Investmentausblick

Julius Bär erwartet positive Anlageerträge

Die Bank Julius Bär ist zuversichtlich, dass Aktien und Anleihen 2023 wieder positive Erträge abwerfen werden. Das Institut sieht auch gute Chancen, dass eine Rezession vermieden werden kann.

Julius Bär erwartet positive Anlageerträge

ck Frankfurt

Das überragende Ereignis des Jahres 2022 ist David Kohl, Chefvolkswirt der Bank Julius Bär, zufolge der geldpolitische Schwenk der Notenbanken. Vor einem Jahr habe die Inflation in den USA bei 7% gelegen, die Geldpolitik habe gesagt: „Wir machen gar nichts“, so Kohl am Donnerstag in einem Pressegespräch. Zwölf Monate später liege die Inflation in den USA bei 7%, und die Geldpolitik sage: „Wir erhöhen die Zinsen, bis es wehtut.“ Ein größerer Gegensatz sei nicht möglich, und das habe Auswirkungen auf Wachstum und Inflation im nächsten Jahr. Was in der Geldpolitik geschehen ist, werde das Jahr 2023 prägen. „Wie können die Volkswirtschaften das verdauen, wie können sie damit umgehen, dass wir von einem exorbitant niedrigen Zinsniveau zu einem normalen Zinsniveau gekommen sind?“

Kaum systemische Risiken

Durch den Gegenwind seitens der Geldpolitik sei das Risiko einer Rezession sehr hoch. „Wir glauben aber, dass wir eine ganz gute Chance haben, dass es nicht zu einer Rezession kommt“, so Kohl. Die Geldpolitik wirke im Euroraum bereits in Form eines deutlichen Rückgangs der Kreditnachfrage, die Straffung der Fed werde das Kreditwachstum in den USA bremsen. Kohl glaubt jedoch nicht an eine Rezession im Sinne eines sich selbst verstärkenden Zyklus. Im Unterschied zu früheren Zyklen bestünden in den USA und in Europa keine Exzesse bei Wohnungsbau- und Unternehmensinvestitionen, was auf solide Bilanzen schließen lasse. Endogen seien sowohl in den USA als auch in der Eurozone sehr wenige systemische Risiken zu sehen. Der Arbeitsmarkt in Europa sei robust. „Wir haben eine besondere Art von Krise: keine Entlassungen und keine Probleme in den Staatsfinanzen.“ Die Inflation wird nach Einschätzung von Kohl aufgrund einer geringeren Nachfrage und nachlassender Angebotsprobleme zurückgehen. „Es müsste noch mehr Schocks geben, um eine gleich hohe Inflation zu haben.“

Die Risiken für die Energiesicherheit in Europa sind Kohl zufolge gering. Es sei eine schockartige Krise und keine strukturelle Krise. „Wir kommen immer mehr zu der Einsicht, dass der europäische Energiemarkt ein resilienter Energiemarkt ist.“ Er habe verkraftet, dass das russische Gas weg sei und zwei Drittel der französischen Atomkraftwerke ausgefallen seien. Es sei ein Schock, aber ein Schock sei irgendwann vorbei.

Cash schlechteste Assetklasse

„Cash wird 2023 die schlechteste Assetklasse sein“, sagte Lutz Welge, Leiter Portfoliomanagement des Institutes. In den beiden großen Assetklassen werde es wieder positive Erträge geben, aber mit großen Schwankungen, weil die Märkte aus einer großen Verunsicherung hereinkämen. Welge betonte die Ungewöhnlichkeit des auslaufenden Jahres. In Deutschland habe das 60/40-Portfolio das schlechteste Jahr seit der Währungsreform erlebt. Der Anleihemarkt habe eine wesentlich schlechtere Entwicklung gezeigt als im Jahr 1994, das den Marktteilnehmern als besonders fürchterlich in Erinnerung sei. Auch habe er das zweite Negativjahr in Folge erlebt, was äußerst selten vorkomme. Zuversichtlich ist Welge auch für Unternehmensanleihen. Die Risikoaufschläge würden wieder zurückkommen, wenn es wie erwartet nicht zu einer schweren Rezession komme. Ähnliches gelte für die Unternehmensgewinne. „Wir sehen nicht, dass die Gewinne um 20% bis 25% sinken werden, wie das in vergangenen Rezessionen gesehen wurde.“

„Die Tiefs gesehen“

„Wir haben einen inflationären Bärenmarkt, aus dem ist einfacher herauszukommen als aus einem deflationären Bärenmarkt“, sagte Welge. Der Markt habe sich an die Krise, auch an den Krieg in der Ukra­ine gewöhnt. Daher werde von dieser Seite kein Rückschlag kommen. „Wir glauben, dass wir die Tiefs gesehen haben und die Aktienmärkte ihrem Antizipationsmechanismus gerecht werden.“ Wieder interessant sind Welge zufolge unter anderem die Wachstumswerte. Sie hätten einen extremen Bewertungsrückgang er­lebt, ohne dass die Gewinne nennenswert zurückgegangen seien. Nun würden sie zu attraktiven Bewertungen gehandelt.

Wirtschafts- und Zinsprognosen *)
BIP-Wachstum Inflation
202220232024202220232024
USA 1,9 0,5 2,0 8,03,5 2,3
Euroraum 3,3 0,9 1,8 8,55,7 1,6
Deutschland 1,8 0,4 1,7 8,15,1 1,3
LeitzinsZehnjahresrendite
USA 4,53,753,753,953,9 4,2
Euroraum (Refi-Satz) 2,5 2,5 2,5 2,32,6 3,1
Japan−0,1−0,1−0,1 0,250,20,25
*) Angaben in Prozent; Quelle: Julius Bär Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.