Erneuerbare-Energien-Aktien

Subventionen treiben Vestas und Co.

Die in den USA und der EU beschlossenen Stützungspakete für erneuerbare Energien haben den Windturbinenaktien kräftig Auftrieb verliehen. Aber nicht alle Analysten raten zum Kauf.

Subventionen treiben Vestas und Co.

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Kaum ein Segment des Aktienmarktes hat in den zurückliegenden Monaten so stark die Fantasie von Analysten angeregt wie die erneuerbaren Energien. Seit US-Präsident Joe Biden den Inflation Reduction Act (IRA) vorgelegt hat, der umfangreiche Subventionen für erneuerbare Energien unter Bevorzugung von in den Vereinigten Staaten produzierter Technologie vorsieht, sehen Experten die Tür geöffnet für eine Auftragsflut und einen sehr starken Erlösschub etwa für die Hersteller von Windturbinen, darunter die europäischen Unternehmen Vestas und Nordex. Biden hat im September zum Ziel erklärt, dass im Jahr 2030 in den USA Offshore-Windkapazitäten von 30 Gigawatt installiert sein sollen, was sich mit einer kümmerlichen Ausgangsbasis vergleicht, die laut der Bank of America 2021 bei 40 Megawatt lag.

Potenzial durch Green Deal

Doch auch aus Europa kommt ein Schub für die Branche. Denn die EU-Kommission hat als Antwort auf die US-Subventionen den „Green Deal Industrial Plan“ angekündigt. Steuervorteile und anderen Fördermaßnahmen für klimafreundliche Technologien sollen den grünen Umbau der Wirtschaft in Europa beschleunigen. Schon seit längerem wurde von Anlegern erwartet, dass die Bekämpfung der Erderwärmung umfangreiche Förderprogramme und damit einen Wachstumsschub für die Erneuerbare-Energien-Branche anstoßen wird, eine Erwartung, die durch den Angriff Russlands zusätzliche Nahrung erhielt, weil die fossilen Energieträger aus Russland ersetzt werden müssen.

In der Kursentwicklung und Analystenkommentaren wird die durch den IRA losgetretene Fantasie für die Windturbinenhersteller deutlich sichtbar. Die Aktie der in den USA gut vertretenen Vestas notiert derzeit bei 2,7 dkr, im Vergleich zum Schlusskurs vom 12. Oktober 2022 ein Gewinn von 53,4%. Nordex notieren bei 14,49 Euro, im Vergleich zum Schlusskurs vom 12. Oktober ein Plus von 94%. Jefferies sprach im Januar von einem „unprecedented cycle for wind energy“ und stufte Vestas von „Hold“ auf „Buy“ hoch. Das Institut erwartet 2023 aufgrund der Unterstützung für die Branche in den USA und in Europa eine starke Erholung der Auftragseingänge. Außerdem verwies es auf nachlassende Lieferkettenprobleme und einen deutlich zulegenden durchschnittlichen Verkaufspreis, der die Inflation bei dem Unternehmen kompensiert. Die Citigroup erklärte Mitte Januar vom IRA profitierende Unternehmen wie insbesondere Vestas zu ihren Favoriten und sieht sowohl in Vestas als auch in Nordex langfristige Profiteure einer anziehenden EU-Nachfrage. Bank of America hob im Januar ihre Kursziele für die beiden weiterhin zum Kauf empfohlenen Titel von 226 auf 245 dkr und von 14 auf 15,50 Euro an. Auch dieses Institut erwartet eine beschleunigte Auftragsentwicklung durch die Stützungsmaßnahmen, außerdem nachlassenden Gegenwind, was Rohstoffpreise und Lieferketten betrifft, außerdem eine anhaltend starke Entwicklung der Verkaufspreise.

Außerdem verwies die Bank of America auf geplante Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, die nun konkrete Gestalt annehmen. So haben Bundestag und Bundesrat am Freitag, eine EU-Verordnung umsetzend, ein Gesetz zum beschleunigten Ausbau der Windenergie beschlossen, das vorsieht, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen auf bestimmten Flächen entfallen können. Die Analysten gehen unter den gegebenen Voraussetzungen von in den kommenden Jahren stark steigenden Aufträgen und Erlösen aus. Die Bank of America etwa erwartet, dass Vestas und Nordex ihre Erlöse von 14,8 Mrd. und rund 5,5 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf rund 19 Mrd. und knapp 6,9 Mrd. Euro im Jahr 2025 steigern werden.

Vieles schon eingepreist

Allerdings sind nicht alle Häuser von Windturbinenaktien überzeugt. So geht zwar auch die Berenberg Bank davon aus, dass Vestas ihren Erlös deutlich von rund 16,1 Mrd. auf 17,9 Mrd. Euro in den Jahren 2023 und 2024 erhöhen wird. Die Aktie wird jedoch mit einem Kursziel von 200 Euro lediglich zum Halten empfohlen. Die von dem Unternehmen für das laufende Jahr gegebene Margenprognose von zwischen −2% und 3% spiegle anhaltende Unsicherheit über die Erfüllung und deute darauf hin, dass die deutlich höheren durchschnittlichen Verkaufspreise erst im Jahr 2024 oder später zu höheren Margen führen werden. Zwar seien die Aussichten für den Auftragseingang gut. „Wir glauben aber, dass die Aktie eine substanzielle Margenerholung einpreist.“

Auch Baader Europe hat den Eindruck, dass in der Aktie bereits einiges vorweggenommen ist. „Too much priced in too soon“, heißt es in der Studie des Hauses, das mit einem Kursziel von 181 dkr zum Verkauf rät. Anders als andere Häuser sieht Baader auch keine substanziellen Verbesserungen, was Kosteninflation und Lieferketten betrifft, sondern sieht diesbezüglich anhaltenden Druck. Gleichwohl rechnet auch Baader mit einem deutlichen Erlösanstieg, auf rund 18,9 Mrd. Euro im Jahr 2025. Nordex wird von Baader bei einem Kursziel von 14,20 Euro zum Reduzieren empfohlen. Jüngste politische Veränderungen in der EU und der Ukraine-Krieg würden der Branche zu zusätzlichem Wachstum verhelfen. Als Probleme verweisen die Analysten u.a. auf ein erwartetes durchschnittliches Wachstum des Onshore-Marktes bis 2025 von zwischen 2% und 4% sowie einen geringen Anteil des Dienstleistungsgeschäfts und niedrige Margen im Vergleich zu den Wettbewerbern.

Die DZ Bank, die den Fair Value für Vestas im Februar mit beibehaltener Kaufempfehlung von 218 auf 240 dkr erhöht hat, glaubt, dass u.a. die Subventionen, die hohen Auftragseingänge und stetige Preiserhöhungen sich letztlich positiv auswirken werden, Investoren müssten jedoch Geduld mitbringen und auch eventuelle Rückschläge einkalkulieren.

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