Tech-Misere
nh Schanghai
Der seit Anfang Juli grassierende Sell-off bei chinesischen Technologiewerten an der Hongkonger Börse hat nach einer mehrtägigen Pause am Donnerstag wieder Fahrt aufgenommen. Der einschlägige Hang Seng Tech Index der 30 größten in Hongkong notierten Sektoraktien fiel am Donnerstag um 2,6% zurück, und hat damit seit Jahresbeginn nun mehr als 20% eingebüßt. Die immer weitere Kreise ziehende Regulierungskampagne der chinesischen Regierung im Internetsektor lässt die Anleger nicht zur Ruhe kommen. Fast täglich werden in staatskontrollierten Medien immer neue Kandidaten gezielt herausgepickt, die mit Anschuldigungen zu Marktmachtmissbrauch und sozial unverantwortlichen Geschäftspraktiken konfrontiert werden und dann unweigerlich an der Börse weiter auf Talfahrt gehen.
Am Donnerstag traf es den chinesischen Videoplattformriesen Kuaishou Technology besonders hart, nachdem sich die Medien zuletzt auf moralisch anstößige Livestream-Sendungen eingeschossen haben und damit neue Restriktionen der Staatsführung vorwegnehmen. Prompt knickte die Kuaishou-Aktie am Donnerstag um gut 15% ein und steht nun bei 89,10 HK-Dollar auf einem neuen Allzeittief, das mittlerweile auch deutlich unter dem Emissionspreis bei 115 HK-Dollar der Anfang Februar neu in den Hongkonger Markt gekommenen Titel liegt.
Kuaishou ist der wichtigste Rivale des für die Tiktok-Kurzvideoplattform bekannten chinesischen Internetkonzerns Bytedance. Im Februar legte Kuaishou mit ihrem 6,2 Mrd. Dollar schweren Börsengang in Hongkong das bislang weltgrößte Initial Public Offering (IPO) in diesem Jahr hin. Im Zuge der Begeisterungswelle für Tech-Aktien in den ersten Wochen des Jahres 2021 wartete Kuaishou mit einer Kursperformance von 194% am ersten Handelstag auf. So erreichte der Kuaishou-Kurs in der Spitze 418 HK-Dollar und ließ die Gesellschaft bei rund 225 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung zeitweilig auf den fünften Platz der wertvollsten börsennotierten Unternehmen in China rücken. Seitdem ist jedoch eine Marktwerteinbuße von über 70% oder gut 180 Mrd. Dollar zu beklagen.
Auch der besonders herbe Kursrutsch am Donnerstag hängt mit den IPO-Modalitäten bei Kuaishou zusammen, nachdem die Mindesthaltefrist für sogenannte Ankeraktionäre bei Kuaishou am Mittwoch abgelaufen war. Damit bot sich für institutionelle Investoren, darunter Staatsfonds wie Abu Dhabi Investment Authority, GIC und Temasek aus Singapur oder Canada Pension Plan Investment Board, nun eine erste Gelegenheit, sich von ihrem Engagement bei Kuaishou zu verabschieden.