Ausblick

Sanktionen treiben Preise

Nach dem Preisschock vom Donnerstag an den Rohstoffmärkten hat es am Freitagvormittag einen deutlichen Rückgang der Preise gegeben. Dieser könnte sich allerdings als voreilig herausstellen.

Sanktionen treiben Preise

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat die internationalen Rohstoffmärkte durcheinandergewirbelt. Am Donnerstag gab es teilweise enorme Preisanstiege. So ist der Brent-Ölpreis beispielsweise bis fast 106 Dollar je Barrel geklettert. Am Freitag gab es dann wieder eine gewisse Beruhigung. Der Ölpreis fiel sogar zeitweilig wieder unter die Marke von 100 Dollar. Auch beim europäischen Gaspreis gab es eine sehr deutliche Korrektur nach unten.

Wie sich die Lage auf den Rohstoffmärkten in der neuen Handelswoche und darüber hinaus entwickeln wird, hängt im Wesentlichen davon ab, wie hart die westlichen Sanktionen gegen Russland ausfallen. Nach Einschätzung von Ralph Solveen, Ökonom bei der Commerzbank, würde es voraussichtlich recht schnell zu einer Energiekrise in Deutschland kommen, sollte Russland als Reaktion auf westliche Sanktionen den Gashahn zudrehen. Theoretisch würden bei einer Erhöhung der EU-Importe von Flüssiggas die Vorräte wahrscheinlich noch für einige Monate reichen. Allerdings stünde Deutschland dann am Beginn der nächsten Heizperiode möglicherweise ohne jegliche Reserven da. Die Rohstoffanalysten der Commerzbank sprechen in diesem Zusammenhang von einer erstaunlich schnellen Beruhigung der Energiemärkte am späten Donnerstag und am Freitag: „Der Preisrückgang der Energierohstoffe im gestrigen Handelsverlauf dürfte wahrscheinlich darauf zurückzuführen sein, dass die vom Westen beschlossenen Sanktionen gegen Russland die Energielieferungen aussparen“, vermutet Carsten Fritsch. Insbesondere das internationale Zahlungssystem Swift sei bislang nicht als Sanktionsinstrument vorgesehen. Somit könnten die Energieimporte aus Russland weiterhin bezahlt werden. Die Frage sei nun, wie Russland auf die beschlossenen Sanktionen reagiere, die vor allem den Bankensektor und den Technologiebereich beträfen. Falls Russland nun die Energielieferungen drossele, würden die Preise wohl schnell wieder deutlich steigen, denn es sei so schnell kaum möglich, alternative Anbieter zu finden. Dies gilt insbesondere für Gas, aber auch für Rohöl.

Was den Ölmarkt betrifft, so gibt es aus dem Bereich der Geopolitik einen weiteren bedeutenden Einflussfaktor. Dabei geht es um die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran über das iranische Atomprogramm und eine Rückkehr der USA in den internationalen Vertrag zur Regelung des Programms. Sollten im Falle einer Einigung die USA ihre Sanktionen lockern, könne der Iran nach Einschätzung von Fritsch rasch wieder 1,5 bis 2 Mill. Barrel pro Tag zusätzlich auf den Markt werfen. Zuletzt gab es optimistische Äußerungen beider Seiten zum Verlauf der Gespräche. Dies würde den Ölpreis tendenziell recht deutlich unter Druck setzen.

Auch Metalle betroffen

Was für die Energiemärkte gilt, ist auch für die Industriemetalle von Bedeutung: Sollte es zu Ausfällen russischer Lieferungen kommen, wären insbesondere die Märkte für Nickel und Aluminium betroffen – ebenso der Markt für Titan, der allerdings aufgrund der meist bilateralen Lieferbeziehungen für Finanzanleger weniger zugänglich ist. Am Donnerstag war bereits der Nickelpreis auf den höchsten Stand seit 2011 geklettert, Aluminium erreichte so­gar ein Allzeithoch, ohne dass es bereits Lieferausfälle gegeben hätte. Sollte es zu Störungen kommen, ist eine regelrechte Explosion der Preise in den Karten.

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