Neues Spiel am Hongkonger IPO-Markt
Für Hongkongs Finanzplatzpromotor gehört es zu den Usancen, zu Jahresbeginn dem einst florierenden Primärmarktgeschäft ein stolzes Comeback zu verheißen. Darauf musste man in den vergangenen Jahren nicht viel geben. Trotz hoffnungsvollem Gesäusel zu einer gut gefüllten Emissions-Pipeline waren wesentliche Voraussetzungen für eine Renaissance im Markt für Initial Public Offerings (IPO) schlichtweg nicht gegeben. In diesem Jahr sieht es jedoch tatsächlich anders aus.
Das Blatt hat sich gedreht
Seit Herbst 2024 zeigen sich Marktaktivität und Sentiment deutlich verbessert. In Verbindung mit Reformschritten und gestrafften Listing-Prozeduren des Börsenbetreibers Hong Kong Exchanges (HKEX) sowie Weichenstellungen der Pekinger Wertpapierregulatoren liegen verheißungsvollere Bedingungen vor. Ein ganzer Schwapp von Festlandunternehmen steht nun bereit, sich via Hongkonger Offshore-Markt auch an internationale Anlegerkreise heranzuwagen.
Über weite Strecken des vergangenen Jahres sah es noch zappenduster aus. Im Anschluss an das Annus horribilis 2023, als der Hongkonger Emissionsmarkt mit umgerechnet 5,9 Mrd. Dollar die niedrigste Kapitalsumme seit 20 Jahren einspielte, kamen auch in der ersten Jahreshälfte 2024 nur lustlose Mini-Transaktionen zusammen. Den von einer langjährigen Baisse enervierten Anlegern schien der Risikoappetit vollends vergangen.
Der Risikoappetit erwacht
Seit einer zwar nur kurzen, aber dafür besonders gewaltigen chinesischen Aktienrally zu Herbstbeginn hat der Sekundärmarkt jedoch wieder Boden unter den Füßen. Dank neu angeregter Handelsaktivität und verbesserter Marktliquidität sind die Hongkonger Anleger bereit, auch bei Börsengängen wieder aus der Deckung zu gehen. Das Resultat kann sich sehen lassen. In der zweiten Jahreshälfte 2024 kamen mehr als 50 Firmen in den Markt, darunter einige dicke Fische.
Midea macht den Eisbrecher
Als Eisbrecher erwies sich der bereits in Shenzhen börsennotierte und bei Investoren gut beleumundete Haushaltsgeräteriese Midea. Mit einer Kapitalaufnahme von über 4 Mrd. Dollar zauberte Midea den ersten wahren Jumbo-Deal seit 2021 aufs Hongkonger Parkett. Im November zogen der Logistikkonzern SF Holdings, der Autozulieferer Horizon Robotics und der Getränkehersteller China Resources Beverage Holdings mit substanziellen Transaktionen nach.
Rückkehr zum Rausch
Wie sehr sich die Laune gebessert hat, zeigen eine Reihe von Deals im Dezember, allen voran das IPO des chinesischen Kosmetikkonzerns Mao Geping. Die Offerte im übersichtlichen Volumen von 300 Mill. Dollar löste eine lange nicht mehr gesehene Begeisterung beim Kleinanlegerpublikum aus. Eine Überzeichnung der Retail-Tranche vom mehr als 900-Fachen sagt wohl genug. Die Titel schossen zum Handelsstart gut 90% in die Höhe und brachten es auf eine Ersttages-Performance von 77%, der höchsten für einen Hongkonger Börsenneuling seit vier Jahren.
So kann es also weitergehen. Im Januar ist zwar noch nicht viel passiert. Das war angesichts der Marktskepsis zu Chinas Konjunkturperspektiven im Allgemeinen und der Nervosität rund um den Amtsantritt des Handelskriegers Donald Trump auch nicht anders zu erwarten. Nun gilt es erst einmal, die längere Marktpause zum chinesischen Neujahrsfest abzuwarten, bevor die Dinge wieder Schwung bekommen.
