Im Rohstoffkrieg gegen China drohen die USA den Kürzeren zu ziehen
Wirtschaftskrieg um Seltene Erden spitzt sich zu
Die USA dürften in der Auseinandersetzung mit China den Kürzeren ziehen − Gefahren bestehen auch für Europa
Der Wirtschaftskrieg um die Versorgung mit Seltenen Erden zwischen den USA und China spitzt sich zu, China hat seine Gegenmaßnahmen auf die US-Zölle weiter hochgefahren. Derweil droht den USA, in dem Streit den Kürzeren zu ziehen. Ihnen dürfte es nicht gelingen, die Versorgung mit Seltenen Erden aufrechtzuerhalten.
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Mit der Verhängung von sehr weitreichenden Strafzöllen gegen China durch die USA unter ihrem neuen Präsidenten Donald Trump ist ein regelrechter Handelskrieg ausgebrochen, der inzwischen auf mehreren Ebenen ausgetragen wird. Eine sehr wichtige Dimension ist die Versorgung mit Rohstoffen. Stand bislang die Energieversorgung im Mittelpunkt mit amerikanischen und europäischen Sanktionen beispielsweise gegen russische und iranische Exporte von Rohöl und Erdgas, so rücken in Gestalt von chinesischen Gegensanktionen nun die Seltenen Erden in den Mittelpunkt. Die 17 Metalle, die zu den Seltenen Erden zusammengefasst werden, so wie einige andere Rohstoffe sind unerlässlich unter anderem für die Produktion praktisch sämtliche Arten von moderner Elektronik und Computertechnik. Sollte ein Land von diesen Rohstoffen wirksam abgeschnitten werden, müsste nach Verbrauch von Vorräten die gesamte Produktion moderner Elektronik eingestellt werden.
China hat nun im Gegenzug zu den US-Strafzöllen am 4. April Exportkontrollen für sieben Seltene Erden und für Magnete auf Basis der Seltenen Erden eingeführt. Wenngleich dies kein formelles Verbot sämtlicher Lieferungen in die USA darstellt, hat das neue System von Genehmigungen de facto dazu geführt, dass es keine Verschiffungen dieser Rohstoffe von chinesischen Häfen in die USA mehr gibt. China fördert nach Berechnungen des United States Geological Survey etwa 70% der Seltenen Erden weltweit. Was aber noch viel schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass im Reich der Mitte etwa 90% der weltweiten Verarbeitung Seltener Erden stattfindet. Das Center for Strategic and International Studies in Washington spricht im Zusammenhang mit seinem Critical Minerals Security Program sogar davon, dass derzeit 99% der Verarbeitung von Seltenen Erden in China stattfindet.

Damit sind die USA hart getroffen, insbesondere, was die Produktion von Rüstungselektronik betrifft. Die USA setzen bekanntlich zur Sicherung ihrer weltweiten militärischen Vorherrschaft auf hochwertige Rüstungsgüter mit einem hohen Grad an Technisierung. Nach Einschätzung von Analysten verfügen viele US-Unternehmen, die Seltene Erden nutzen, aber lediglich über Vorräte für 40 bis 60 Tage Produktion.

