War bei der Commerzbank nicht mal was mit Penny Stock?
Geld oder Brief
War bei der Commerzbank nicht mal was mit Penny Stock?
Alternative Überschrift: Wie der Phönix aus der Asche
Es ist noch gar nicht allzu lange her, da befand sich die Commerzbank im tiefen Tal der Tränen. Die Bank war aus dem Dax abgestiegen, und die Aktie drohte mit einem Kurs von zeitweise nur noch 2,80 Euro zum Penny Stock zu verkommen. Doch dann kam die Zinswende – und die Bank erhob sich wie der Phönix aus der Asche. Wo liegt ihr Limit?
Von Philipp Habdank, Frankfurt
"We are back!" Mit diesen Worten zelebrierte die Commerzbank Mitte Februar ihre langersehnte Rückkehr in den Dax, aus dem sie 2018 hochkant rausgeflogen war. Das tiefe Tal der Tränen haben Bank und Aktionäre dank der Zinswende durchschritten. Die langjährige Restrukturierung der Bank ist größtenteils durch, die Zinserträge sprudeln wie lange nicht, und nach den ersten drei Quartalen steuert die Commerzbank in diesem Jahr immer klarer auf den höchsten Gewinn seit ihrer Teilverstaatlichung zu.
Den Aktionären winken für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 über Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe Gewinnausschüttungen von insgesamt bis zu 3 Mrd. Euro. Ein Aktienrückkaufprogramm von bis zu 600 Mill. Euro hat die Bank bereits bei der EZB angemeldet. Für die Jahre 2025 bis 2027 will die Commerzbank zudem immer mindestens die Hälfte ihres Gewinns ausschütten.
Der Aktienkurs notiert folgerichtig mit rund 11 Euro aktuell so hoch wie letztmals Ende Februar – ehe das Bankenbeben mit den Pleiten mehrerer US-Regionalbanken und die Notübernahme der Credit Suisse durch die Schweizer UBS die Bankenbranche erschütterten, abzulesen an der diesjährigen Entwicklung des Stoxx Europe 600 Banks. Stieg der Bankenindex Anfang des Jahres getrieben von der Zinseuphorie zunächst von 140,4 auf 169,8 Punkte, brach er im März auf 138,8 Punkte ein.
Ziele vorzeitig erreicht
Das gestiegene Zinsniveau ist Balsam für die durch die jahrelange Nullzins-Politik der EZB geschundenen Banken-GuVs. Allen voran die Commerzbank mit ihrem mittelständisch, kreditgeprägten Firmenkundengeschäft ist seit jeher ein Zins-Sensibelchen. Läuft es im Zinsgeschäft, läuft es bei der Commerzbank. Allein in den ersten neun Monaten des Jahres legte der Zinsüberschuss gegenüber dem Vorjahreszeitrum um 43% auf 6,3 Mrd. Euro zu. Die Jahresprognose für den Zinsüberschuss hob die Bank daraufhin nochmal auf mehr als 8,1 Mrd. Euro an.
2023 kann es die Commerzbank dann auch verkraften, dass sie das Geschäftsjahr mit Blick auf den Provisionsüberschuss aller Voraussicht nach unter Vorjahresniveau beenden wird. Denn während die Bank im Einlagengeschäft prächtig verdiente, schwächelten die Gebühreneinnahmen im Wertpapiergeschäft. Unterm Strich erwartet die Commerzbank in diesem Jahr ein Konzernergebnis von rund 2,2 Mrd. Euro – 57% mehr als im Vorjahr.
Die Bank sieht sich mit diesen Zahlen auf einem guten Weg, ihre im Rahmen der Strategie 2024 gesteckten Ziele zu erreichen. Mit einer für dieses Jahr prognostizierten materiellen Eigenkapitalrendite (RoTE) von 7,5% wird die Bank ihr 2024-Ziel von mindestens 7,3% bereits übertreffen. Die erwartete Aufwandsquote (CIR) von 61% liegt nur minimal über dem Planwert von 60%.
Hoffen auf Provisionen
Doch die Erwartungshaltung der Aktionäre an die Commerzbank ist gestiegen. Die Geschichte des Tiefstapelns, um dann mit glänzenden Zahlen die Ziele zu übertreffen, kaufen Investoren der Bank nicht mehr ab. Das verdeutlicht ein Blick auf die Kursreaktionen in diesem Jahr. So ließen rekordverdächtige Halbjahreszahlen die Aktionäre kalt, wohingegen die Ankündigung höherer Ausschüttungen und das Ziel, künftig die Eigenkapitalkosten verdienen zu wollen, die Aktionäre fast schon in Ektase versetzten.
Bei der Präsentation der Geschäftszahlen zum dritten Quartal standen folglich weniger die Zahlen als vielmehr das angekündigte Strategie-Update für die Jahre bis 2027 im Fokus. Die Erträge sollen bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2% auf 12,5 Mrd. Euro zulegen, wobei der Zinsüberschuss nur noch moderat wachsen dürfte. Die Hoffnungen ruhen auf dem Provisionsüberschuss und damit vor allem auf dem Asset und Wealth Management der Bank. Beim Konzernergebnis peilt die Bank 2027 rund 3,4 Mrd. Euro an, bei einer Eigenkapitalrendite von dann 11,5% und einer Aufwandsquote von nur noch 55%.
Neue Strategie weckt keine Fantasie
Neue Kursfantasien löste die Bank mit diesen Plänen bei Investoren nicht aus. Analysten bezeichneten die neuen Ziele teilweise als nicht ambitioniert genug. Fakt ist: Der Rückenwind aus der Zinswende ebbt ab. Stattdessen rücken die damit verbundenen Risiken stärker in den Vordergrund. Analysten von Goldman Sachs nennen beispielsweise höhere operative Kosten, eine verschlechterte Assetqualität sowie ein schlechteres Makroumfeld als Risikofaktoren für die Commerzbank-Aktie.
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat ihren Ratingausblick für die Commerzbank zwar angehoben und lobt den Restrukturierungserfolg der Bank. S&P hält den neuen Strategieplan aber für ambitioniert und weist darauf hin, dass die volle Zielerreichung von Marktbedingungen abhänge, auf die das Management keinen Einfluss habe. Unsicher sei zudem, ob die Bank ihre Provisionseinnahmen substanziell wird steigern können, nachdem diese 2023 gesunken waren.
Rally verliert an Fahrt
Die Analysten von Goldman weisen zudem darauf hin, dass die Annahmen der Commerzbank zu den künftigen EZB-Zinsen deutlich über den jüngsten Markterwartungen lägen. Die Bank unterstellt 4% in den Jahren 2024 und 2025, dann 3,8% im Jahr 2026 und 3,3% im Jahr 2027. Zudem fuße die über den Analystenerwartungen liegende Profitabilitätsprognose der Bank auf einer niedriger erwarteten Eigenkapitalbasis (harte Kernkapitalquote von 13,5% statt 15,1%). Das Zwölf-Monats-Kursziel sehen die Goldmänner bei 14,20 Euro. Mit dem Ende der Zinsparty könnte also auch die Aktienrally der Commerzbank an Fahrt verlieren.