Wrestling-Veranstalter

Harter Wettbewerb trübt Aussicht für WWE-Aktie

Die Rückkehr der Fans in die Arenen dürfte laut Analysten die Erlöse des Wrestling-Veranstalters WWE antreiben. Doch der verschärfte Wettbewerb im Showkampf-Geschäft trübt die Aussichten für die Aktie.

Harter Wettbewerb trübt Aussicht für WWE-Aktie

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Für den weltgrößten Showkampf-Veranstalter World Wrestling Entertainment (WWE) beginnt bereits im Januar die bedeutsamste Zeit des Jahres. Denn im ersten Kalendermonat biegt der US-Konzern auf die „Road to Wrestlemania“ ein, die Anfang April in einem aufwendig produzierten, zweitägigen Pay-per-View-Event endet. Die diesjährige „Wrestlemania“ – die 38. Ausgabe der Veranstaltung – soll trotz der Corona-Pandemie die größte der Geschichte werden.

Sie findet im AT&T Stadium in Arlington, Texas, statt, das Platz für mindestens 80000 Zuschauer bietet. Analysten rechnen folglich damit, dass das Event gewaltige Ticket-Umsätze in die Kassen der WWE spülen wird. Hinzu komme, dass hohe Besucherzahlen auch die Fanartikel-Verkäufe kräftig ankurbelten. Genau diese Erlöse waren in den Vorjahren eingebrochen: „Wrestlemania 36“ wurde 2020 hinter verschlossenen Türen aufgezeichnet, „Wrestlemania 37“ konnte 2021 nur mit starken Kapazitätsbeschränkungen stattfinden.

Nun ist die Ticket-Nachfrage wohl umso höher, wie sich auch bei den Mitte Juli wiederaufgenommenen Live-Event-Touren des Wrestling-Veranstalters zeigt. Die Rückkehr der Zuschauer ist einer von mehreren positiven Faktoren, die der WWE-A-Aktie an der New York Stock Exchange (Nyse) nach einem Zickzack-Kurs im vergangenen Jahr seit Ende Dezember wieder Auftrieb verliehen haben. Zudem sollen 2022 wieder zwei Shows in Saudi-Arabien stattfinden, 2021 war es nur eine. Die WWE richtet seit 2014 Veranstaltungen im Königreich aus und muss sich dafür aufgrund der Menschenrechtssituation in dem Land heftige Kritik gefallen lassen. Unter finanziellen Gesichtspunkten sind die Events aber offenbar hochlukrativ.

Lukrative TV-Verträge

Die US-Großbank J.P. Morgan verweist zudem darauf, dass im laufenden Jahr Preisgleitklauseln bei großen TV-Verträgen der Showkampf-Liga greifen, die zu höheren Einnahmen aus den Übertragungsrechten führen dürften. Hinzu komme, dass die einstige World Wrestling Federation nach einjähriger Abstinenz wieder ein Videospiel auf den Markt bringen werde. Die Analysten gehen daher davon aus, dass der Umsatz des Wrestling-Veranstalters 2022 um über 15% zulegen wird. Die britische Großbank Barclays und das US-Investmenthaus Needham geben zwar vorsichtigere Schätzungen ab, rechnen aber immerhin mit einem Erlöswachstum von 8,6% bzw. 10%.

Trotz dieser Aussichten fällt die Stimmung für die WWE-Aktie gemischt aus. Laut dem Informationsdienstleister Bloomberg geben 46,2% der Analysten, die den Titel regelmäßig beobachten, eine Kaufempfehlung ab – ebenso viele setzen das Papier auf „Halten“, während 7,7% zum Verkauf raten. Dass die Aufbruchsstimmung, die der Showkampf-Promoter im laufenden Jahr erzeugen will, noch nicht bei den Investmenthäusern angekommen ist, liegt unter anderem am verschärften Wettbewerb. Dominierte die WWE den Wrestling-Markt seit der Jahrtausendwende nahezu uneingeschränkt, ist mit dem 2019 gegründeten Veranstalter All Elite Wrestling (AEW) ein ernst zu nehmender Herausforderer auf den Plan getreten. Hinter ihm stehen der pakistanisch-amerikanische Milliardär Shahid Khan und dessen Sohn Tony, die zuvor bereits mit Übernahmen des Football-Franchises Jacksonville Jaguars sowie des englischen Fußballclubs Fulham FC aufgefallen waren.