Folgen für China verkraftbar
Inzwischen zeichnet sich allerdings ab, dass die Folgen der amerikanischen Strafzölle von bis zu 145% für die chinesische Volkswirtschaft verkraftbar sind. So gehen Prognosen davon aus, dass das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte von ungefähr 5% auf 2% zurückgehen könnte, während beispielsweise die Analysten von Goldman Sachs für die USA mit einer Wahrscheinlichkeit von 45% mit einer Rezession rechnen. Daher hat Trump inzwischen von einer Reduzierung der Zölle gesprochen und mitgeteilt, es gebe auch bereits handelspolitische Verhandlungen zwischen der US-Regierung und Peking. Dies ist allerdings von chinesischer Seite dementiert worden, sodass es bislang keinerlei Hinweis auf eine Entschärfung des amerikanisch-chinesischen Kriegs um die Rohstoffversorgung gibt.
Warnung an Südkorea
Exportsanktionen werden traditionell dadurch umgangen, dass die Rohstoffe indirekt über andere Länder bezogen werden. Diese Umgehung der Sanktionen ist seitens des Produzentenlandes nicht immer unerwünscht, wird dadurch doch immerhin eine deutliche Verteuerung für den von den Sanktionen betroffenen Käufer erreicht, während der Produzent seine Rohstoffe dennoch absetzen kann. Inzwischen ist China jedoch als Reaktionen auf die Entscheidungen der Trump-Administration einen Eskalationsschritt weitergegangen. So gibt es nun aus Südkorea Meldungen, dass die chinesische Regierung koreanische Firmen davor gewarnt hat, Güter in die USA zu exportieren, in denen Seltene Erden aus China verwendet werden. Dies betreffe eine weite Spanne an Produkten von Transformatoren über Batterien, Displays, Elektroautos und Ausrüstungen für die Luftfahrt und die medizinische Industrie. Peking riskiert damit zwar auch eine Verschlechterung der Beziehungen zu wichtigen Handelspartnern, macht Washington aber deutlich, dass China in dem Handelskrieg letztlich am längeren Hebel sitzt.
Gefahr für die Europäische Union
Zu erwarten ist, dass dieser Druck letztlich nicht nur auf Korea, sondern auch auf andere Handelspartner Chinas ausgeübt wird. Sollte sich beispielsweise Europa dazu entschließen, Seltene Erden aus China an die USA weiterzureichen, würden mögliche Sanktionen Chinas gegen Europa die EU wegen der hohen Abhängigkeit vom Reich der Mitte hart treffen (vgl. Grafik). China hat die EU bereits von seinen Antimon-Lieferungen abgeschnitten als Reaktion auf die europäischen Strafzölle auf chinesische Elektroautos.

Suche nach Alternativen
Mögliche Maßnahmen der USA zur Abmilderung der Wirkung der chinesischen Sanktionen laufen damit lediglich darauf hinaus, sich um neue Bezugsquellen für die Seltenen Erden zu bemühen. Derartige Maßnahmen der USA zeigen allerdings nur sehr langsam Wirkung und in der Vergangenheit haben sie sich trotz wohlklingende Ankündigungen stets als Misserfolg erwiesen. Das amerikanische Critical Minerals Institute geht derweil davon aus, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis eine US-Produktion an Seltenen Erden aufgebaut ist. Die USA setzen daher unter anderem auf einen Ausbau der australischen Produktion, börsennotierte australische Unternehmen aus diesem Bereich haben bereits starke Anstiege ihrer Aktienkurse verzeichnet. Die US-Regierung plant zudem eine Delegation nach Kasachstan zu entsenden, um die dortigen Vorkommen für die USA nutzbar zu machen. Allerdings ist Kasachstan wirtschaftlich eng mit Russland verbunden. Das Land kann es sich nicht leisten, die russische Führung zu verärgern, was den Spielraum der kasachischen Führung stark einschränkt. Langfristig gilt Indien als eine weitere wichtige Quelle für Seltene Erden für die USA.
Reine Verzweiflungstat
Als eine reine Verzweiflungstat einzustufen ist die jüngste Anordnung Trumps, die Suche nach Seltenen Erden auf dem Meeresgrund auszubauen. Davor warnen nicht nur Umweltschützer, sondern auch die chinesische Regierung, die darin einen Bruch internationalen Rechts sieht. Eine solche Förderung wäre zu dem extrem teuer und das Problem der Verarbeitung wäre damit auch noch nicht gelöst.
Als eine extreme, aber in der Vergangenheit von amerikanischen Think-Tanks oft diskutierte Maßnahme im Rohstoffkrieg wäre eine amerikanische Seeblockade gegen China, um das Land insbesondere von Rohöllieferungen abzuschneiden und damit die gesamte chinesische Industrie lahm zu legen. Zuletzt hat das US-Repräsentantenhaus 2023 noch eine Studie zu den Erfolgsaussichten einer solchen Blockade in Auftrag gegeben. Während ein solcher Schritt in einer 2013 vorgelegten Studie des Think-Tanks Carnegie Endowment for International Peace noch als erfolgversprechend eingestuft wurde, warnen Militärstrategen heute davor, dass die chinesische Kriegsflotte stark ausgebaut worden sei, während die amerikanische deutlich kleiner wurde. Aus der neuen Trump-Administration gibt es bislang noch keine Hinweise auf derartige Überlegungen, zumal damit ein offener Krieg mit China verbunden wäre, den Trump, wie er oft betont, vermeiden will.