Staatsbonds bereichern Green Finance
Von Kai Johannsen, Frankfurt
Staatsanleihen sind für eine gesunde Portfoliokonstruktion zweifelsohne wichtig. Das betrifft sowohl den Umfang als auch die Gewichtung der Papiere. Wenn es jedoch um Nachhaltigkeit geht, lässt die europäische Regulierung sie weitgehend beiseite, obwohl Staatsanleihen eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung eines nachhaltigen und integrativen Wachstums spielen können, heißt es bei den Experten von Degroof Petercam Asset Management (DPAM).
Der Ausschluss von Staatsanleihen aus einem Nachhaltigkeitsansatz ist für DPAM keine Lösung. „Das Fehlen einer präzisen und detaillierten Regulierung sollte keine Entschuldigung dafür sein, an der derzeitigen Definition festzuhalten. Es ist vielmehr ein Grund, für einen disziplinierten, strengen und glaubwürdigen Ansatz zu plädieren, um Staatsanleihen als wichtige Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung in gleicher Weise zu berücksichtigen wie Instrumente des Privatsektors“, sagt Ophélie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer bei DPAM. „Heute erleben wir eine wichtige Debatte auf europäischer Ebene über die Klassifizierung von Staatsanleihen in der ESG-Skala der Europäischen Kommission“, führt sie weiter aus.
Erstens müsse definiert werden, inwieweit Staatsanleihen ESG-Faktoren integrieren, ökologische und soziale Merkmale fördern oder sogar ein ökologisches und soziales Ziel verfolgen. „Darüber hinaus werden Staatsanleihen nicht von der europäischen Taxonomie erfasst und können daher – aus technischer Sicht – unmöglich die in der Taxonomie festgelegten Umweltziele erfüllen“, sagt sie. Zweitens seien die sogenannten „Hauptindikatoren für negative Auswirkungen“, die für die Anlageklasse spezifisch seien, zahlenmäßig begrenzt und offen für Interpretationen, wie z.B. der soziale Indikator für die Anzahl der Länder, in denen es zu sozialen Verstößen komme.
Dennoch sei es aus einer Vielzahl von Gründen offensichtlich, dass Staatsanleihen als eigenständiges Instrument zur Finanzierung einer nachhaltigen und integrativen Wirtschaft anerkannt werden sollten. Erstens würden Staatsanleihen eine wichtige Anlageklasse darstellen und seien nach wie vor eine wichtige Säule im Portfolioaufbau institutioneller Anleger.
Private sind aufgefordert
Zweitens sei bei der Festlegung der Nachhaltigkeitsziele als Folgemaßnahme zu den Millenniums-Entwicklungszielen zur Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung der Staaten der Privatsektor aufgefordert worden, die öffentlichen Mittel zu ergänzen, die allein nicht ausreichen würden, um den gesamten Bedarf zu decken. „Nach der gleichen Logik wird die derzeitige alleinige Konzentration auf die private Finanzierung nicht ausreichen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Sowohl die private als auch die öffentliche Finanzierung müssen als vollwertige Geldgeber für die Sache anerkannt werden“, sagt Mortier.
Schließlich habe sich die Mehrheit der Staaten formell zu den Zielen für 2030 verpflichtet, sei es durch die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung oder durch die Unterzeichnung des Pariser Abkommens für einen gerechten Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Es sei nur natürlich, dass sie ihre Anleiheemissionen entsprechend ausrichten sollten. „Wir kommen daher zu dem Schluss, dass ein Portfolio von Staatsanleihen, das einem strengen und rigorosen Ansatz für verantwortungsbewusste Investments unterliegt, einem nachhaltigen Zweck der Förderung ökologischer und sozialer Eigenschaften und Ziele dienen kann und sollte“, sagt Mortier.
Damit stelle sich aber die Frage, wie dies erreicht werden könne. Mit Hilfe eines robusten und kritischen Nachhaltigkeitsanalysemodells werde es möglich sein, den Entwicklungsstand der Länder sowie die Stärken und Schwächen und die Fortschritte der einzelnen Länder in einem engagierten Dialog zu ermitteln. Durch die vorgelagerte Integration der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Investitionsprozess werde das Portfolio auf natürliche Weise gefordert, sich an den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu orientieren.
KPI helfen
Die Festlegung von KPIs (Key Performance Indicators) auf Portfolioebene helfe bei der Analyse und Bewertung der Auswirkungen auf der Grundlage einer Reihe messbarer ökologischer, sozialer oder Governance-Kriterien, wie z.B. des CO2-Fußabdrucks oder der Bemühungen der Länder um eine Verringerung des CO2-Ausstoßes, sozialer Kriterien zur Förderung einer besseren Achtung grundlegender Werte wie der Menschen- oder der Arbeitnehmerrechte oder Governance-Kriterien zur Förderung der Korruptionsbekämpfung oder einer besseren Achtung der Bürgerrechte und der individuellen Freiheiten.
Grüne Anleihen und ähnliche Instrumente seien offensichtlich klare Instrumente zur Förderung von ökologischen und/oder sozialen Zielen. „Ihre Ziele sind klar definiert und können vom Beginn der Emission bis zur Fälligkeit der Anleihe überwacht werden“, sagt sie. Vorausgesetzt natürlich, dass die grünen Anleihen oder ähnliche Instrumente die Kriterien einer echten grünen Anleihe erfüllen, d.h. mit einer klaren Verwendung der Erlöse: Förderfähigkeit der Projekte, Entscheidungsprozess, Offenlegung der Dokumentation, zugelassenem Prüfer und Verwaltung, Nachverfolgung der Erlöse. Dies ist geregelt in den sogenannten Green Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA). Die sind die freiwilligen Prozessleitlinien für Emittenten von grünen Anleihen. Entsprechende Vorgaben gibt es auch für die Social Bonds. Guidelines existieren zudem für die Sustainability Bonds. Diese Vorgaben sind im Markt der grünen und nachhaltigen Anleihen seit Jahren der Marktstandard. Dies gilt als klare Errungenschaft des Marktes von Green und Social bzw. Sustainability Bonds.
„Und schließlich dürfen wir nicht das Engagement vergessen, das im Mittelpunkt des Konzepts der nachhaltigen Investments steht. Durch das Engagement findet ein Austausch über bewährte Verfahren statt. Durch dieses Engagement können auch die Regierungen für die Nachhaltigkeitsproblematik sensibilisiert werden“, führt Mortier aus. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass Staatsanleiheninvestoren zeigen würden, wie wichtig diese Kriterien seien, um Investments anzuziehen. Es sei auch von entscheidender Bedeutung, die Emittenten von Staatsanleihen zu ermutigen, sich mit Nachhaltigkeitsaspekten zu befassen, die für eine Investmentmentalität von zentraler Bedeutung seien.