Schuldscheinmarkt

Immer weniger Schuldscheine

Aktivitäten am Schuldscheinmarkt sinken 2024 um 13% aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten. Unternehmen zeigen Zurückhaltung bei Investitionen und nachhaltiger Finanzierung.

Immer weniger Schuldscheine

Die Aktivitäten am Schuldscheinmarkt sind im vergangenen Jahr fast kontinuierlich zurückgegangen. Der Grund: Aufgrund der schwächeren Konjunktur investieren die Unternehmen weniger und brauchen daher auch weniger finanzielle Mittel. 2024 wurden Schuldscheintransaktionen über 20,1 Mrd. Euro auf den Weg gebracht – das sind 13% weniger als in der Vorjahresperiode und 37% weniger als 2022. Die Transaktionszahl ging von 108 auf 99 im vorigen Jahr zurück. Das geht aus einer Analyse zu Schuldscheindarlehen (SSD) von Capmarcon hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Sie entwickelt Nachhaltigkeitsziele und -strategien, erstellt Rahmenwerke und unterstützt bei ESG-Ratings.

Zurückhaltung der Unternehmen

„Wesentlicher Grund für die Entwicklung ist die Zurückhaltung der Unternehmen bei größeren Investitionen und Akquisitionen, entsprechend geringer ist der Mittelbedarf“, konstatieren die Experten. Weiterer Grund für den Rückgang sei der beim Schuldschein erhöhte Aufwand, wenn nachhaltig finanziert werden soll. „Banken als wichtigste Investoren haben die formale Pflicht, grüne Schuldscheindarlehen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsleistung zu bewerten, was signifikante Zusatzarbeiten für Banken und für kreditnehmende Unternehmen hinsichtlich der Informationslieferung bedeutet. Nachhaltige Schuldscheindarlehen werden dann für alle beteiligten Adressen weniger attraktiv“, heißt es weiter.

Positive Tendenz bei der Präsenz

Eine positive Tendenz wurde aber bei der Präsenz von Unternehmen am Markt festgestellt, die erstmals den Schuldschein zur Finanzierung einsetzten. Die Zahl der Debüt-Begebungen erhöhte sich 2024 von 20 auf 27, das korrespondierende Volumen um 34% auf 5,2 Mrd. Euro. Abgenommen habe die Neigung der Unternehmen, das Arrangement der SSD-Transaktion publik zu machen. 2024 erfolgte dies nur bei 41% des arrangierten Volumens nach 57% (2023) und 63% (2022). Erstmals seit dem Jahr 2013 überstiegen 2024 die Tilgungsbeträge von 23,2 Mrd. Euro die neu arrangierten Beträge von 20,1 Mrd. Euro. Das ausstehende Schuldscheinvolumen ging von 159,6 (2023) auf 156,5 Mrd. Euro Ende 2024 zurück.

Industrie führend

Industrieunternehmen als wichtigste Gruppe an schuldscheinbegebenden Adressen haben laut Capmarcon 2024 nochmals an Bedeutung gewonnen. Ihr Anteil am neu arrangierten Darlehensvolumen erhöhte sich von 61% (2023) auf 64% (2024). Der Dienstleistungssektor als zweitgrößte Gruppe habe seinen Anteil ebenso erhöht. Unternehmen aus dem Energiebereich, die verstärkt nachhaltig finanzieren, seien zum Teil auf bilaterale Kredite oder Anleihen ausgewichen und hätten seltener den Schuldschein genutzt. Erheblich weniger arrangiertes Volumen sei 2024 aus dem Sektor Logistik gekommen (190 Mill. Euro, minus 88%).

Französische Adressen aktiv

Das nach begebenen SSD-Volumina größte Land sei traditionsgemäß erneut Deutschland mit einem Anteil von 66% nach 68% im Jahr 2023 gewesen. Aktiv seien auch französische Adressen gewesen, die SSD im Umfang von 2,2 Mrd. Euro begeben hätten (Anteil von 11,1%). Nächstgrößere Länder seien 2024 Österreich mit einem Anteil von 6,4% sowie die Schweiz und Italien mit ebenfalls jeweils 6,4 % gewesen. Ein geringeres Interesse an SSD hätten jüngst Unternehmen aus den Niederlanden, Belgien und Schweden gezeigt.

Auch grüne Transaktionen

Im vorigen Jahr seien 13 Transaktionen grün, sozial und nachhaltig und zehn Deals nachhaltigkeitsorientiert ausgestaltet worden. Das damit aufgenommene Schuldscheinvolumen in Höhe von 5,14 Mrd. Euro habe einen Anteil an den Neuabschlüssen von 26% nach 30% (2023) und 45% (2022) gehabt.

Bonität etwas verschlechtert

Ein Blick auf die am Markt vertretenen Kreditwürdigkeiten zeigt, dass sich die durchschnittliche Bonität der schuldscheinbegebenden Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren etwas verschlechtert hat. „Lag das Rating noch im Jahr 2022 in der zweituntersten Investment Grade-Klasse von BBB, so ging die Bonität im Jahr 2024 dann bis auf BBB minus zurück“, halten die Experten fest. Dabei hätten sich die Bonitäten der Mehrfachnutzer von Schuldscheindarlehen mit denen der Debüt-Nutzer vollständig angeglichen. Die Spanne der Rating-Klassen habe dabei von AA+ bis B minus gereicht, so Capmarcon.

„Der Schuldscheinmarkt ist aufgrund seiner Investorenbreite aufnahmefähig für ein breites Spektrum individueller Risiken“, erläutern die Experten. Unter den Lead-Banken war die LBBW am SSD-Markt auf Platz 1, es folgten Helaba und Unicredit auf den beiden weiteren Plätzen, berichtet die London Stock Exchange Group.

Immer weniger Schuldscheine

Konjunkturschwäche führt zu geringeren Investitionen der Unternehmen

kjo Frankfurt
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