Powell sticht Draghi aus

Dollar leidet unter Erwartung einer deutlich lockeren US-Geldpolitik - S&P 500 erreicht Rekordhoch

Powell sticht Draghi aus

Die Aussicht auf eine deutliche Lockerung der Geldpolitik in den USA lastet auf dem Dollar und stärkt den Goldpreis. Unterdessen profitieren die globalen Aktienmärkte von der Erwartung konjunktureller Unterstützung durch die Notenbanken. Sie setzen ihre von EZB-Chef Mario Draghi ausgelöste Rally fort.sts Frankfurt – US-Notenbankchef Jerome Powell hat im Wettstreit um die Schwächung der jeweiligen Währung die Nase gegenüber seinem EZB-Kollegen Mario Draghi vorn. Der Dollar reagierte mit deutlichen Verlusten insbesondere gegenüber dem Euro auf die Aussicht, dass die Federal Reserve einen Teil ihrer Zinserhöhungen der vergangenen Jahre wieder zurücknimmt. Der Inflationsausblick fiel schwächer aus, und die Federal Reserve betonte sehr stark die Unsicherheiten.Da Zinssenkungen möglicherweise auf politischen Druck hin erfolgen, könnte nach Einschätzung von Analysten der US-Währung dauerhafter Schaden zugefügt werden. Die US-Bürger würden dies wohl mit höherer Inflation bezahlen, und die Finanzierung des riesigen US-Staatsdefizits würde komplizierter werden.Nach der Bekanntgabe des US-Zinsentscheids am Mittwochabend und der anschließenden Pressekonferenz Powells stieg der Euro bis auf 1,1317 Dollar. Er holte damit weit mehr als seine Verluste auf, die er am Dienstag in Reaktion auf Draghis Rede während der EZB-Konferenz im portugiesischen Sintra erlitten hatte. Vor Draghis Rede, die ebenfalls eine Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone in Aussicht stellte, handelte die Gemeinschaftswährung bei Kursen um 1,1230 Dollar.Nach Powells Erklärungen gilt es für viele Akteure nun als ausgemachte Sache, dass die Fed schon in den nächsten Monaten den Leitzins senkt, der derzeit in der Spanne von 2,25 bis 2,50 % liegt. “Die Frage ist nun nicht mehr, ob die Fed die Zinsen im Juli senkt, sondern ob um 25 oder 50 Basispunkte”, sagte Daisuke Karakama, Chef-Volkswirt der Mizhuo Bank. Letzteres ist vom Markt aktuell mit einer Wahrscheinlichkeit von rund einem Drittel eingepreist.Die Rendite für zehnjährige Anleihen fiel erstmals seit November 2016 wieder unter die Marke von 2 %, der Tiefstand war bei 1,9719 %. Dies zog die Renditen von Staatsanleihen in aller Welt nach unten.Auch in der Breite gab der Dollar nach. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenback gegenüber sechs anderen wichtigen Industrieländerwährungen abbildet, fiel um 0,5 % auf 96,67 Punkte. Nach Einschätzung der BayernLB ist die Fed nun jederzeit handelsfähig. “Allerdings bedarf es dazu weiterhin schwacher Daten und ausbleibender Hoffnungen auf eine Einigung im Handelsstreit”, betonte Stefan Kipar, Volkswirt der Landesbank. “Daher wird auch das Treffen von Trump und Xi Ende Juni entscheidend sein.” Gold auf FünfjahreshochTrotz der Unsicherheit wegen des andauernden Handelsstreits und der Verschärfung der Lage am Persischen Golf haben die globalen Aktienmärkte ihre Kursrally fortgesetzt, die sie bereits nach Draghis Rede begonnen hatten. Sie profitieren davon, dass die Notenbanken offenbar bereits sind die Konjunktur zu stützen. Der Dax erreichte mit 12 438 Punkten ein Jahreshoch. Der Euro Stoxx 50 als Leitindex der Eurozone kletterte bis auf 3 487 Punkte und schloss am Donnerstag 0,5 % höher bei 3 472 Zählern. Auch an den US-Börsen zogen die Notierungen deutlich an, der US-Leitindex S&P 500 erholte sich von seinen jüngst wegen der Verschärfung des Handelsstreits erlittenen Verlusten und erreichte ein Rekordhoch von 2 956,2 Stellen.Der schwache Greenback ließ den Goldpreis auf 1386,38 Dollar je Feinunze und damit den höchsten Stand seit fünf Jahren steigen. Gold wird wie eine Währung gegen den Greenback gehandelt und profitiert, da es selbst keine Erträge abwirft, von niedrigeren Zinsen. Mit 1227,60 Euro lag der Goldpreis auf dem höchsten Stand seit Juli 2016. Norwegen gegen den TrendEntgegen der allgemeinen Tendenz zur Lockerung der Geldpolitik zog die norwegische Notenbank die Zügel an und hob ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,25 % an. Zugleich signalisierte die Norges Bank, dass sie wegen der rund laufenden Wirtschaft in dem skandinavischen Land in der zweiten Jahreshälfte nachlegen könnte. Die norwegische Krone wertete daraufhin deutlich auf, der Euro verbilligte sich um 1 % auf 9,6569 nkr.Hingegen rutschte die Lira ab, ein Euro verteuerte sich um 0,4 % auf 6,5331 Lira. Zuvor hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan sinkende Zinsen gefordert.