Kryptomarkt im Höhenrausch
Kryptomarkt im Höhenrausch
Starinvestoren geben nach Bitcoin-Rekordhoch offensive Kursprognosen ab – Analysten warnen vor Enttäuschungen rund um Krypto-ETFs und „Halving“
xaw New York
Ein Höhenrausch hält die Teilnehmer am Kryptomarkt in Atem. Nachdem die Hoffnung auf eine institutionelle Adoption Bitcoin auf ein Allzeithoch von über 69.200 Dollar getrieben hat, machen trotz anschließender Rücksetzer Vorhersagen über neue Kurssprünge die Runde. Aus vom Fintech Finder gesammelten Studien ergibt sich eine Konsensprognose, gemäß der die Digitalwährung im laufenden Jahr bis auf 88.000 Dollar klettern dürfte. Die bullishsten Beobachter gehen für 2024 sogar von 200.000 Dollar aus, während Starinvestorin Cathie Wood bis 2030 einen Anstieg auf 1,5 Mill. Dollar für möglich hält.
Die Hochstimmung gründet sich auf mehrere Faktoren – wobei die US-Zulassung Spot-basierter ETFs auf Bitcoin als entscheidender Auslöser gilt. Anbieter argumentieren, dass die Freigabe der Vehikel die Kryptoanlage für große Marktteilnehmer mit ihren Risikomanagement-Vorgaben vereinbar macht. Zudem gelten Bitcoin-Direktvehikel als effizienter als die seit 2021 zugelassenen Futures-ETFs.
Viel Bewegung im Markt
Die starken Mittelzuflüsse in Kryptoprodukte – laut dem Vermögensverwalter Coinshares summieren sie sich seit Jahresbeginn per saldo auf rund 7,6 Mrd. Dollar – sind zum Treiber der Preisanstiege geworden. Dabei herrscht viel Bewegung im Markt: Die kumulierten Handelsvolumina der neuen ETFs seit dem Start am 11. Januar lagen zuletzt bei
80 Mrd. Dollar.
Dass sich vorrangig institutionelle Investoren beteiligen, ist aber nicht gesichert. Laut der New York Stock Exchange, an deren Plattform Arca viele der ETFs gelistet sind, dürften sich große Marktteilnehmer erst dann stärker im Markt engagieren, wenn es in den USA eine umfassende Regulierung für Digital Assets gebe. „Wir haben lediglich anekdotische Evidenz dafür, dass aktuell insbesondere als Investmentberater registrierte Institutionen zukaufen – im Auftrag ihrer Privatanleger“, sagt James Butterfill, Research-Chef bei Coinshares.
Fragwürdiger Halving-Hype
Zugleich sorgt das anstehende Bitcoin-Halving, in dessen Zuge die Menge neu generierter Einheiten der Kryptowährung effektiv halbiert wird, für Euphorie. Dieses dürfte nach Butterfills Analysen der Aktivität auf der Blockchain zwischen dem 19. und 22. April anstehen. „Unter Marktteilnehmern hält sich das Narrativ, dass die Angebotsverknappung zu Preisanstiegen führen wird – in Wahrheit gibt es dafür nicht genügend statistische Belege“, betont der Coinshares-Chefanalyst.
Schließlich habe es bisher erst drei Halvings gegeben. Die Preisanstiege nach dem jüngsten dieser Ereignisse im Mai 2020 ließen sich genauso gut durch die Konjunkturstimuli in Reaktion auf die Coronakrise erklären, in deren Folge die Märkte eine hohe Liquiditätszufuhr erhalten hätten. „Der grobe Zeitpunkt eines jeden Halvings ist bekannt – damit sollten diese Ereignisse in einem rationalen Markt eigentlich schon eingepreist sein“, führt Butterfill aus. Die Stimmung koche aber jedes Mal wohl vor allem deshalb hoch, weil Krypto-Enthusiasten an die Wirkung glaubten. Medienberichte über positive Kurseffekte würden damit zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Nächster Hype schon programmiert
Butterfill hält es eher für möglich, dass andere Faktoren Bitcoin in den kommenden Monaten antreiben und Marktteilnehmer dies in der Retrospektive auf das Halving zurückführen werden – womit der Hype vor der nächsten Verknappung praktisch bereits programmiert sei. Eine wichtige Unterstützung werde die Aufnahme der Spot-Bitcoin-ETFs auf institutionelle Anlageplattformen liefern, die ebenfalls ab Mitte April anstehe. „Jeder Betreiber hat eigene Regeln, viele verlangen von Anbietern börsengehandelter Fonds einen Track Record von mindestens drei Monaten“, sagt Butterfill. Bei Vanguard beispielsweise waren die neuen ETFs nach dem Start aufgrund längerer Compliance-Prüfungen nicht direkt verfügbar.
