Schuldscheindarlehen

Reges Interesse an Schuldscheinen

Schuldscheindarlehen erfreuen sich regen Interesses. Von Januar bis September wurden Schuldscheine in Höhe von nahezu 22 Mrd. Euro begeben, das bislang höchste Volumen in einem Neunmonatszeitraum.

Reges Interesse an Schuldscheinen

kjo Frankfurt

Das Arrangement von Schuldscheindarlehen hat sich im dritten Quartal dieses Jahres zwar nicht mit der Intensität des Vorquartals fortgesetzt, aber an die Aktivitäten zum Jahresanfang 2022 angeknüpft. In der Folge wurden von Januar bis September Schuldscheindarlehen in Höhe von nahezu 22 Mrd. Euro begeben, das bislang höchste Volumen in einem Neunmonatszeitraum. Treibende Kräfte waren eine rege Investorennachfrage nach Schuldscheinen und ein hoher Liquiditätsbedarf der Unternehmen.

Hinzu kamen vergleichsweise günstige Finanzierungskonditionen am Schuldscheinmarkt und die wachsende Attraktivität von Darlehensstrukturen mit Nachhaltigkeitsbezug, sogenannte ESG-linked-Finanzierungen (Environment, Social, Governance). Das hält die auf Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft Capmarcon in einer Studie zum Markt der Schuldscheindarlehen (SSD) fest, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt.

Die Zahl der SSD-Begebungen stieg den Experten zufolge im Neunmonatszeitraum gegenüber Vorjahr um 50%, das Volumen um 80%, so dass die durchschnittliche Transaktionsgröße von 186 Mill. auf 220 Mill. Euro kletterte. Die durchschnittliche Laufzeit habe sich von 6,5 auf 7,1 Jahre erhöht.

In den ersten drei Quartalen sei – wie im Vorjahr – nur eine Jumbo-Begebung mit mehr als 1 Mrd. Euro arrangiert worden; dafür sei die Zahl der Begebungen mit Volumina über 500 Mill. Euro von 4 auf 13 gestiegen, so Capmarcon. Rückläufig sei aktuell der Anteil von Darlehen der Unternehmen, die erstmals den Schuldschein zur Finanzierung eingesetzt hätten, die sogenannten Debüt-Unternehmen – typisch für Krisenzeiten wie Corona-Restriktionen und die Energiekrise. Ihr Anteil habe in den ersten drei Quartalen bei nur 31 % gelegen im Vergleich zu 37 % in der Vorjahresperiode. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 hätten sich die Rückzahlungen von Schuldscheindarlehen auf 13,7 Mrd. Euro summiert. Das ausstehende Volumen habe damit rund 154 Mrd. Euro erreicht.

Industrie dominiert

Industrieunternehmen dominierten laut der Studie auch in den ersten neun Monaten dieses Jahres den Schuldscheinmarkt. Etwa 42% des arrangierten Volumens seien auf diesen Sektor entfallen. Zweitstärkste Gruppe seien Dienstleistungsunternehmen mit 23%. Stärker als im Vorjahreszeitraum seien Handelsunter-nehmen mit 18% vertreten gewesen, während auf (Energie-)Versorgungsunternehmen nur etwa 10% entfallen seien. Weitere Sektoren seien am Schuldscheinmarkt lediglich in geringerem Umfang aktiv. „Hinsichtlich der regionalen Herkunft wurde zwar auch in diesem Jahr bislang der überwiegende Teil der Schuldscheindarlehen für deutsche Unternehmen arrangiert, und zwar 57,6% des Volumens. Allerdings war der Anteil ausländischer Begebungen in der Neunmonatsperiode im Vergleich mit den Vorjahren jüngst wieder hoch. Die größte ausländische Unternehmensgruppe waren von Januar bis September 2022 Adressen aus Österreich und der Schweiz mit einem Anteil von jeweils etwa 12% im betreffenden Zeitraum, so die Experten. Gleichlaufend zu Debüt-Darlehensnehmern gehe in Krisensituation auch die Präsenz von Auslandsunternehmen am Schuldscheinmarkt regelmäßig zurück, wenn das Risikobewusstsein bei Investoren wachse und Wert auf Kalkulierbarkeit gelegt werde. Dies habe sich mit Einsetzen von Corona im Jahr 2020 gezeigt, als auf Auslandsadressen nur 16% des arrangierten Volumens entfallen seien. „Trotz Energiekrise und Inflation erhöht sich diesmal erfreulicherweise die Präsenz von internationalen Unternehmen, ihr Anteil am arrangierten Volumen lag bis September bei 42,4%.“

Die durchschnittliche Bonität der schuldscheinbegebenden Unternehmen – gewichtet mit dem jeweiligen Darlehensvolumen – habe sich im bisherigen Jahresverlauf 2022 gegenüber der Vorjahresperiode merklich verbessert und liege deutlich im Investment-Grade-Bereich (BBB). Dabei entwickele sich die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, die erstmals und die mehrfach SSD nutzen würden, weitestgehend gleichgerichtet. „In eher unsicheren Zeiten steigt die Anforderung der Investoren an Qualität. Dies schlägt sich in den Jahren 2020 und 2022 sichtbar nieder. Massiv gestiegen ist der Anteil von Darlehen mit Nachhaltigkeitsbezug. Zwar waren von Januar bis September 2022 noch immer gut die Hälfte des begebenen Schuldscheinvolumens, d. h. 53%, traditionelle Darlehen ohne weitere Ausstattungsmerkmale. Nur 1,2% des Volumens flossen in dezidiert ökologische oder soziale Maßnahmen und Projekte“, so Capmarcon. Doch seien 46% des Volumens als sogenannte ESG-linked-Darlehen konzipiert, bei denen der Darlehensnehmer zusagt, bestimmte Nachhaltigkeitsindikatoren wie Energieeffizienz, Treibhausgasemissionen oder Frauenquoten zu verbessern. „In diesen Fällen dienen die aufgenommenen Mittel nicht der besonderen nachhaltigen Verwendung, sondern sind nur an – in der Regel leicht zu erreichende – öffentlichkeitswirksame Ziele ge­knüpft. Unternehmen wählen diesen lindgrünen Weg immer dann, wenn die proklamierten Ziele aus betriebswirtschaftlichen oder strategischen Gründen ohnehin und mit Sicherheit erreicht werden sollen oder können“, heißt es in der Studie hierzu weiter.

Verschärfte Konditionen

Das arrangierte Volumen am Schuldscheinmarkt habe in der jüngeren Vergangenheit – auch und gerade wegen politischer Eingriffe in angespannten Zeiten – wieder merklich zugenommen. Im aktuellen Umfeld sei der Marktzugang aber nicht eingeschränkt, nur hätten sich die Konditionen verschärft. Das bedeute sowohl einen Anstieg der Risikoprämien – obgleich die Verteuerung der Darlehenskosten größtenteils auf steigende Marktzinsen zurückgehe – als auch eine Verschärfung der Kreditbedingungen. Da dies für andere Finanzierungsarten in gleicher oder sogar stärkerer Weise gelte, habe die Attraktivität des Schuldscheins jüngst eher zugenommen.

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