Krieg schürt Inflationsbefürchtungen
kjo Frankfurt
Auf den Ukraine-Angriff seitens Russlands haben die Anleger mit einer Flucht in die sicheren Häfen reagiert. Dazu zählen insbesondere sichere Staatsanleihen wie die US-Treasuries oder die Bundeswertpapiere. Deren Renditen gingen dadurch in den Sinkflug über. Bei der zehnjährigen Bundrendite war im Tiefpunkt am Donnerstag praktisch eine Halbierung des laufenden Satzes zu beobachten. Allerdings waren die Renditerückgänge in Anbetracht der Dimension dieses Ereignisses – Krieg in Europa – nicht als exorbitant zu betrachten.
„Gelassene Flucht“
Von einer „gelassenen Flucht in Sicherheit“ sprachen zum Beispiel die Zinsstrategen der Commerzbank mit Blick auf die Renditebewegungen am Tag des Kriegsausbruchs. Am Markt wird nun darüber diskutiert, wie es mit Anleihen und auch Credits in den kommenden Tagen und womöglich Wochen weitergeht. Dabei wird auch immer wieder darauf verwiesen, dass der künftige Renditepfad im Wesentlichen von der Dauer des Krieges, seinen wirtschaftlichen Auswirkungen und den erfolgenden Reaktionen der Notenbanken abhängig ist.
„Die Anleger sind nun noch besorgter über die Aussicht auf eine höhere Inflation aufgrund der steigenden Öl- und Gaspreise und die Möglichkeit anderer Engpässe aufgrund künftiger Sanktionen. Infolgedessen sind die Inflationserwartungen weiter gestiegen, was die Renditen von inflationsgebundenen Anleihen im Vergleich zu nominalen Anleihen stärker nach unten drückte. Diese Krise könnte die Pläne für eine Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken aufschieben, aber da die Inflationszahlen noch eine ganze Weile hoch bleiben werden, erwarten wir, dass der Trend zu einer strafferen Geldpolitik anhalten wird“, hält etwa Colin Dryburgh, Investmentmanager Multi-Asset & Solutions bei Aegon AM, fest.
Man habe in den Fonds des Hauses eine neutrale Durationsposition mit einer Übergewichtung von inflationsgebundenen Anleihen vorgenommen. In der Peripherie sei man in Spanien und Portugal leicht übergewichtet, während man in Italien eine leichte Untergewichtung habe. Man halte zudem eine Untergewichtung in französischen Staatsanleihen und eine Übergewichtung insbesondere von Anleihen, die von der EU ausgegeben werden.
Defensive Position
An den Kreditmärkten setzt sich laut Aegon der Trend zur Ausweitung der Credit Spreads nach den Nachrichten über die russischen Militäraktionen fort. Aus sektoraler Sicht seien die europäischen Banken mit Engagements in Russland und der Ukraine am stärksten von der Ausweitung der Credit Spreads betroffen, während im Energiesektor Unternehmen mit erheblichen Engagements in Nord Stream 2 betroffen seien.
In den vergangenen Monaten habe man die Kreditportfolios bereits defensiver positioniert, vor allem in Erwartung einer strafferen Geldpolitik und geringerer Unterstützung durch die Zentralbanken. „Wir gehen davon aus, dass die derzeitige Krise zu einer Ausweitung der Spreads führen wird, und behalten unsere defensive Ausrichtung bei, bis wir eine deutliche Verbesserung der Marktstimmung sehen“, sagt Dryburgh.