Finanzmärkte

Hürde für Bundrendite

Mehr und mehr dreht an den Finanzmärkten die Diskussion weg von der Inflationsdebatte hin zu der Wachstumssorge. Das macht es den Bundesanleihen schwer, noch kräftigere Renditeanstiege zu realisieren.

Hürde für Bundrendite

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Nach wie vor hadert der Markt der Bundesanleihen im zehnjährigen Fälligkeitensegment mit der Marke von 1%. Die Rendite der Bench­mark-Laufzeit der Eurozone oszilliert um diese Marke praktisch jeden Tag, ein deutlicherer Sprung über diese Hürde ist bislang ausgeblieben. Am Freitag der abgelaufenen Woche lag das Tageshoch bei 1,001% nach einem Vortagesschluss von 0,94%. Im späten europäischen Geschäft war die Rendite dann bei 0,95%. Marktteilnehmer stellen sich darauf ein, dass es auch in den kommenden Tagen eher schwierig wird, die Marke von 1% deutlicher zu überwinden.

Denn die Diskussion am Markt erfährt derzeit offenkundig eine Wende. In den vergangenen Wochen und Monaten war die Inflation das alles bestimmende Thema. Dies führte auch zu der Einschätzung, dass die internationalen Notenbanken im Kampf gegen die Inflation die Leitzinsen anheben müssen. Die Konjunkturskeptiker hatten in dieser Zeit in der Diskussion an den Märkten lange Zeit das Nachsehen. Nun scheinen sie aber immer mehr Gehör zu finden. Die Konjunkturpessimisten sehen durchaus die Gefahr, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie, aber mehr noch aufgrund des Ukraine-Krieges die Konjunkturtätigkeit in Europa einen erheblichen Dämpfer erleiden wird. Dieser könnte durch die Zinsanhebungen seitens der Zentralbanken noch heftiger werden. Manch einer vermutet gar, dass die Zentralbanken aufgrund ihrer Zinsanhebungen die Konjunktur geradezu abwürgen, im besten Fall die Wirtschaft dann noch stagniert bei einer gleichzeitig hohen Teuerungsrate. Dieses Szenario ist unter dem Begriff der Stagflation bekannt.

Schnelle Veränderung

„Die globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen drei Monaten so schnell verändert wie selten zuvor. Noch Anfang des Jahres zeichnete sich für die Weltwirtschaft ein rosarotes Szenario ab: Das Wirtschaftswachstum sollte erneut überdurchschnittlich stark ausfallen, da von einer Normalisierung der coronabedingten Angebots- und Nachfrageverzerrungen ausgegangen wurde, gleichzeitig gab es gute Gründe, die für einen Rückgang der Inflationsraten sprachen. Geld- und Fiskalpolitik, so die Schlussfolgerung, würden expansiv bleiben“, heißt es etwa bei der Bank M.M. Warburg & Co.

Doch mit dem russischen Überfall auf die Ukraine und den seit Ende Februar anhaltenden Kriegshandlungen habe sich das Blatt komplett gewendet. Die Inflationsraten seien entgegen den ursprünglichen Erwartungen noch weiter angestiegen, weil sich Energie- und Nahrungsmittelpreise deutlich verteuert hätten und mittlerweile auch alle anderen Bestandteile des Warenkorbes kräftige Preiserhöhungen verzeichnen würden. Zudem drohe eine Lohn-Preis-Spirale, die die hohen Teuerungsraten verfestigen könnte.

„Diese Entwicklungen haben die Notenbanken auf den Plan gerufen, die mit einer restriktiveren Geldpolitik auf dieses Szenario reagieren müssen – in einigen Ländern und Regionen zur Unzeit, da bereits absehbar ist, dass sich die Wirtschaft abkühlt. An den Kapitalmärkten kam es deswegen zu empfindlichen Kursverlusten, von denen fast keine Anlageklasse verschont geblieben ist“, so die derzeitige Einschätzung der Kapitalmarktexperten der Bank M.M. Warburg & Co.

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