Wahlüberraschungen dürften vor allem Rentenmärkte treffen
Politischer Wechsel trifft Rentenmärkte
Aktienmärkte aus Sicht der Deka kaum betroffen – Inflation verlangsamt Zinswende
Ein politischer Richtungswechsel in Frankreich dürfte an den Anleihemärkten dann zu größeren Ausschlägen führen, wenn Zweifel an einer Konsolidierung der Staatsfinanzen aufkommen, meint Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Der Aufschwung am Aktienmarkt ist Sicht des Instituts allerdings aufgrund einer global soliden Konjunktur und guten Gewinnen, die zunehmend die Breite des Marktes erfassen, intakt.
hei Frankfurt
Die Deka bleibt trotz möglicher „Ereignisschocks“ insgesamt optimistisch für die Entwicklung an den Kapitalmärkten. Die Wirtschaftsindikatoren seien zuletzt in eine „Wohlfühlzone“ eingeschwenkt, sowohl was das globale Wachstum von 3,2% als auch die Inflationserwartungen angehe. Auch wenn die Preisentwicklung nicht vollständig vorhersehbar sei und somit das Risiko bestehe, dass von den Märkten erwartete Zinsschritte der EZB und Fed später kämen als gedacht, zählt für Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie, vor allem, „dass der Zinsgipfel auf jeden Fall erreicht ist“. Gerade für deutsche Blue Chips stellt die Wachstumsschwäche hierzulande aus seiner Sicht kein größeres Hemmnis dar, solange wesentliche Weltmärkte wie die USA oder auch China und das restliche Asien wirtschaftlich zulegen.
Schmerzzone erreicht
Während der Aufwärtstrend am Aktienmarkt intakt sei und der Dax am Jahresende laut aktueller Prognose der Deka über der Marke von 19.000 landen dürfte, dürften sich die Anleihemärkte sensibler für politische Veränderungen zeigen. Die derzeit erkennbaren Risikoaufschläge bei französischen Staatsanleihen gegenüber 10-jährigen Bundestiteln könnten zwar eine „vorübergehende Episode“ sein, zeigten allerdings auch „die Schmerzzone der Kapitalmärkte“, so Kater. Er geht davon aus, dass es bei einem politischen Richtungswechsel in Frankreich darauf ankommen wird, dass glaubwürdig vermittelt werden kann, dass die Konsolidierung der Staatsfinanzen im Fokus bleibt. In den zurückliegenden Jahren war es gelungen, die Schuldenlast dank der Inflation real zu mindern. Dieser Weg sei nun aber verbaut.
Ärger in der Finanzetage
„Bei dem gegenwärtigen Ausmaß an unterschiedlichen Einstellungen zur Verschuldung droht neuer Ärger in der Finanzetage des europäischen Hauses“, erklärte Kater, nicht zuletzt mit Blick auf ausufernde Defizite in Italien und Frankreich. Er ließ durchblicken, dass er die gerade eingeleiteten neuen Defizitverfahren der EU-Kommission für „wenig adäquat“ hält, um die Schuldenquoten wirksam einzudämmen. Relativ gelassen betrachtet er dagegen die möglichen Folgen der Präsidentschaftswahlen in den USA für den Staatshaushalt und die Verschuldung. „Die Steuersenkungsmöglichkeiten in den USA sind weitestgehend ausgeschöpft. Andererseits ist klar, dass im Fall des Falles schon geringe Steuererhöhungen ausreichen würden, um den Haushalt zu konsolidieren“, meint Kater mit Blick auf geeignete Beruhigungspillen für die Anleihemärkte, falls ein zu hohes US-Defizit dort Sorgen auslösen sollte.
Bei allem Optimismus gerade für die Aktienmärkte geht der Chefvolkswirt davon aus, dass die Inflationsentwicklung von den Anlegern weiterhin sehr aufmerksam betrachtet wird und diese auch für Signale, die „in die falsche Richtung gehen“, anfällig bleiben. Jüngste Inflationsdaten in der Eurozone und vor allem verschiedene Indikatoren in den USA hatten zuletzt Zweifel genährt, dass die Notenbanken die Zinswende gewissermaßen konsequent und stetig würden umsetzen können. „Die EZB ist schon holprig unterwegs“, befindet der Experte. Man werde sehen, ob sie bei den Zinsschritten einen „quartalsweisen“ Rhythmus beibehalten kann. „Einen Zinsschritt im Juli halten wir jedenfalls für ausgeschlossen“, so Kater.
Trotz möglicher Störfeuer von der Inflations- und Zinsseite betont Schallmayer, dass die meisten Unternehmen diese finanzierungsseitig bisher gut verkraften. Die lange Niedrigzinsphase wurde genutzt, um üppige Liquiditätspolster aufzubauen, die den Firmen einen langen Atem verschafft haben und vielen ermöglichten, in der Hochzinsphase auf teure Anschlussfinanzierungen zunächst zu verzichten. Zugleich zeige sich auch an einem intakten High-Yield-Markt, dass die Kapitalnachfrage gut bedient werde. Aus Anlegersicht sei die Assetklasse weiterhin empfehlenswert.
Big-Tech-Dominanz schwindet
Die Deka unterstreicht ihre Auffassung, dass die Gewinnentwicklung der Unternehmen intakt ist. Vor allem im S&P500 vermindert sich aus Schallmayers Sicht deutlich die Abhängigkeit von den Ertragssprüngen der sogenannten Glorreichen Sieben. Schon vom zweiten Quartal an sollen sich die Gewinnzuwächse von Big Tech einerseits und dem breiten Markt andererseits die Waage halten. Bereits im vierten Quartal rechnet die Deka damit, dass der Ergebniszuwachs zu mehr als zwei Dritteln von Werten jenseits der Glorreichen Sieben kommt. Auf dem falschen Fuß erwischt wurde das Institut bisher bei den Nebenwerten, denen großes Aufholpotenzial vorhergesagt wurde. „Das Vertrauen in die zweite Reihe scheint getrübt“, so Schallmayer nun.