Eila Kreivi, EIB

„Wir streben sehr aktiv den Eintritt in neue Märkte an“

45 Mrd. Euro braucht die EIB in diesem Jahr an Funding-Mitteln. Sehr aktiv will die Bank der EU neue Märkte angehen. Starkes Investoreninteresse besteht am Bereich Sustainability.

„Wir streben sehr aktiv den Eintritt in neue Märkte an“

Kai Johannsen.

Frau Kreivi, welches Refinanzierungsvolumen ist für 2022 geplant, wo stehen Sie mit Ihrem Funding-Fortschritt jetzt, und wie vergleicht sich das mit 2021?

Für 2022 haben wir ein Funding-Programm in Höhe von 45 Mrd. Euro angekündigt. Das ist etwas weniger als im Vorjahr, das wir mit einem Volumen von knapp über 55 Mrd. Euro abgeschlossen haben. Wir hatten vor einem Jahr ein Programm in Höhe von 60 Mrd. Euro angekündigt, aber schließlich war der Bedarf etwas geringer und unser Liquiditätsbestand bereits sehr hoch, so dass wir die restlichen 5 Mrd. Euro nicht benötigten.

Wir befinden uns mitten in der Corona-Pandemie. Wie hat diese Krise Ihre Finanzierung und Ihre Finanzierungsstrategie beeinflusst?

Eigentlich nicht so viel, wie man meinen könnte. Das wichtigste Instrument der EIB zur Bekämpfung der Pandemie war ein Bürgschaftsprogramm in Höhe von 25 Mrd. Euro, das zwar sehr erfolgreich ist, sich aber nicht sehr auf die Cash-flows auswirkt. Gleichzeitig wurden in vielen Fällen Investitionen verschoben, so dass die tatsächlichen Kreditauszahlungen etwas niedriger ausfielen, als noch vor einem Jahr erwartet wurde.

Der Run auf sichere Vermögenswerte hat sich während der Pandemie fortgesetzt. Vor allem langlaufende Anleihen und ultralange Laufzeiten standen vielfach im Fokus der Anleger. Dies gilt auch für 30-jährige Anleihen der EIB. Sind vor diesem Hintergrund Laufzeiten über 30 Jahre für Sie ein Thema?

Da wir Kreditgeber sind und uns um eine Bilanz kümmern müssen, würden wir nur dann substanzielle Kredite mit solch langen Laufzeiten aufnehmen, wenn wir einen entsprechenden Bedarf auf der Aktivseite hätten. Unsere Darlehen haben jedoch in der Regel eine durchschnittliche Laufzeit von sieben bis zehn Jahren, so dass wir nur geringe Beträge in den ultralangen Laufzeiten aufnehmen. Als Intermediär konzentrieren wir uns auch mehr auf das Euribor-Äquivalent unserer Fremdkapitalkosten als auf den festverzinslichen Kupon der Anleihen. Allerdings haben wir auch einige dieser Fixed-Income-Produkte mit längeren Laufzeiten emittiert, um die Nachfrage der Anleger zu befriedigen, aber das ist nicht unser Hauptbetätigungsfeld am Markt.

Der Start ins neue Jahr an den Primärmärkten war sehr beeindruckend. Neue Meilensteine wurden gesetzt und Rekorde gebrochen. Auch die EIB erhielt beeindruckende Orderbücher. Möchten Sie einen Großteil der Refinanzierungsaktivitäten in die erste Hälfte dieses Jahres vorziehen, um von dieser guten Anlegerstimmung zu profitieren?

Die meisten Kreditnehmer nutzen in der Tat gerne die gute Liquiditätssituation in der ersten Jahreshälfte, und wir sind da keine Ausnahme. Tatsächlich neigen wir auch dazu, unsere Finanzierung etwas mehr vorzuziehen als einige Wettbewerber im Markt, aber das Ausmaß hängt auch von der Größe des gesamten Funding-Programms ab. Es ist auch eine Frage der Vorsicht, denn wir wissen, dass es in diesem Jahr Änderungen in der Zentralbankpolitik geben wird, und es werden wichtige Wahlen in Europa stattfinden. Solche Ereignisse führen oft zu Volatilität und Zurückhaltung der Anleger, und wir vermeiden es normalerweise, unter solchen Umständen in den Märkten aktiv sein zu müssen.

