Paukenschlag in Frankreich setzt die Börsen unter Druck
Paukenschlag in Frankreich setzt die Börsen unter Druck
Investoren betrachten Neuwahlen als gewagte Wette – Banken fallen massiv zurück
fed/hei/lz/wrü Frankfurt
Vor allem das politische Beben in Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron nach dem Triumph des rechtsgerichteten Rassemblement National die Flucht nach vorn antrat und Neuwahlen ausgerufen hat, haben am Tag nach der Europawahl an den Börsen für Unruhe gesorgt. Im französischen Leitindex CAC 40 werde ein „Regierungswechsel gespielt“, befindet Deka-Chefvolkwirt Ulrich Kater. Dabei stellen sich die Investoren offenbar darauf ein, dass zentrale politische Weichenstellungen wie etwa die Rentenreform von einem neuen Parlament zurückgenommen werden könnten. Der CAC 40 sank um 1,4% auf ein Dreimonatstief. Die politische Unsicherheit brachte vor allem Titel französischer Banken aus dem Tritt. Die Anteilsscheine von BNP Paribas, Société Générale und Crédit Agricole stürzten zwischen 4,4 und knapp 9% ab. Gleichzeitig stiegen die Renditen für französische Staatsanleihen und der Euro schwächte sich gegenüber dem Dollar ab. Analyst Jim Reid von der Deutschen Bank bezeichnet die Neuwahlen als „gewagte Wette“ des französischen Präsidenten.
Der Dax hielt sich unterdessen mit einem Minus von 0,3% auf 18.495 Zähler relativ wacker. Union Investment rechne infolge der Wahl nicht mit „unmittelbaren, kurzfristigen Implikationen für die Kapitalmärkte“, sagte Michael Herzum, Leiter Economics und Makro-Strategie, der Börsen-Zeitung. Allerdings mutmaßt er, dass „die Rechtsverschiebung des EU-Parlaments dessen Handlungsfähigkeit in Teilen reduzieren wird.“ Große Projekte wären dann schwerer zu verabschieden, etwa im Bereich der Dekarbonisierung. „Eine komplette Rücknahme zentraler Bestandteile des European Green Deal ist zwar nicht zu erwarten. Wahrscheinlich ist aber, dass die Geschwindigkeit der grünen Transformation gedrosselt wird“, so Herzum.
Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater geht davon aus, dass die Verfechter „einer dirigistischen Wirtschaftspolitik und einer wertegeleiteten Außenwirtschaft eher geschwächt wurden“. Das dürfte „aus der Perspektive von Unternehmen teilweise positiv wahrgenommen werden“, sagte er der Börsen-Zeitung. Herzum verweist zudem darauf, dass deutsche Aktien „nicht mit der deutschen Volkswirtschaft gleichzusetzen sind“. Das Gros der börsennotierten Firmen sei weltweit engagiert und nutze global Chancen.
„Kernfrage ist, wie Macrons Manöver ausgeht“, so Pascal Spano, Head of Research bei Metzler Capital Markets. „Gehen die Europa-kritischen Rechtsnationalen gestärkt aus Neuwahlen hervor, wird sich der Druck auf den französischen Markt noch verstärken.“ Björn Jesch, Global Chief Investment Officer der DWS, erklärt: „Die Tatsache, dass in vielen EU-Staaten rechte bis rechtsextreme Kräfte auf Platz eins oder zwei liegen, wird ihre Wirkung nicht verfehlen.“
Emmanuel Macron hatte nach starken Verlusten seines Wahlbündnisses die Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen für den 30. Juni ausgerufen. Das Rassemblement National hatte gut 31% der Stimmen errungen, das Bündnis um Macrons Renaissance nur knapp 15%. Auch im europäischen Gesamtergebnis zeigt sich eine Verschiebung der politischen Gewichte in Richtung rechts außen. Allerdings bleibt die konservative Parteienfamilie mit Abstand die größte politische Kraft (siehe Grafik unten).