Sustainable Finance erreicht Rekord
kjo Frankfurt
Sustainable Finance ist an den Kapitalmärkten weiter auf dem Vormarsch. Das Volumen weltweiter Finanzierungen für nachhaltige Verwendungen oder mit nachhaltigem Bezug erhöhte sich von 964 Mrd. Euro im Jahr 2021 um 5% auf 1,008 Bill. Euro im vorigen Jahr – der bislang höchste Jahreswert. Das geht aus einer Studie von Capmarcon hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft, die Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt, Rahmenwerke erstellt und bei ESG-Ratings unterstützt.
Die Entwicklung werde wesentlich von zwei Faktoren bestimmt. Einerseits habe der Euro gegenüber anderen wichtigen Währungen signifikant an Wert verloren, so dass das in Euro umgerechnete Volumen deutlich gestiegen sei. Mit Umrechnung zu durchschnittlichen Wechselkursen 2021 wäre der Wert nachhaltiger Finanzierungen 2022 mit 973 Mrd. Euro in etwa auf dem Niveau der Vorperiode gewesen. Andererseits hätten Sustainability-Linked-Darlehen massiv zugenommen: Das arrangierte Volumen habe sich hier verdoppelt. Bei nachhaltigkeitsgebundenen Deals müssen in einem vereinbarten Zeitraum festgelegte Schwellenwerte von Indikatoren erreicht werden, die mit Nachhaltigkeit in Verbindung stehen, ansonsten steigen die Zinssätze. Solche Indikatoren können Bewertungen im Rahmen eines ESG-Ratings sein oder etwa der Energieverbrauch.
China als Motor
Motor der Entwicklung 2022 seien chinesische Adressen gewesen, die ihre entsprechenden Finanztransaktionen um 64% erhöhten. Signifikante Zuwächse habe es in Deutschland und Frankreich gegeben. „Insgesamt haben europäische Adressen ihre nachhaltigen Finanzierungen im Betrachtungszeitraum um 7% erhöht, obwohl die Europäische Kommission die Emission von Green wie Social Bonds um zwei Drittel verringert hatte“, so die Experten. In den USA habe das arrangierte Volumen um fast 40% abgenommen, primär aufgrund stark eingeschränkter Aktivitäten der Unternehmen.
Im Verlauf 2022 seien Euro und Dollar die wichtigsten Denominationswährungen des Green Financing gewesen. Aufgrund der Euro-Schwäche sei der Anteil der europäischen Einheitswährung bei den Arrangements im Periodenvergleich trotz verstärkter Emissionstätigkeit leicht von 47% auf 46% zurückgegangen. Der Dollar habe wegen des schwachen US-Geschäfts und ungeachtet der Währungsstärke Marktanteile verloren: von 31% auf 25%. Gleichzeitig habe der chinesische Renminbi wegen der starken Präsenz chinesischer Emittenten und Darlehensnehmer von 6% auf 12% zugelegt und sich als drittstärkste Denominationswährung etabliert.
„Staatliche Adressen einschließlich Förder- und Entwicklungsbanken weltweit haben sich 2022 deutlich schwächer als im Vorjahr bei nachhaltigen Finanzierungen engagiert, das Volumen ging um 18% zurück. Gleichzeitig erhöhten Banken und andere Finanzdienstleister ihre Green-Finance-Begebungen um 30% auf 251 Mrd. Euro“, heißt es. Unternehmen aus der Realwirtschaft hätten 2022 zwar ihre nachhaltigen Mittelaufnahmen erhöht, allerdings nur um 12% auf 465 Mrd. Euro insbesondere mit „Sustainability-Linked“-Transaktionen. „Sehr aktiv waren Ver- und Entsorgungsunternehmen, vor allem Energieerzeuger und Industrieadressen.“
Nachhaltige Finanzierungen in Europa hätten 2022 im Vergleich mit der Vorperiode um 7% zugenommen trotz Zurückhaltung der Europäischen Kommission, die ihr begebenes Volumen um 40 Mrd. Euro verringert habe. Entscheidend für den Zuwachs sei eine höhere Transaktionszahl gewesen, die Volumina pro Transaktion seien weitgehend unverändert geblieben. „Auffallend dabei war, dass nachhaltige Finanzierung stärker von Unternehmen genutzt wurde, die bereits in Vorperioden diese Finanzierungsform gewählt hatten. Der Anteil von Erstnutzern ging deutlich von 31% im Jahr 2021 auf 18% im Jahr 2022 zurück.“
Kräftige Anstiege
Die Begebungen in Frankreich und Deutschland, mit Abstand größte Emissionsländer beim Green Financing, seien auch im Jahresverlauf 2022 wieder kräftig angestiegen. „Ähnlich verhielt es sich in den skandinavischen Ländern einschließlich dänischer Emittenten, die in dieser Vierergruppe stärkste Nutzer sind. Auch die Niederlande verzeichnen regelmäßig Zuwächse beim Green Financing, während in anderen Staaten Europas die Entwicklung nicht zuletzt abhängig ist von der entsprechenden Finanzierungstätigkeit staatlicher Adressen.“ Das Green-Finance-Nettovolumen des Jahres 2022 betrug 530 Mrd. Euro, so dass sich das ausstehende Volumen an Green Financing in Europa bis zum Jahresende auf 1,675 Bill. Euro erhöhte.