Indizes

Indexreform steht vor ihrem krönenden Abschluss

Mit der Indexreform hat die Deutsche Börse Konsequenzen aus dem Wirecard-Skandal gezogen. Qualitätskriterien sollen das Risiko verringern, dass sich Ähnliches wiederholt.

Indexreform steht vor ihrem krönenden Abschluss

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Im September findet die Reform der Regeln für die Dax-Indexfamilie mit der Vergrößerung des Dax auf 40 Aktien ihren krönenden Abschluss. Auslöser dieser wahrscheinlich bedeutendsten Veränderung in der Geschichte des deutschen Blue-Chip-Index ist ein Ereignis, das die deutsche Finanzbranche wie kaum ein anderes erschüttert hat. Es waren der Bilanzfälschungsskandal und die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard, die den Anstoß zu einer Indexreform gaben, die weit über die aus dem Skandal zu ziehenden Konsequenzen hinausgeht.

In einem ersten Schritt wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass Wirecard nach den alten Regeln nach der Pleite nicht unmittelbar aus dem Dax entfernt werden konnte, sondern erst am folgenden Indexüberprüfungstermin. International war bzw. ist die sofortige Entfernung eines Unternehmens nach einer Pleite üblich, und auch die Regeln für die ebenfalls zur Deutschen Börse gehörenden Stoxx-Indizes sahen das vor. Stoxx entfernte die Aktie auch umgehend. Um einen wochenlangen Verbleib von Wirecard im Dax zu verhindern, wurde nach einer schnellen Marktkonsultation das Regelwerk angepasst und die Aktie dann umgehend aus dem Dax genommen.

Als Konsequenzen aus dem Wirecard-Skandal wurden Qualitätskriterien eingeführt, die das Risiko verringern sollen, dass sich Ähnliches wiederholt. So trat unmittelbar nach dem Beschluss der Reform das Profitabilitätskriterium in Kraft. Danach müssen Unternehmen als Voraussetzung für die Aufnahme in den Dax für mindestens zwei Geschäftsjahre in Folge ein positives Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) vorweisen. Das Kriterium gilt nur für die Aufnahme in den Index, Unternehmen, die bereits Mitglieder des Dax sind, werden nicht entfernt, wenn sie in die Verlustzone rutschen. Ein Wackelkandidat, was die Chancen für die Aufnahme in den Dax 40 betrifft, war nach dem Profitabilitätskriterium zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regel Hello­fresh. Das Unternehmen hatte für 2018 noch einen Verlust ausgewiesen bzw. mit 2019 erst ein Jahr mit schwarzen Zahlen auf dem Konto. Allerdings wies es im März auch für 2020 ein positives Ebitda aus, so dass nun alle derzeitigen Dax-40-Kandidaten das Profitabilitätskriterium erfüllen.

Grenke aus SDax entfernt

Seit dem März gilt ferner die rechtzeitige Vorlage des testierten Jahresberichts für alle Indexunternehmen sowie die rechtzeitige Vorlage der Quartalszahlen für Dax-Firmen. Säumige Unternehmen werden nach Fristüberschreitung entfernt. Diese Regel hätte zu einer wesentlich früheren Entnahme von Wirecard aus dem Dax geführt. Darüber hinaus wäre auch der gleichfalls von einem Bilanzfälschungsskandal erschütterte, aber nicht pleitegegangene Möbelhändler Steinhoff, der vorübergehend sogar an der Schwelle zum Aufstieg in den Dax stand, aus dem MDax verschwunden, anstatt noch jahrelang im Mid-Cap-Index und dann im SDax zu verbleiben. Diese neue Regel ist in diesem Jahr bereits ein erstes Mal angewendet worden. Grenke schied im Mai aus dem SDax aus, nachdem die Gesellschaft die Frist für den Jahresbericht gerissen hatte, zog aber nach dessen Vorlage im Juni wieder in den Kleinwerteindex ein.

Merck rüstet nach

Eine weitere Auflage für die Indexzugehörigkeit ist das Vorhandensein eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat, wobei für Unternehmen, die noch keinen haben, eine Frist bis zum August 2022 gilt, innerhalb der sie für Abhilfe sorgen können. Als die Reform beschlossen wurde, gab es mit der Merck KGaA ein Dax-Unternehmen ohne Prüfungsausschuss. Das Darmstädter Unternehmen hat allerdings nicht lange gefackelt. Im Februar und damit noch vor Inkrafttreten der Regel und nahezu anderthalb Jahre vor Ablauf der Gnadenfrist führte sein Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss ein.

Positives Ebitda in den beiden letzten Geschäftsjahren (Dax-Aufnahme)

Rechtzeitige Vorlage von Quartalsberichten (Dax) und testierten Jahresabschlüssen (alle Indizes)

Vorhandensein eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat