Unternehmensanleihen

Verbesserte Aussichten für Unternehmensbonds

Nicht alles wird gut, aber vieles wird besser – das ist die Prognose der DZ Bank für Unternehmensanleihen im nächsten Jahr. In den vorigen Wochen hat der Markt bereits begonnen, den Pessimismus auszupreisen

Verbesserte Aussichten für Unternehmensbonds

Von Christine Bredehöft

und Thomas Weber *)

Mehrere ungünstige Faktoren haben zu einem katastrophalen Bond-Jahr 2022 geführt, was auch Unternehmensanleihen Verluste im zweistelligen Prozentbereich be­schert hat. Anders als in typischen Krisenjahren, in denen Zentralbanken mit geldpolitischer Lockerung auf einen Abschwung reagieren, sind in diesem Jahr sowohl die Risikoaufschläge als auch das Zinsniveau angestiegen. Zudem konnten die resultierenden Marktwertverluste kaum durch laufende Erträge kompensiert werden, da Jahre einer Negativzinspolitik vorausgingen, welche die Renditen von Corporate Bonds auf ein Niveau von unter 1% gedrückt hatten. Richtet man den Blick nach vorn, verbessert der Renditeanstieg bei Unternehmensanleihen auf aktuell rund 3,8% das Ausgangsniveau für 2023 deutlich. Den Anlegern stehen nun wieder nennenswerte Erträge zur Verfügung, um etwaige Verluste aus weiter steigenden Zinsen abzufedern.

Positive Impulse

Die makroökonomischen Faktoren, die die Märkte im auslaufenden Jahr belastet haben, werden auch 2023 eine zentrale Rolle spielen. Auch wenn die Probleme nicht verschwinden werden, sollte sich an vielen Stellen zumindest eine Besserung ergeben, was der Stimmung an den Märkten positive Impulse liefern dürfte. So erwarten wir bei den Energiepreisen eine stabile Entwicklung auf erhöhtem Niveau. Dank des Basiseffekts sollte sich der Einfluss der Strom- und Gaspreise auf die Inflation daher sukzessive verringern. Auch das Risiko einer Gasmangellage ist zuletzt gesunken, was für zusätzliche Entspannung gesorgt hat. Da sich die Zweitrundeneffekte bei den Preisen für Nahrungsmittel, indus­trielle Güter und Dienstleistungen erst mit Verzögerung einstellen, wird die Teuerungsrate jedoch auch 2023 deutlich über dem 2-%-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Aber auch bei diesen Preiskomponenten erwarten wir eine graduelle Entspannung, nicht zuletzt da die europäische Wirtschaft im laufenden sowie im ersten Quartal 2023 in eine Rezession abrutschen dürfte. Die hohe Unsicherheit und die gesunkene Kaufkraft haben das Verbrauchervertrauen und die Konsumlaune spürbar belastet. Zusammen mit einer mittlerweile deutlich sichtbaren Entspannung bei den seit der Pandemie bestehenden Lieferengpässen dürften Angebot und Nachfrage zunehmend ins Gleichgewicht zurückfinden, was sich grundsätzlich preisdämpfend auswirken sollte.

Schwieriges Umfeld

Trotz eines weniger schwierigen volkswirtschaftlichen Umfelds 2023 sollten sich Anleger auf eine strukturell höhere Volatilität an den Märkten für Unternehmensanleihen einstellen. Neben den geopolitischen Unsicherheitsfaktoren ist vor allem die geldpolitische Wende von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Signifikante Zinserhöhungen haben die Finanzierungsbedingungen verschlechtert, und statt milliardenschwerer Anleihekäufe wird die EZB ab kommenden März mit der passiven Reduktion ihres Bondportfolios beginnen. Die Nettokäufe, die auch die Fälligkeiten im Bestand berücksichtigen, wurden bereits im Juli 2022 eingestellt. Bislang konnten sich Investoren darauf verlassen, dass beim Auftreten von Krisen oder Marktverwerfungen die Zentralbank bereitstand, mit ihren umfangreichen Möglichkeiten einzugreifen und die Märkte zu beruhigen. Diese Sicherheit hat dazu geführt, dass die Schwankungen über lange Zeit ungewöhnlich gering ausfielen und in der Folge am Markt geringe Risikoprämien eingepreist wurden. Von dieser Sicherheit, auch als Zentralbank-Put bezeichnet, mussten sich Investoren 2022 verabschieden. Denn angesichts der viel zu hohen Preissteigerungsrate blieb und bleibt der EZB nichts anderes übrig, als ihre Politik zu straffen.

Das Jahr 2022 endet mit einem starken Rückgang bei den Corporate-Bond-Neuemissionen. Die in Euro begebenen Unternehmensanleihen belaufen sich seit Jahresstart auf 271 Mrd. Euro. Das ist ein Minus in Höhe von 36% im Vergleich zum Vorjahr und somit so niedrig wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Vor allem Emittenten aus dem Non-Investment Grade hatten kaum Zugang zum Markt. Lichtblick waren erneut nachhaltige Anleihen, die 2022 einen Marktanteil von rund 35% bei Neuemissionen erreicht haben. Sektoren wie Versorger und Immobilien begeben mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte ihrer Anleiheemissionen in nachhaltigen Formaten. Im nächsten Jahr rechnen wir bei den Corporates-Neuemissionen nicht zuletzt auf Basis steigender Fälligkeiten und abnehmender Liquiditäts­reserven mit leicht erhöhter Aktivität. Das Volumen von Investment-Grade-Anleihen dürfte wieder an das Jahr 2021 anknüpfen und eine Größenordnung von 300 Mrd. Euro erreichen. Für das Nachhaltigkeitssegment erwarten wir im nächsten Jahr sowohl ein höheres Volumen als auch einen weiter leicht steigenden Marktanteil.

Rückzug der EZB

Angesichts des Rückzugs der EZB aus den Anleihemärkten wird die Bedeutung der fundamentalen Lage der Unternehmen weiter zunehmen. Bereits 2022 hat das zu einer stärkeren Differenzierung zwischen einzelnen Ratingklassen, Sektoren und Emittenten geführt. Vor dem Hintergrund der von uns erwarteten Rezession rechnen wir in den kommenden zwei bis drei Quartalen mit einer Verschlechterung der operativen Entwicklung bei den Corporates. Steigende Kosten und eine zunehmend sichtbare Konsumzurückhaltung dürften die Margen der Unternehmen belasten. Dies gilt besonders für zyklische Branchen, die stärker von Investitionen und diskretionären Konsumentscheidungen abhängig sind. Allerdings rechnen wir nur mit einer temporären Verschlechterung der Kreditkennzahlen, die sich mit einer konjunkturellen Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder auflösen sollte. Zudem starten viele Unternehmen mit einer starken Ausgangslage in die Rezession, da sich die Margen nach dem Einbruch während der Pandemie auf ein Niveau erholt haben, das höher liegt als vor der Coronakrise. Auch die niedrige Arbeitslosenquote in Europa und den USA sowie die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, wie der Strom- und Gaspreisdeckel, sollten die Auswirkungen des Abschwungs für die Unternehmen abmildern.

Nicht alles wird gut, aber vieles wird besser – so lässt sich unser Ausblick für Unternehmensanleihen im nächsten Jahr zusammenfassen. In den vorigen Wochen hat der Markt bereits begonnen, den über weite Strecken des zurückliegenden Jahres herrschenden Pessimismus auszupreisen. So hat sich der Asset-Swap-Spread des iBoxx Euro Non-Financials Senior Index von einem Zwischenhoch von 95 Basispunkten (BP) Ende Oktober auf aktuell rund 71 BP reduziert. Auf Sicht von zwölf Monaten sehen wir weiter fallende Spreads auf ein Niveau von rund 60 BP, wobei wir gerade zu Beginn des Jahres 2023 auch eine temporäre Spread-Ausweitung für denkbar halten.

*) Christine Bredehöft ist Senior Corporate Bond Analystin und Thomas Weber ist Senior Corporate Bond Stratege bei der DZ Bank.

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