Chemiekonzern

Lanxess befindet sich im Umbruch

Der Spezialchemiekonzern Lanxess befindet sich derzeit im Umbruch. Nachhaltigkeitsthemen spielen bei dem Unternehmen eine wachsende Rolle.

Lanxess befindet sich im Umbruch

Von Ulle Wörner*)

Angesichts eingetrübter Konjunkturaussichten, hoher Inflation und eines möglichen Gaslieferstopps haben sich die Anleihe-Spreads des Sektorindex iBoxx Chemicals in den vorigen Monaten deutlich ausgeweitet, liegen aber weiterhin leicht unter dem Gesamtmarkt (iBoxx Non-Financials).

Auch beim global aufgestellten Spezialchemiekonzern Lanxess, der mit einem Anteil von etwa 5% zu den mittelgroßen Emittenten im Chemieindex gehört, war diese Entwicklung zu beobachten. Lag der Fünfjahres-CDS zu Jahresbeginn noch bei 60 Basispunkten (BP), hat er mittlerweile – nach einer kurzen Erholungsphase Ende Mai – rund 190 BP erreicht. Damit liegt der CDS bereits über dem im März 2020 durch die coronabedingten Marktverwerfungen erzielten Niveau von ca. 155 BP, das sich jedoch schnell wieder reduziert hatte. Allerdings war der Lanxess-CDS unter anderem in der Finanzkrise 2008/09 mit bis zu 375 BP noch erheblich höher ausgefallen. Das verglichen mit der Vergangenheit geringere CDS-Ni­veau dürfte sich zumindest teilweise durch den seit Jahren laufenden Umbau des Konzerns erklären.

In den vorigen Jahren hat sich die Zyklizität des Geschäfts durch Transaktionen deutlich reduziert. Während das schwankungsanfällige Kautschukgeschäft veräußert wurde, investierte Lanxess in den Ausbau defensiverer Geschäftsfelder wie das neue Segment Consumer Protection, das 2021 durch die Übernahme der amerikanischen Emerald Kalama Chemical für 1,1 Mrd. Dollar gestärkt wurde.

Reduzierte Abhängigkeiten

Außerdem läuft die Übernahme des Geschäfts mit antimikrobiellen Wirkstoffen von IFF für 1,3 Mrd. Dollar. Akquisitionsbedingt und wegen des durch einen hohen Working-Capital-Bedarf stark rückläufigen operativen Cashflows stieg die Verschuldung 2021 deutlich und dürfte 2022 nach Abschluss der Übernahme weiter zulegen. Vor kurzem gab Lanxess mit Advent International die Gründung eines Joint Ventures für Hochleistungspolymere bekannt. Lanxess bringt dabei sein High-Performance-Materials-Geschäft ein, wodurch sich die Abhängigkeit vom zyklischen Autosektor weiter reduziert.

Lanxess erhält im Rahmen der Transaktion, die im ersten Halbjahr 2023 abgeschlossen werden soll, eine Zahlung von mindestens 1,1 Mrd. Euro sowie einen Anteil am JV von bis zu 40%. Der Mittelzufluss soll zum Schuldenabbau und für Aktienrückkäufe (bis zu 300 Mill. Euro) genutzt werden. Angesichts der reduzierten Zyklizität und des Mittelzuflusses wird der Deal von den Ratingagenturen trotz einer reduzierten Diversifikation neutral bis leicht positiv gesehen und dürfte keine Auswirkungen auf das seit Jahren stabile Durchschnittsrating von „BBB“ haben.

Die zunehmende Stabilität des Geschäfts wurde im GJ 2020 unter Beweis gestellt. Lanxess konnte sich den pandemiebedingten Belastungen zwar nicht vollständig entziehen, mit 15% fiel der Rückgang des adj. Ebitda erheblich geringer aus als in früheren Krisen, in denen es Ergebniseinbrüche von 35 bis 40% gab. Im Jahr 2021 erholte sich Lanxess deutlich und erzielte durch Mengen- und Preissteigerungen einen Umsatzanstieg um 24% auf 7,6 Mrd. Euro. Das adj. Ebitda erreichte trotz steigender Kosten mit einem Plus von 17% auf 1 Mrd. Euro nahezu das Vorkrisenniveau. Unterstützt durch die vollständige Einbeziehung von Emerald Kalama geht Lanxess bislang für 2022 von einer deutlichen Ergebnisverbesserung aus. Dies wird durch eine positive Entwicklung im ersten Quartal gestützt, in dem der Umsatz und das adjustierte Ebitda um 43% bzw. 32% gesteigert wurden.

