EU-Energieversorgung

Hausgemachte Krise

Die europäische Energiekrise, die sich zunehmend verschärft, ist hausgemacht. Verantwortlich sind vor allem die EU-Kommission und die Regierungen vieler Mitgliedsländer.

Hausgemachte Krise

Die europäische Gaskrise hat sich ein weiteres Mal verschlimmert. Sowohl die Notierung für Erdgas am europäischen Spotmarkt als auch die Strompreise haben Rekordniveaus markiert. Auf den ersten Blick sind Marktgegebenheiten, also die Entwicklung von Angebot und Nachfrage, für die Misere verantwortlich.

So kündigt sich deutlich kälteres Wetter in Europa an, was sowohl die Nachfrage nach Gas als auch nach Strom nach oben treibt. Gleichzeitig gibt es Probleme auf der Angebotsseite. Frankreich muss zwei bedeutende Kernkraftwerke vom Netz nehmen, wodurch insbesondere im Nachbarland der Strompreis durch die Decke geht. Zudem liefert der russische Exporteur Gazprom momentan über seine langfristigen vertraglichen Verpflichtungen hinaus kein zusätzliches Gas über die wichtige Yamal-Europe-Pipeline. Dies sorgt angesichts des rekordniedrigen Füllstands der europäischen Gasspeicher für erhebliche Nervosität am Spotmarkt, wird aber auch von manchem Importeur als gute Gelegenheit für schnelle zusätzliche Profite genutzt.

Wer sich die Situation allerdings genauer ansieht, gelangt unweigerlich zu der Überzeugung, dass Politikversagen die eigentliche Ursache für die somit hausgemachte Krise ist. So erweist sich die Politik der EU-Kommission, für die europäische Energieversorgung auf kurzfristige Kontrakte an den Märkten statt auf langfristige Lieferverträge zu setzen, als desaströs. Außerdem zeigt sich, dass die Kommission und so manche nationale Regierung das wichtige Thema der Energiewende erstaunlich unbedarft angegangen sind. Selbst jetzt, angesichts extrem hoher Energiepreise, fehlt es an der Bereitschaft der Bundesregierung, dringend erforderliche fossile oder nukleare Kraftwerkskapazitäten im Betrieb zu belassen.

Und wenn beispielsweise der litauische Staatspräsident Gitanas Nauseda aktuell fordert, die Nato müsse im Ukraine-Konflikt mit einer Konzentration ihrer Truppen an der russischen Grenze reagieren, so deutet dies auf einen rasch voranschreitenden Realitätsverlust hin, wenn man bedenkt, dass Europa für seine Energieversorgung dringend auf Russland angewiesen ist. Es drängt sich nämlich der Verdacht auf, dass sich Russland auch aus politischen Gründen mit der Lieferung zusätzlicher Gasmengen zurückhält und lieber die eigenen Speicher füllt als diejenigen seiner erklärten Gegner. Angesagt wäre daher Deeskalation auf beiden Seiten, wonach es momentan aber nicht aussieht. Auch deshalb wird der EU die Energiekrise noch lange erhalten bleiben.