Anleihen und Aktien im Aufwärtstrend

Italien ist nicht nur für Urlauber attraktiv

Italien ist nicht nur für Urlauber, sondern auch für Anleger interessant. Das gilt sowohl für Aktien als auch für Anleihen.

Italien ist nicht nur für Urlauber attraktiv

Italien erfreut sich nicht nur als Urlaubsland großer Beliebtheit. Auch für Anleger ist das Bel Paese attraktiv. Nach einem Plus von 28% im Jahr 2023 hat der Börsenindex FTSE-MIB, der die 40 größten Börsenwerte des Landes, abbildet, in diesem Jahr mit einem Anstieg von 11,9% erneut zu den Gewinnern unter den Aktienmärkten gezählt. Dabei sind, anders als beim Dax, die Dividendenzahlungen gar nicht berücksichtigt.

Investments in Italien

Italien ist nicht nur für Urlauber attraktiv

Der Aktienmarkt entwickelt sich weiter positiv, und die Anleihen bieten vergleichsweise gute Renditen – Riesiger Refinanzierungsbedarf

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Besonders gefragt waren 2024 Banken- bzw. Versicherungswerte wie Unipol (plus 130,5%), Monte die Paschi di Siena (plus 116,8%), BPER (plus 104,5%), BPM (plus 62,8%), die HVB-Mutter Unicredit (plus 55,9%), Intesa Sanpaolo (plus 46,5%) und Generali (plus 41,5%). Sie haben neben sehr guten Ergebnissen auch von den diversen Übernahmeszenarien profitiert. Sehr gut performt haben auch Papiere der Rüstungskonzerns Leonardo (plus 73,2%), des Kabelproduzenten Prysmian (plus 48,4%), der von Investitionen in die digitale und Energie-Infrastruktur profitiert, sowie von Ferrari (plus 34,8%). Der Autobauer stellt mit einem Börsenwert von 78,8 Mrd. Euro fast die ganze übrige Autoindustrie in den Schatten.

Staat verkauft Anteile

Der italienische Staat hat die positive Entwicklung am Markt für sich genutzt und Anteile an Unternehmen wie dem Mineralölkonzern Eni verkauft. Rom reduzierte außerdem seine Beteiligung an der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) beträchtlich. Für 2025 sind die meisten Beobachter optimistisch. Neben den ertragsstarken Banken, für die Goldman Sachs eine weitere Konsolidierung erwartet, sehen Analysten auch Potenziale für Verlierer des Vorjahres wie die Hörgerätekette Amplifon, STMicroelectronics oder Campari, das unter der Konjunkturkrise und Führungswechseln litt. Auch der Mineralölkonzern Eni und der Versorger Enel, die 2024 schwach performten, könnten dank ihrer hohen Dividendenrenditen zu den Gewinnern zählen.

Sehr positiv entwickelte sich 2024 der italienische Anleihemarkt, den Beobachter für nach wie vor sehr attraktiv halten. Die Konditionen für die Refinanzierung italienischer Schulden verbessern sich mit den tendenziell sinkenden Zinsen noch. Dennoch gab es nach den jüngsten Zinssenkungen Verkäufe und die Rendite etwa für zehnjährige Bonds zog auf bis 3,61% an. Der Renditeabstand (Spread) zu deutschen Zehnjahresanleihen, der seit Januar 2024 von 166 auf bis zu 106 Basispunkte Anfang Dezember gesunken war, stieg Anfang Januar bis auf 124 Punkte und pendelt derzeit um die 112 Punkte.

Ende Dezember hatte eine Anleihe mit einer Laufzeit von 364 Tagen mit 2,41% rentiert. Die Nachfrage hatte mit 12,6 Mrd. Euro das Angebot von 8,5 Mrd. Euro deutlich übertroffen.

Ausblick nach oben korrigiert

Mehrere Rating-Agenturen haben in den vorigen Monaten den Ausblick für Italien nach oben korrigiert – trotz der in den kommenden beiden Jahren steigenden Verschuldung, die nach den sehr optimistischen Schätzungen der Regierung von 135,8% im Jahr 2024 bis 2026 auf 137,8% klettert. Viele Ökonomen gehen sogar von einem Anstieg auf über 140% aus. Morningstar DBRS hat den Ausblick von stabil auf positiv angehoben, bei einer unveränderten BBB-Einstufung.

