Verhaltene Dax-Aussichten
ku Frankfurt
In der gerade beendeten Börsenwoche hat sich der Dax fest gezeigt mit einem Anstieg von etwas mehr als 4%. Das ist auf den ersten Blick überraschend, denn die Europäische Zentralbank ist in der Berichtswoche in die Vollen gegangen und hat den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben. Dies war allerdings erwartet worden, so dass es keine böse Überraschung gab.
Außerdem blicken die Akteure am Aktienmarkt in die Zukunft und glauben dort zu erkennen, dass, wie es Sören Hettler von der DZ Bank formuliert, der Höhepunkt der Leitzinsanhebungen bereits erreicht ist und in den kommenden Monaten das Tempo der weiter nach oben gerichteten Zinsschritte nachlassen wird. So sei beispielsweise der jüngste Leitzinsschritt der Bank of Canada mit 50 Basispunkten hinter der Konsenserwartung zurückgeblieben. Allerdings konstatiert Hettler bei Lagarde & Co. einen vorsichtigeren Zungenschlag, so dass im Zuge der Dezembersitzung der EZB mit einer geringeren Zinserhöhung zu rechnen sei. Auch hinsichtlich der US-Notenbank seien zumindest die mittelfristigen Erwartungen von Leitzinsanhebungen zuletzt zurückgegangen, woran auch durchwachsene Konjunkturdaten ihren Anteil gehabt hätten.
Rückenwind erführen die Aktien aber nicht nur durch globale Vorgaben. So habe auch die Berichtssaison, die mittlerweile Fahrt aufgenommen habe, an einigen Stellen erfreuliche Akzente gesetzt. Im Euro Stoxx 50 hätten bereits rund die Hälfte der Unternehmen Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt, und sowohl beim Umsatz als auch bei den Gewinnen hätten die positiven Überraschungen überwogen. Im Dax hätten bislang lediglich die Verkaufszahlen mehrheitlich positiv überrascht, allerdings sei der Anteil der Dax-Unternehmen, die bisher ihre Zahlen präsentiert hätten, noch deutlich geringer. Die Erwartungen ebenfalls mehrheitlich übertroffen hätten auch die Unternehmen aus dem amerikanischen Benchmark-Index S&P 500.
Trotz mehrheitlich positiver Überraschungen der Geschäftszahlen werde sich allerdings an der Dominanz der Zins- und Renditeentwicklung vorerst nichts ändern. Für eine nachhaltige Entwarnung am Aktienmarkt sei es angesichts anhaltend hoher Inflationsraten im Euroraum und in den USA noch zu früh.
Andreas Hürkamp von der Commerzbank geht davon aus, dass sich der Dax-Bärenmarkt noch bis in das erste Quartal des kommenden Jahres hinziehen wird. Jedoch lasse das bereits niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Dax von 10 bis 11 und der bereits große Pessimismus der Investoren immer wieder kräftige Zwischenerholungen erwarten. Hürkamp ist ebenfalls der Meinung, dass Spekulationen über langsamere Leitzinserhöhungen und die bislang besser als erwartet ausgefallene Gewinnsaison die Aktienrally angeschoben hätten, hinzu komme zudem der starke Rückgang des Gaspreises.
Mittelfristig aber spreche das sich weiter eintrübende monetäre Umfeld dafür, dass die Aktienmärkte wieder schwächer notieren würden. So weist Hürkamp auf das in den USA geringe Wachstum der Geldmenge M1 hin, das in den vergangenen sechs Monaten von 11% auf 2% eingebrochen sei. Zudem sei auch die US-Zinsstrukturkurve invers. Dies, so mahnt Hürkamp, sei in den vergangenen Konjunkturzyklen häufig ein Warnsignal für die Aktienmärkte gewesen.