Kishida-Schock drückt Japans Aktienmarkt
mf Tokio
Seit der Wahl von Fumio Kishida zum Chef der Regierungspartei LDP am 29. September und anschließend zum Premierminister haben Nikkei 225 und Topix an sechs negativen Handelstagen in Folge um insgesamt rund 7% nachgegeben. Dabei büßten die Indizes bis zu 80% ihrer Gewinne seit dem Augusttief ein. Auf Twitter und in Online-Foren von Privatanlegern kursierte der Hashtag #kishida shokku – Kishida-Schock. Zwar wirkten sich auch externe Faktoren wie die Evergrande-Krise und die US-Zinsängste aus. Aber Japans Aktienmarkt rutschte deutlich stärker als der MSCI World ab, obwohl die Notenbank erstmals seit dem 10. Juli den Markt mit ETF-Käufen stützte.
Vor allem ausländische Anleger wurden von Kishidas Sieg und seiner Wirtschaftspolitik offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Teilweise hatten sie einen Sieg des populären Impfministers Taro Kono erwartet, der sich als Reformer präsentierte. Teilweise taten sie die Forderung von Kishida nach einem „neuen japanischen Kapitalismus“ als Wahlkampfrhetorik ab und fühlten sich durch die versprochene Fortsetzung der Abenomics-Wirtschaftspolitik bestätigt. Nach seiner Wahl kündigte Kishida denn auch an, bis zum Jahresende ein großes Konjunkturpaket zu schnüren.
Doch am Montag erklärte der frisch gebackene Regierungschef, eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer zähle zu den Optionen, um den von ihm propagierten „tugendhaften Kreislauf aus Wachstum und Verteilung“ zu erreichen. Derzeit beträgt die Steuerrate für Dividenden und Kursgewinne 20%, während Löhne und Einkommen mit bis zu 55% besteuert werden. Zwar würde diese Steueranhebung der Strategie von Ex-Premier Shinzo Abe widersprechen, dass mehr Bürger ihre hohen Bargeldbestände in Aktien umschichten sollen. Dafür wurden 2016 spezielle Investmentkonten mit hohen Freibeträgen eingeführt. Aber Kishida hatte vor seiner Wahl eine Abkehr vom Neoliberalismus gefordert, da sich die Wohlstandsschere geöffnet habe. In diesen Kontext passt die höhere Kapitalsteuer, da Aktien in Japan mit Reichtum assoziiert werden.
Allerdings bezweifeln einige Analysten, ob Kishida wirklich auf die Kapitalsteuer setzen wird, um angesichts des geringen Potenzialwachstums von derzeit 0,5% den Wohlfahrtsstaat zugunsten von irregulär Beschäftigten und Familien auszubauen. Durch eine Anhebung der Kapitalertragsteuer um ein Viertel auf 25% würde der japanische Staat nur 250 Mrd. Yen (2 Mrd. Euro) mehr einnehmen, während Investoren abgeschreckt würden. Deswegen hatten die Steuerexperten der Regierung die Erhöhung vor drei Jahren verworfen.