Mehr als Frankreich

Allein im ersten Halbjahr 2025 besteht ein Refinanzierungsbedarf von 140 Mrd. Euro. Für das Gesamtjahr muss der italienische Staat rund 350 Mrd. Euro refinanzieren – fast so viel wie 2024 mit 361 Mrd. Euro. Je nach Defizitentwicklung könnten es noch mehr werden. Das ist deutlich mehr als der Refinanzierungsbedarf Frankreichs, der zuletzt auf 330 Mrd. Euro taxiert wurde, und als Deutschland. Italien stünde damit für 27% aller Neuemissionen im EU-Raum. Frankreich käme auf 26%, Deutschland auf 21%.

Für Unsicherheit sorgen die eingetrübten Wachstumsprognosen: OECD und Banca d`Italia haben ihre Vorhersagen für 2024 und 2025 gerade nach unten korrigiert: Beide erwarten für 2024 nur noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,5% und rechnen für 2025 mit einem Plus von 0,8%. Die Gesamtverschuldung hat 3 Bill. Euro erreicht. Die Unsicherheiten seien groß, so die Banca d`Italia und kämen vor allem aus dem Ausland. Dazu gehörten mögliche amerikanische Strafzölle und geopolitische Unwägbarkeiten. Auch die schwache Konjunktur beim wichtigsten Handelspartner Deutschland dämpft das nur noch schwache Wachstum.

Italien muss nun bei niedrigeren Zinsen und einem gesunkenen Spread neue Investoren für Staatsanleihen suchen. Das ist umso dringlicher, als die EZB ihre Exposure in Staatsbonds weiter reduziert und auslaufende italienische Bonds nicht erneuert. Rom versucht ausländische Investoren und Privatanleger zu gewinnen. Deren Nachfrage ist 2024 stark gewachsen: Die Hoffnung ist, diese möge trotz sinkender Renditen auch 2025 anhalten.

Neue Investoren

Nach den jüngsten Zahlen der Banca d`Italia hielten Privatanleger im November 14,4% der Schulden. Finanzminister Giancarlo Giorgetti schlägt mit dem Erfolg bei den Kleinanlegern gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Er findet Abnehmer für die hohen Milliardenbeträge aus dem Besitz der Europäischen Zentralbank, die refinanziert werden müssen, und es ist für den Staat vorteilhafter, einheimische Privatanleger zu haben, die die Titel in den meisten Fällen bis zu ihrem Ablauf halten. Rom entzieht sich so dem Druck internationaler Investoren, wenn sich die Lage wieder ändern sollte.

Ausländische Anleger haben ihren Anteil zuletzt deutlich auf 30% erhöht. Bei den jüngsten Emissionen mit Laufzeiten von sieben bzw. zehn Jahren im Umfang von knapp 200 Mrd. Euro gingen rund 80% der Titel an ausländische Investoren.

Stabile Regierung

Rückläufige Zinsen erwartet

Allgemein wird für 2025 ein weiterer Rückgang der Zinsen erwartet. Rom könnte sich damit günstiger neuverschulden, doch sollte dabei nach Ansicht von Investoren vorsichtig sein. Schließlich musste Italien 2024 fast 85 Mrd. Euro für den Schuldendienst aufwenden. „Nach unserer Ansicht bleibt es angesichts des bedeutenden Refinanzierungsbedarfs wichtig, das Fiskaldefizit zu reduzieren und die Mittel aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm auszugeben, um das Vertrauen der Investoren zu behalten und eine Erhöhung des Spread in der Zukunft zu verhindern.“, sagt Javier Rouillet, Senior Vice President von Morningstar DBRS.

Akzeptabler Fehlbetrag

Für Marco Valle, Head of Fixed Income bei Generali Asset Management, ist es positiv, dass der Haushalt für 2025 expansiv bleibt, der Haushaltsfehlbetrag aber für die EU akzeptabel ist. Investoren heben außerdem positiv hervor, dass Italien erstmals seit vielen Jahrzehnten eine stabile Regierung hat – anders etwa als Frankreich oder Deutschland.

Der Refinanzierungsbedarf bleibt in den nächsten Jahren hoch. Nach einem Bericht des Centro Studi di Unimpresa auf Basis von Daten der Banca d`Italia muss Rom bis 2027 etwa 839 Mrd. Euro refinanzieren.

Für Anleger ist Italien ein höchst attraktiver Markt. Das gilt sowohl für Aktien als auch für Anleihen. Die Börsenkurse entwickeln sich seit längerer Zeit positiv. Und Staatsanleihen werfen vergleichsweise attraktive Renditen ab: Der Refinanzierungsbedarf Roms ist auch in diesem Jahr sehr hoch.

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