AEW hat viele Wrestling-Stars verpflichtet, die ihre WWE-Verträge zuvor auslaufen lassen hatten. „Ein Exodus von Top-Personal könnte zu einem nachlassenden Fan-Interesse an der WWE führen“, heißt es bei J.P. Morgan. In der Folge bestehe das Risiko rückläufiger Ticketverkäufe sowie niedrigerer Einschaltquoten. Im TV-Rating-Wettbewerb hat die WWE schon empfindliche Niederlagen einstecken müssen. Zwischen Oktober 2019 und April 2021 trat die AEW-Hauptshow „Dynamite“ am Mittwochabend direkt gegen das WWE-Programm „NXT“ an, in nur 10 von 75 Wochen schnitt die Sendung des Marktführers besser ab als jene des Konkurrenten. Im Oktober 2021 kam es dann zum ersten Duell zwischen der WWE-Hauptshow „Smackdown“ und der AEW-Sendung „Rampage“, damals stieg All Elite Wrestling in der Kernzielgruppe der 18- bis 49-Jährigen als Sieger aus dem Ring.

Streaming-Deals im Fokus

Unterdessen versucht die WWE, sich unabhängiger vom linearen Fernsehen zu machen. Bereits 2014 startete das Unternehmen einen Video-on-Demand-Dienst. Allerdings hat sich der TV-Sender NBC Universal im vergangenen Jahr die US-Rechte am WWE Network gesichert und dieses mit dem hauseigenen Streamingdienst Peacock zusammengelegt. Der Deal soll dem Wrestling-Veranstalter über fünf Jahre mehr als 1 Mrd. Dollar einbringen, dürfte sich laut J.P. Morgan aber auch negativ in der Bilanz bemerkbar machen, da sich die WWE die Abonnement-Einnahmen nicht mehr zuschreiben kann. Die Analysten von Needham gehen davon aus, dass die Showkampf-Liga künftig auch die internationalen Rechte an dem Videodienst an TV-Sender lizenzieren wird.

Zuletzt spekulierten Marktteilnehmer zudem, dass das Unternehmen selbst zum Verkauf stehen könnte. Bisher hält der exzentrische WWE-CEO Vince McMahon 38% der Aktien und 81% der stimmberechtigten Anteile. Der inzwischen 76-Jährige gilt einerseits als Visionär, der das von seinem Vater gegründete Unternehmen in den 1980er Jahren übernahm und zum globalen Konzern aufbaute. Andererseits betrachten Investoren die Abhängigkeit des Produkts von den Launen McMahons mit Argwohn. Zudem verursacht sein aggressives Geschäftsgebaren dem Unternehmen zuweilen Probleme. So hat die Wrestling-Liga MLW zuletzt Klage gegen die WWE eingereicht: Sie wirft dem Marktführer vor, Druck auf TV-Sender aufgebaut zu haben, um Vereinbarungen mit dem aufstrebenden Veranstalter zu blockieren.

Einen Ausstieg McMahons würden Fans und Investoren also wohl mit gemischten Gefühlen betrachten. Angeblich versuchen die Gefolgsleute des WWE-Chefs seit Monaten, die Profitabilität des Unternehmens anzukurbeln, um es für den Verkaufsfall so attraktiv wie möglich zu machen. Dabei wäre es extrem hilfreich, wenn die nächste „Wrestlemania“ zum erhofften Zuschauererfolg wird.