Bernhard Langer

„Markt­einbrüche sind immer möglich“

Bernhard Langer ist Chief Investment Officer (CIO) für Invesco Global Quantitative Strategies. Der renommierte Stratege hat nicht nur den Crash 1987 persönlich erlebt, sondern auch andere Einbrüche am Aktienmarkt. Doch trotz Crashs lohnten sich Aktien langfristig.

„Markt­einbrüche sind immer möglich“

Werner Rüppel.

Herr Langer, welche Erinnerungen haben Sie an den Schwarzen Montag, den 19. Oktober 1987?

Im Oktober 1987 war ich wenige Tage vor dem Crash das erste Mal auf dem Parkett der New York Stock Exchange (Nyse).

Kam der Crash für Sie überraschend?

Absolut. Heftigkeit und Dimension – ein Kurssturz um 22% – waren sehr überraschend.

Was sind Ihrer Ansicht nach die Ursachen des Crashs?

Vor allem eine Kombination von „Unerfahrenheit“ mit starken Kurseinbrüchen und hohen Aktienbewertungen sowie internationale Abkommen wie das Plaza- oder das Louvre-Abkommen und deren Nebenwirkungen. Das „Portfolio Insurance“-Konzept hat ebenfalls zur Dynamik des Kursrutsches beigetragen.

Erhöhen starke Kursanstiege und hohe Aktienbewertungen die Ge­fahr von Crashs?

Bei Übertreibungen sind Kursrückschläge auf alle Fälle wahrschein­licher.

Welche Rolle spielte die Geld­politik?

Diese mag mit zum Crash beigetragen haben. Der US-Dollar wurde 1987 immer schwächer. Zudem hat die Fed Zinsen erhöht, und Anleger fürchteten weitere Zinserhöhungen der Fed sowie eine Straffung durch die Bundesbank.

Inwieweit haben automatische Computerprogramme den Crash verstärkt?

1987 konnte man damit noch nicht umgehen. Heute gibt es zahlreiche Maßnahmen, um mit hohen Handelsvolumina und Ungleichgewichten im Trading umzugehen.

Nach dem Crash wurden ja Circuit Breaker eingeführt, war das richtig?

Absolut. Ich würde sagen: „lesson learned“. Da wurden die richtigen Lehren gezogen.

Der Crash war im Nachhinein relativ schnell überwunden. War das auf die rasche Reaktion der Geldpolitik zurückzuführen?

Ja, die Liquidität, die über die Notenbanken in das System ge­pumpt wurde, war auf alle Fälle entscheidend.

Was sind die Lehren für Anleger aus dem Crash?

Markteinbrüche sind immer möglich und lassen sich nicht timen. Anleger sollten deshalb nicht in Panik verfallen.

Kann es immer wieder Crashs ge­ben, die überraschend kommen?

Vielleicht nicht mehr in dem gleichen Ausmaß, mit einem Kurssturz von 20% an einem Tag, aber Ab­schwungs­zyklen, die einige Monate andauern (siehe 2022), sind ein Wesen der Märkte.

Was sollten Anleger heute beachten?

Anleger sollten Geduld bewahren und auf ein klareres Makrobild warten.

Dürfte sich der aktuelle Einbruch am Aktienmarkt fortsetzen? Wie sind die Perspektiven?

Vermutlich werden wir neue Jahrestiefstände sehen.

Für die nächsten drei Monate sind die Perspektiven meiner Ansicht nach eher mau.

Aktien lohnen aber langfristig, trotz Crashs?

Absolut. Gerade in Zeiten einer hohen Inflation spricht viel für Aktien. Auf mittlere bis lange Sicht lohnen sich Aktien immer.

Was gibt es sonst zu sagen?

Der Zinserhöhungszyklus der Notenbanken wird noch bis Anfang 2023 andauern. Das Ziel für den US-Leitzins ist 4%. Die Frage ist, wie sich die Unternehmenswelt auf die veränderte Lage – das heißt die höheren Zinsen und die nachhaltig höheren Energiepreise – einstellt. Ich glaube, dass die USA mit dieser Situation am schnellsten und besten zurechtkommen werden.

Das Interview führte

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