Emerging Markets

Gute Aussichten für Schwellenländeranleihen

Nach zwei düsteren Jahren zeichnet sich für 2023 ein vielversprechendes Jahr für Schwellenländeranleihen ab.

Gute Aussichten für Schwellenländeranleihen

Nach zwei düsteren Jahren zeichnet sich für 2023 ein vielversprechendes Jahr für Schwellenländeranleihen ab. Auf Grundlage der Analyse unseres Sovereign-Debt-Teams gehen wir davon aus, dass die nächste Überraschung für die Zentralbanken ein unerklärlicher Rückgang der Inflation in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 sein wird – und eine akkommodierende Politik wahrscheinlich folgen wird.

Ein Jahr der zwei Hälften

Der Gegenwind, der sich aus den höheren Finanzierungskosten infolge der vergangenen und laufenden Zinserhöhungen ergibt, wird in der ersten Hälfte 2023 wahrscheinlich zu einem gewissen Anstieg der Zahlungsausfälle führen. Ein genauerer Blick auf das Fälligkeitsprofil der Schwellenländer stimmt jedoch zuversichtlich, dass dies für den Schwellenländermarkt als Ganzes überschaubar sein dürfte, wobei ausgewählte lokale Märkte eine alternative Finanzierungsquelle zum US-Dollar-Markt darstellen.

Die wirtschaftliche Verlangsamung wird weltweit ungleichmäßig ausfallen. Der weltweite Tourismus nimmt weiter zu, während der Welthandel zurückgeht. Die weltweiten Investitionen dürften im Vergleich zu früheren Konjunkturzyklen relativ lebhaft bleiben, da die Welt eifrig alternative Energiequellen entwickelt und sich für anhaltende geopolitische Unruhen rüstet. Die Rohstoffpreise dürften daher weiter gut gestützt werden. Die vom Handel abhängigen Länder brauchen womöglich länger, um sich zu erholen, während Urlaubsländer eine Rezession vermeiden können. Und während die Zinssätze wahrscheinlich weltweit sinken werden, ist es unwahrscheinlich, dass die Ge­schwindigkeit des Rückgangs einheitlich ausfällt.

Die Weltwirtschaft wird in der zweiten Jahreshälfte 2023 die Talsohle erreichen. Die quantitative Straffung ist wenig erforscht und noch weniger verstanden worden. Ihre Auswirkungen dürften gegen Ende 2023 zu einem drastischen Rückgang der Inflation führen, was die Zentralbanken erneut zu einer akkommodierenden Politik zwingt. Ein wirtschaftlicher Aufschwung im Jahr 2024 ist wahrscheinlich, was bedeutet, dass Mitte 2023 der optimale Zeitpunkt für den Einstieg in ausgewählte Staatsanleihen der Schwellenländer sein könnte.

Erholung steht bevor

Während sich die Aussichten für 2023 aufzuhellen beginnen, haben viele Länder noch zu tun, um sich an den Energiepreisschock von 2022 anzupassen, wobei einige Aspekte wohl von Dauer zu sein scheinen. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass die meisten Schwellenländer über die soziale Widerstandsfähigkeit und den politischen Rahmen verfügen, um die notwendigen politischen Anpassungen vorzunehmen und ihre Haushalts- und Außenbilanzen auf eine tragfähige Basis zu stellen.

In den am stärksten betroffenen osteuropäischen Ländern sind unserer Ansicht nach alle Investment-Grade-Staaten, einschließlich Kroatien, Ungarn, Polen und Rumänien, auf dem besten Weg, sich an die Energie- und Lebensmittelpreisschocks anzupassen – unterstützt durch die EU-Programme. Auch die mit „BB“ bewerteten Staaten können die Preis- und Wachstumsschocks verkraften, wobei Länder wie Mazedonien und Serbien Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten haben. Die Länder der ehemaligen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) wie Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Usbekistan haben vom russisch-ukrainischen Krieg profitiert und sowohl Human- als auch Finanzkapital aus der Konfliktregion gezogen.

In Lateinamerika haben Brasilien und Mexiko seit dem Covid-19-Schock im Jahr 2020 eine stabile Finanzpolitik betrieben. Infolgedessen erweisen sich ihre Zahlungsbilanzen als nachhaltig und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital ist minimal. In Zentralamerika verfolgten Costa Rica und die Dominikanische Republik 2022 eine bemerkenswert solide Finanzpolitik und haben von ihren Verbindungen zur US-Wirtschaft über Handel, Geldtransfers und Tourismus profitiert.

Positive Impulse aus China

Asiens Energieimporteure, da­run­ter Indien, Indonesien, die Philippinen und Thailand, wurden hart getroffen, aber praktisch alle bleiben solide Investment-Grade-Kredite mit der Fähigkeit, sich weiter anzupassen und den wohlverdienten Zugang zu den lokalen und globalen Finanzmärkten zu erhalten. Darüber hinaus sehen sich diese Länder mit der Wiedereröffnung Chinas einem Aufwärtstrend gegenüber, der auch von Chinas Bürgern getragen wird, die wieder ins Ausland reisen.

Ein Engagement in diesen Ländern erfordert ein tiefes Verständnis ihrer Institutionen, ihrer sozialen Widerstandsfähigkeit und ihrer politischen Rahmenbedingungen – und die Überzeugung, dass sie Schocks nicht nur verkraften können, sondern sich im Lauf der Zeit auch verbessern werden. Sicherlich befinden sich mehrere Schwellenländer in einer Schuldenkrise oder nehmen derzeit eine Umschuldung vor – darunter Äthiopien, El Salvador, Ghana, Libanon, Pakistan, Sri Lanka, die Ukraine und Sambia. Es wäre jedoch ein Fehler, von diesen Ländern auf ein irreführendes Bild aller Schwellenländerstaatsanleihen zu schließen, da sie mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von 2,8% nur einen kleinen Teil des Universums ausmachen.

Alles in allem sind Abwärtsrisiken zweifellos vorhanden, aber die ausgeprägten Abflüsse, die die Anlageklasse im vergangenen Jahr erlitten hat, zeichnen auch von der technischen Seite her ein positives Bild. Die verbliebenen Anleger dürften die Risiken nun kennen.

Kaum Abflüsse

Dies deutet darauf hin, dass wir im Jahr 2023 wohl keine nennenswerten Abflüsse erleben werden, es sei denn, es ereignet sich etwas noch Dramatischeres als die Ereignisse der letzten drei Jahre – somit wird jede weniger negative Entwicklung wahrscheinlich als positiv wahrge­nommen.

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