Auch die erwarteten Zinssenkungen der Federal Reserve ab Juni dürften den Kryptomarkt laut Analysten stützen. „Zinsfutures und der Bitcoin-Kurs sind langfristig hochgradig invers korreliert“, unterstreicht Butterfill. Heißt: Steigen die Anleiherenditen insbesondere am kurzen Ende der Kurve, fällt dies häufig mit einer Schwäche am Kryptomarkt zusammen, bei fallenden Renditen dagegen kommt es gleichzeitig oft zu Wertgewinnen der führenden Cyberdevise.
Konkurrenz zu Treasuries
Um diese Korrelation zu erklären, verweisen Krypto-Enthusiasten darauf, dass Bitcoin aufgrund der Limitierung auf 21 Millionen Einheiten als Wertspeicher wirken könne. „Damit konkurriert die Digitalwährung mit Treasuries, die bei niedrigen Kurs- bzw. höheren Renditeniveaus für viele Marktteilnehmer attraktiver werden“, sagt Butterfill. Andere Beobachter führen dagegen den Status von Bitcoin als spekulatives Asset an. Bei einer weniger restriktiven Geldpolitik sei mehr Liquidität im Markt vorhanden, die dann auch in riskante Anlagen fließe.
Die Mittel könnten nach Hoffnung von Investoren schon bald auch in neue Vehikel strömen. So liegen der US-Börsenaufsicht SEC mindestens zehn Anträge von Vermögensverwaltern wie Blackrock und Fidelity auf eine Freigabe von Spot-ETFs auf die zweitgrößte Digitalwährung Ether vor. Diese hat im laufenden Jahr bisher sogar eine Outperformance gegenüber Marktprimus Bitcoin erzielt.
Investorenschützer wie die Non-Profit-Organisation Better Markets kritisieren, dass Ether mitunter stärkerer Volatilität ausgesetzt sei als Bitcoin – und eine Zulassung neuer Indexfonds auf die Cyberdevise die Tür für Produkte auf noch spekulativere Assets aufstoße. Ein vereinfachter Zugang zu diesen Anlagen berge unterschätzte Risiken.
Verzögerungen drohen
Im Oktober gab die SEC bereits grünes Licht für eine Reihe an ETFs, die über Futures in Ether investieren. Das Interesse an den Produkten fällt bisher allerdings gering aus. Eine Deadline der Börsenaufsicht für die Freigabe von Spot-Indexfonds auf die zweitgrößte Cyberdevise ist auf Mai terminiert. „Der Markt schießt sich gerade stark auf dieses Datum ein“, betont Butterfill. „Weil die SEC ihre Freigabeentscheidungen für einige Vehikel aber bereits verschoben hat und weitere Verzögerungen wahrscheinlich sind, bahnt sich eine kleine Enttäuschung an.“
Zudem stelle sich die Frage, wie lange die neuen Bitcoin-Produkte noch Zuflüsse wie in den vergangenen Wochen verzeichnen könnten. „Momentan ist die Nachfrage unglaublich hoch, irgendwann wird sie sich aber natürlich verlangsamen“, sagt der Coinshares-Chefanalyst. Mit einer zunehmenden institutionellen Präsenz dürften sich Kryptowährungen laut Butterfill indes stärker verhalten wie andere Assets auch, was für eine höhere Stabilität sorge. Skeptiker glauben allerdings, dass die Cyberdevisen somit ihre Funktion als Absicherungsinstrument gegen Krisen in anderen Anlageklassen einbüßen dürften – diese stellt bisher aber ein zentrales Argument für die Investition in Bitcoin dar.
Die Hoffnung auf eine breite institutionelle Adoption und eine Angebotsverknappung beschert Bitcoin eine Rekordrally. Im Windschatten des Marktprimus legt auch die zweitgrößte Digitalwährung Ether zu. Doch Krypto-Investoren drohen laut Analysten nach den jüngsten Kurssprüngen Enttäuschungen.
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