Linker schützen vor Teuerung
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Die Inflationsrate in Deutschland ist im März gemäß harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI) auf 7,6% gestiegen und hat damit den höchsten Stand seit fast 50 Jahren erreicht. An den Rentenmärkten hat ein Abverkauf eingesetzt, so hat sich der Kurs der 100-jährigen Staatsanleihe Österreichs gegenüber ihrem Hoch mehr als halbiert. Doch gibt es nicht Anleihen, die vor der ausufernden Teuerung schützen? Ja, die gibt es in Form von inflationsgeschützten Anleihen. Mehrere Staaten der Eurozone haben solche Papiere aufgelegt, und auch der Bund emittiert seit dem Jahr 2006 sogenannte Inflation Linker (vergleiche Tabelle). In den vergangenen Monaten sind die Kurse dieser Papiere deutlich geklettert.
Die Funktionsweise der Linker ist durchaus komplex, aber schnell erklärt: Sowohl der Kupon als auch der Rückzahlungsbetrag werden an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex angepasst. Bei den inflationsgeschützten Bunds ist dies nach dem Vorbild anderer europäischer Länder der HVPI der Eurozone ohne Tabak. Aus den Kursen von börsennotierten Linkern lassen sich denn auch im Vergleich zu herkömmlichen Staatsanleihen Break-even-Inflationsraten berechnen. Diese werden von der EZB und der Bundesbank als tatsächliche Markterwartungen für die Teuerung herangezogen.
Die Kursentwicklung von umlaufenden Linkern wiederum richtet sich zwar zu einem Gutteil nach der Entwicklung von Inflation und Inflationserwartungen. Ceteris paribus steigt der Marktwert der Linker, wenn sich die Inflationserwartungen erhöhen, was zuletzt zu dem Kursschub geführt hat. Doch beeinflusst die Entwicklung der Nominalzinsen eben auch die Kurse dieser Papiere. Klettern die Nominalzinsen, so drückt dies ceteris paribus auch die Notierungen der Linker.
Gute Performance
Aufgrund des deutlichen Anstiegs der Teuerung und vor allem der Erwartungen haben Linker sowohl im vergangenen Jahr als auch im ersten Quartal 2022 gut abgeschnitten. So hat der Linker-Eurozonen-Index in diesem Jahr rund 1,3% zugelegt, berichtet Bondexperte Tobias Frei vom Assetmanager Bantleon. Dabei haben sich zuletzt die Inflationserwartungen im Euroraum massiv erhöht. Sie sind gar über die alten Hochs aus dem Jahr 2008 geklettert und liegen inzwischen auf Sicht von fünf Jahren bei 3,26% für HVPI ohne Tabak und bei 2,75% auf Sicht von zehn Jahren. Dieser massive Anstieg dürfte auch den Notenbankern der EZB zu denken geben.
In einem Umfeld von jahrelang niedrigen Teuerungsraten und Zinsen haben nur wenige Vermögensverwalter auf Linker gesetzt. Eine Ausnahme ist Peter E. Huber, der inzwischen den Taunus Trust Fonds lenkt. „Da wir schon seit Längerem von anziehenden Inflationsraten ausgehen, setzten wir neben Aktien von Unternehmen, die von steigenden Energie- und Rohstoffpreisen profitieren, auch inflationsgeschützte Anleihen (Linker) bester Bonität ein“, erklärt Jan David Meyer, Co-Fondsmanager des Huber Portfolio. „Das Zinsänderungsrisiko sichern wir dabei über Zinsfutures ab. Auf die kombinierte Position aus Linkern und Futures haben wir seit Einstieg bereits fast 10% verdient.“ Das Huber-Portfolio hält an dieser Position fest, da sie vor einer weiter deutlich anziehenden Inflation schütze. Die Inflationserwartungen des Marktes seien zwar deutlich angezogen, sie seien aber auf die mittlere bis lange Frist mit 2,5 bis 3% immer noch recht niedrig. Vor allem durch Überwälzung dauerhaft höherer Energie- und Rohstoffpreise könnten sie sich als deutlich hartnäckiger erweisen als bisher vom Markt eingepreist. Reservierter gegenüber Linkern ist hingegen Bantleon-Experte Frei: „Aktuell ist kein guter Zeitpunkt, jetzt in den Markt einzusteigen, sofern sich die Lage in der Ukraine nicht wieder verschärft und der Ölpreis Richtung 150 Dollar geht.“
Höhepunkt bei Teuerung
Der Bondprofi weist darauf hin, dass gemäß der Prognose der Bantleon-Volkswirte die Teuerungsrate (HVPI) in der Eurozone mit 7,3% im März ihren Höhepunkt erreicht hat. Für April erwartet Bantleon 6,8%, für Oktober 5,6% und für Dezember 4,6% gegenüber Vorjahr. Der Jahresdurchschnitt dürfte 2022 mit 6,1% höher ausfallen als die EZB-Prognose von 5,1%, für 2023 seien 2,5% im Jahresdurchschnitt (EZB: 2,1%) zu erwarten. Zudem dürften steigende Nominalzinsen die Kurse von länger laufenden Linkern belasten. Insofern gelte es nach einem besseren Einstiegszeitpunkt Ausschau zu halten.
Alles in allem sind Investoren mit inflationsgeschützten Anleihen des Bundes tatsächlich gegenüber einem kräftigen Anstieg der Teuerung gut gewappnet. Vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Inflationserwartungen können Linker enttäuschen, falls die Teuerung deutlich zurückgeht. Auf der anderen Seite ist es gut möglich, dass ausgehend von den Energiepreisen die Inflation extrem hoch bleibt. Dann schützen die Linker das Vermögen.
Aktuell umlaufende inflationsindexierte Bundeswertpapiere | ||||||
Anleihe | Fälligkeit | Kupon (%) | Umlaufend (Mrd. Euro) | letzte Emission | ISIN | Kurs (%) |
2012 (2023) Bund | 15.04.2023 | 0,10 | 16,5 | 09.07.2019 | DE0001030542 | 106,46 |
2015 (2026) Bund | 15.04.2026 | 0,10 | 17,8 | 08.02.2022 | DE0001030567 | 112,65 |
2014 (2030) Bund | 15.04.2030 | 0,50 | 21,7 | 08.03.2022 | DE0001030559 | 123,73 |
2021 (2033) Bund | 15.04.2033 | 0,10 | 5,1 | 08.03.2022 | DE0001030583 | 124,89 |
2015 (2046) Bund | 15.04.2046 | 0,10 | 11,6 | 08.03.2022 | DE0001030575 | 158,54 |
Quelle: Deutsche Finanzagentur, Stand: 31.03.2022Börsen-Zeitung |