CATL soll Masse bringen
Eine Flut von neuen IPO-Ankündigungen lässt erwarten, dass es spätestens im Frühjahr sehr lebhaft zugehen wird. Besondere Erwartungen richten sich an geplante Marktauftritte von CATL als weltweit führendem Hersteller von Elektroautobatterien sowie dem vor einigen Jahren aus dem Huawei-Konzern herausgeschälten Smartphone-Bauer Honor. CATL, die derzeit mit einer Marktkapitalisierung von rd. 156 Mrd. Dollar auf Rang 10 der chinesischen Börsen-Schwergewichtler steht, trauen Marktteilnehmer eine Kapitalaufnahme von bis zu 5 Mrd. Dollar zu.
Weitere vielversprechende Anwärter sind der Autozulieferer Joyson Electronic, der Pharmakonzern Hengrui Pharmaceuticals und aus der Lebensmittelbranche Foshan Haitian Flavouring, der seines Zeichens weltgrößte Sojasaucenhersteller. Auch bei Logistik und E-Commerce dürfte nach dem erfolgreichen IPO von SF Holdings Weiteres gehen. Die vom Onlinehändler JD.com abgespaltene Jingdong Industrials gilt ebenso als Anwärter wie der Speditionsriese Lalatech Holdings.
Peking winkt Tech-Firmen rüber
Eine Reihe von chinesischen Technologiesektor-Firmen scharrt mit den Hufen. Ihnen haben die Festlandregulatoren aus verschiedenen Gründen ein Debüt im Schanghaier Tech-Segment Star Market bislang verwehrt. Sie haben nun aber Chancen, zum Hongkonger Markt durchgewunken zu werden. Chinas Wertpapieraufseher nämlich haben im Rahmen aufwendiger Stützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen für die Festlandbörsen dem heimischen IPO-Geschäft weitgehend den Stöpsel gezogen. In schwachen Börsenphasen lässt Peking zur Schonung des Sekundärmarkts immer wieder von oben eine IPO-Bremse verordnen.
Peking drängt zur Expansion
Die Interessenlage für das Geschehen an den Festlandbörsen verbindet sich mit demonstrativen Pekinger Absichtserklärungen, dem in der Pandemiezeit verkümmerten Finanzplatz Hongkong mehr Unterstützung zukommen zu lassen. Außerdem legt die chinesische Regierung manifestes Interesse an einer verstärkten globalen Expansion von heimischen Vorzeigefirmen an den Tag. Hongkong ist die geeignete Plattform zur Unterfütterung der Auslandsaktivitäten mit frischem Kapital in Fremdwährung, sprich dem extrem eng an den Dollar gebundenen und frei konvertierbaren Hongkong-Dollar.
Top-Ranking in Sicht
Es gibt mithin einigen Anlass für flottere Prognosen zum IPO-Jahrgang 2025. Die Beratungsfirmen KPMG und EY veranschlagen diesjährige Kapitalaufnahme mit Hongkong-Listings auf etwa 120 Mrd. HK-Dollar (rd. 16 Mrd. Dollar). Bei Deloitte lehnt man sich noch etwas weiter aus dem Fenster und hält ein Volumen von umgerechnet 19 Mrd. Dollar für möglich. Das wäre eine Steigerung von gut 70% zu 2024 und dürfte den Finanzplatz einem großen Ziel näher bringen: Erstmals seit 2021 will man im globalen IPO-Ranking einen angemessenen Rang als eine der drei führenden Emissionsbühnen auf der Welt wieder für sich beanspruchen.
Neues Spiel am Hongkonger IPO-Markt
Am Finanzplatz Hongkong ist ein positiver Stimmungswechsel greifbar. Das prestigereiche Geschäft mit Initial Public Offerings (IPO) kommt nach jahrelanger Durststrecke endlich wieder in die Gänge. Chinesische Großunternehmen und auch Tech-Firmen dürfen mit dem Segen Pekings ihr Emissionsglück in Hongkong suchen.