Sorge vor Inflationsanstieg prägt Verhalten an den Märkten
Von Alex Wehnert, Frankfurt
Sorgen vor einem Wiederanstieg der Inflation, einer sogenannten Reflation, dürften in der neuen Woche das bestimmende Thema an den Finanzmärkten bleiben. Hintergrund sind die Ausweitung der Staatsverschuldung zur Finanzierung von Konjunkturpaketen und die expansive Geldpolitik in Reaktion auf die Coronakrise. Zugleich dürfte die aufgestaute Konsumentennachfrage auch nach einer Lockerung der Coronamaßnahmen laut Ökonomen auf ein stark verknapptes Angebot treffen und für steigende Preisniveaus sorgen.
Die Teilnehmer an den Anleihemärkten spielen solche Szenarien schon seit längerer Zeit durch, im neuen Jahr hat die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe noch einmal kräftig angezogen, und auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist deutlich gestiegen. Die Aussicht darauf, dass die Notenbanken auf eine zunehmende Geldentwertung mit höheren Zinsen reagieren werden, hat sich zuletzt auch am Aktienmarkt bemerkbar gemacht.
„Tatsächlich dürfte die Inflation in den kommenden Monaten in die Höhe drängen und auf Tuchfühlung mit dem EZB-Ziel von nahe bei, aber unter 2% gehen“, kommentiert Dirk Schumacher, Europa-Chefvolkswirt der französischen Investmentbank Natixis, die Aussichten in der Eurozone. Die entscheidenden Faktoren gälten aber nur temporär, so dass die Inflation zum Jahresende bei 1,5% liegen und 2022 auf 1% nachgeben werde. Sollte diese Erwartung enttäuscht werden und die EZB sich zu Zinserhöhungen gezwungen sehen, könnte dies die Wirtschaft scharf ausbremsen. Historisch seien Notenbanken überwiegend daran gescheitert, die Inflation nach starken Anstiegen wachstumsfreundlich auf ihr Zielniveau zurückzuführen.
Auf Konjunkturseite dürfte am Montag das Ifo-Geschäftsklima in den Fokus der Investoren rücken. Laut der Helaba dürfte das Barometer leicht zulegen, nachdem der ZEW-Indikator und der gemeinsame Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleister von IHS Markit bereits überraschend gestiegen waren. Die deutsche Wirtschaft bleibe aber gespalten. „Entscheidend ist, dass nicht durch flächendeckende Grenzschließungen wie im Frühjahr 2020 erneut die Lieferketten der florierenden Industrie gefährdet werden“, kommentieren die Analysten.
Am Aktienmarkt bleibt die Berichtssaison im Blickfeld. Auf Interesse stoßen dürften die Computerkonzerne Dell und HP Inc., die am Donnerstag Zahlen vorlegen. Die Hardware-Anbieter galten bereits als verstaubt, doch der Wechsel vieler Arbeitnehmer ins Homeoffice hat die Nachfrage nach ihren Produkten beflügelt. Die HP-Aktie hat zwischen dem März-Crash und gestern Abend um 105% zugelegt, bei Dell beläuft sich der Kursgewinn auf über 180%.