Als produzierendes Chemieunternehmen betreibt Lanxess relativ energieintensive Aktivitäten. Nachhaltigkeit spielt daher eine immer bedeutendere Rolle. Bereits Ende 2019 hat sich der Konzern das Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Als Zwischenziel sollen die Treibhausgasemissionen (Scope 1 und 2) von 3,2 Mill. Tonnen CO2 im Jahr 2018 bis 2025 auf 2,6 Mill. Tonnen gesenkt werden. Um die Ziele zu erreichen, investiert Lanxess bis 2025 bis zu 100 Mill. Euro in diverse Klimaschutzprojekte wie eine Anlage zur Zersetzung von stark klimaschädlichem Lachgas oder die Umstellung der Energieversorgung der indischen Standorte auf regenerative Energien.

Nachhaltigkeit im Fokus

Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit spiegelt sich auch auf der Finanzierungsseite. Seit 2019 ist die Verzinsung eines syndizierten Kredits über 1 Mrd. Euro an ESG-Kriterien wie die Senkung der Scope-1-Emissionen oder einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen gekoppelt. Ende 2021 begab Lanxess ihren ersten Sustainability Linked Bond (SLB) über 600 Mill. Euro, einer Laufzeit von acht Jahren und einem Kupon von 0,625%. Zusammen mit einer 2021 emittierten, sechsjährigen Benchmark stellte Lanxess damit frühzeitig die Finanzierung für die Akquisition der IFF-Aktivitäten sicher.

Um angesichts stark gestiegener Unsicherheit nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zusätzliche Liquiditätspuffer aufzubauen, emittierte Lanxess im März 2022 einen zweiten SLB über 600 Mill. Euro und einer Laufzeit von sechs Jahren. Sollten die Nachhaltigkeitsziele bis 2025 nicht erreicht werden, erhöht sich die Verzinsung um 0,25%. Auf Basis der ersten Preisindikation von 120 BP bot die Emission im Vergleich zu ausstehenden Bonds und gegenüber der Peergroup einen Pick-up. Aufgrund solider Nachfrage lag der Emissionsspread letztlich bei 100 BP und damit etwa auf dem Niveau der Sekundärmarktkurve. Verglichen mit der im September 2021 mit einem Spread von 38 BP begebenen sechsjährigen Anleihe fiel der Emissionsspread somit deutlich höher aus. Seit der Emission im März hat sich der Spread stärker als bei anderen Lanxess-Bonds auf rund 170 BP ausgeweitet.

Insgesamt hat Lanxess aktuell ein ausstehendes Anleihevolumen von 3,8 Mrd. Euro, das ausschließlich in Euro begeben wurde. Neben sechs Senior Bonds mit Kupons zwischen 0,00 % und 2,625 % finden sich im Finanzierungsmix noch eine Privatplatzierung (Volumen 100 Mill. Euro, Fälligkeit 2027, Kupon: 3,95 %) sowie eine im High-Yield-Bereich liegende Hybridan­leihe (Volumen 500 Mill. Euro, Kupon: 4,5 %). Die Fälligkeiten sind relativ gleichmäßig bis 2029 verteilt. Der gewichtete durchschnittliche Zinssatz der Finanzverbindlichkeiten liegt bei rund 1,7 %.

Gelegenheiten zum Einstieg

Die unregelmäßigen Emissionen waren in den vorigen Jahren meist deutlich überzeichnet. Wie bei anderen Chemieunternehmen liegen die Spreads im mittleren Laufzeitenbereich meist unter der relevanten Marktkurve. Gegenüber ähnlich benoteten Chemieunternehmen notieren die länger laufenden Lanxess-Bonds jedoch größtenteils mit Aufschlägen und weisen aktuell Renditen im Bereich von 3,6% auf. Interessant ist die Laufzeit 03/28. Im November 2022 wird ein Senior Bond (500 Mill. Euro) fällig, und im Juni 2023 steht der erste optionale Kündigungstermin der Hybridanleihe an. Im Rahmen der Refinanzierung können sich Einstiegsgelegenheiten bieten.

*) Ulle Wörner ist Senior Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.