinne beschert haben? Dass die Zeit des billigen Geldes allmählich zu Ende geht, wird zunehmend wahrscheinlicher. Sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) werden bereits in diesem Jahr ihre Anleihekaufprogramme reduzieren. Dennoch zeigen sich Dax und Co. bislang davon recht unbeeindruckt. Doch geht die Hausse weiter? Können die Anleger auf einen goldenen Herbst hoffen, oder steht uns ein stürmischer Jahresausklang bevor?

Charttechnisch alles im Lot

Wie so oft an dieser Stelle werfen wir einen Blick auf das Big Picture auf Monatsbasis. Ausgehend von dem Hoch im April 2015 hat sich im Langfristchart des Dax eine steigende Trendlinie etabliert. Nach einigen Anläufen konnte dieser Widerstand im Mai 2021 signifikant überwunden werden. Im August konnte das heimische Börsenbarometer Geschichte schreiben und erstmalig die psychologische Marke bei 16000 Punkten überwinden. Allerdings bereitet die „runde“ Zahl im Augenblick Probleme und will einfach noch nicht auf Schlusskursbasis fallen. Die eingangs erwähnten Konjunktursorgen und die Angst vor einem Ende der ultralockeren Geldpolitik lassen zurzeit die Bäume an der Frankfurter Wertpapierbörse nicht in die Höhe schießen. Vielmehr könnte es zu einer Korrektur kommen. Dabei spielt die genannte steigende Trendlinie bei aktuell 15390 Zählern eine wichtige Rolle. Darunter könnte es zu Gewinnmitnahmen kommen. In Anbetracht der Performance seit dem Coronatief im März 2020 sollte dies nicht überraschen. Korrekturpotenzial bestünde dann bis 14135 Punkte. In dieser Kursregion liegt das 23,6-%-Fibonacci-Retracement. Hierbei wurde die Aufwärtsbewegung von März des vergangenen Jahres bis zum jüngsten Intraday-Allzeithoch vom Freitag, dem 13. August, berücksichtigt.

Momentan gibt es charttechnisch betrachtet aber nicht viel zu meckern. Der Dax hat sein jüngstes Rekordhoch bei 16032 Punkten noch nicht aus den Augen verloren. In rund zwei Wochen beginnt das statistisch starke Schlussquartal. In den zurückliegenden Jahrzehnten konnte der deutsche Leitindex im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Dezember einen Jahresendspurt hinlegen. Gelingt der Sprung über die 16000-Punkte-Marke auf Monatsschlusskursbasis, wäre die nächste psychologische Marke bei 17000 Zählern das Etappenziel. Darüber liegt im Big Picture das 161,8-%-Fibonacci-Verlängerungsniveau (Extension) bei 17470 Punkten. Berechnungsgrundlage war die äußerst starke Korrekturphase von Februar bis März 2020.

Kurze Verschnaufpause

Auch die technischen Indikatoren sprechen zurzeit für eine kurze Verschnaufpause. Wir wenden einen Mix aus mehreren Indikatoren wie den Moving Average Convergence/Divergence (MACD), die Bollinger-Bänder, den Directional Movement Index (DMI), den Relative-Stärke-Index (RSI), den Williams %R, den Parabolic SAR und gleitende Durchschnitte an. Die Besonderheit an diesem Modell ist, dass zusätzlich unterschiedliche Periodenlängen berücksichtigt werden. Eine Korrektur bzw. Erholung ist zuerst in den kleineren Periodenlängen zu beobachten. Diese setzt sich dann in den oberen Periodenlängen fort. Der RSI, der hier als Trendfolgeindikator zum Einsatz kommt, wird beispielsweise zuerst mit der Einstellung 13 Tage ein Kaufsignal generieren. Kaufenswert wäre der Basiswert jedoch erst, wenn auch bei den Zeiteinheiten 21, 34 und 55 Tage der Indikator ein entsprechendes Kaufsignal anzeigt.

Mehrheitlich Verkaufssignale

Das Setup sieht wie folgt aus. Für eine Long-Position sollte der MACD oberhalb der Nulllinie aus dem Handel gehen. RSI und Williams %R liefern oberhalb bzw. unterhalb des Wertes von 50 neue Signale. Schließt der Dax oberhalb des oberen Bollinger-Bandes, wird ein Einstiegssignal geliefert, unterhalb des unteren Bandes entsprechend ein Ausstiegssignal. Beim DMI sollte DI+ über DI- liegen bzw. umgekehrt. Die gleitenden Durchschnitte sollten auf Sicht der letzten fünf Tage steigen bzw. fallen. Die Periodenlängen orientieren sich an der Fibonacci-Zahlenreihe 13, 21, 34 und 55 Tage. Generieren mehr als die Hälfte der genannten Indikatoren Kaufsignale, springt die technische Ampel auf Grün. Ist die Mehrheit der Indikatoren negativ, befindet sich der Basiswert in einem Abwärtstrend. Im Augenblick weisen die Indikatoren mit den erwähnten Periodenlängen mehrheitlich Verkaufssignale auf. Dies untermauert die Annahme einer kurzfristigen Konsolidierung.

*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.