Social Bonds und Nachhaltigkeitsanleihen haben in der Krise eine enorme Entwicklung erlebt und stehen heute mehr denn je auf der Agenda vieler Emittenten. Sehen Sie auch mehr Interesse für Ihre Climate Awareness Bonds – CABs – und insbesondere für Ihre Sustainability Awareness Bonds – SABs?

Das tun wir in der Tat. Es gibt nicht nur Interesse für die Anleihen, sondern auch für alle Informationen und die Transparenz, die damit einhergehen. Wir haben einen sehr robusten Rahmen für unsere CABs und SABs, und der Appetit auf all diese Informationen und die Transparenz, wie die Taxonomie-Ausrichtung, scheint nur noch immer weiter zuzunehmen. Wir konnten beide Produkte ausbauen, indem wir neue Bereiche für die Verwendung der Anleiheerlöse hinzufügten, und das neue Bondangebot ließ sich sehr gut platzieren. Es wäre tatsächlich wohl schwieriger gewesen, angesichts dieser Nachfrage nicht zu wachsen.

Wo stehen Sie heute mit Ihren CABs und Ihren SABs?

Die EIB eröffnete ihre Finanzierung in diesem Jahr mit einem neuen Sustainability Awareness Bond in aus­tralischen Dollar, gefolgt von Aufstockungen in Euro und in kanadischen Dollar. Die CAB-2025-Linie ist jetzt mit 2,5 Mrd. kanadischen Dollar die größte ausstehende SSA-Maple-Anleihe. Insgesamt bleibt die Bank mit über 52 Mrd. Euro, die in CABs und SABs emittiert wurden, der größte multilaterale Emittent von grünen und nachhaltigen Anleihen für Entwicklungsbanken. Es ist daher also ein sehr schöner Moment, das diesjährige 15-jährige Jubiläum des ersten CAB zu feiern, der 2007 den Markt für grüne Anleihen aus der Taufe hob.

Planen Sie neue Währungen für Ihre SAB/CAB-Emissionen, nachdem Sie bisher im Wesentlichen im Euro, aber auch schon in anderen Währungen emittiert haben?

Wir streben sehr aktiv den Eintritt in neue Märkte an, um uns weltweit für EU-Standards einzusetzen und zur Diversifizierung des gesamten Finanzierungsmix der EIB beizutragen. Im vergangenen Jahr wurden im Bereich der Nachhaltigkeitsfinanzierung liquide Mittel über die Rekordzahl von 15 Währungen aufgenommen. Sieben der 21 Währungen, in denen die Bank auf der Refinanzierungsseite aktiv ist, wurden ausschließlich im CAB/SAB-Format angeboten, und fünf Währungen wurden zum ersten Mal überhaupt in diesem Format genutzt. Das waren der russische Rubel, der Offshore-Renminbi, der Neuseeland-Dollar, der rumänische Leu und der ungarische Forint. Insgesamt haben wir CABs und SABs in 22 Währungen emittiert – das ist ein Peer-Rekord! Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann können auch in diesem Jahr neue Währungen in das CAB- beziehungsweise SAB-Refinanzierungsprogramm aufgenommen werden.

In der Vergangenheit haben Sie Pläne angekündigt, die Bereiche zu erweitern, in denen Sie die Erlöse von SABs investieren werden. Wo stehen Sie damit jetzt?

Im Einklang mit der Klimabank-Roadmap der EIB haben wir in den vergangenen zwei Jahren sowohl die CAB- als auch die SAB-Auswahlkriterien ausgeweitet, um die fortschreitende Angleichung unserer Green-Finance-Kreditvergabe an die EU-Taxonomieverordnung widerzuspiegeln. Voriges Jahr im Januar markierte der neue SAB in Höhe von 1,5 Mrd. Euro, der 2041 fällig wird, die Ausweitung der SAB-förderfähigen Ziele auf den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme – dies ist ein Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit, das in die EU-Taxonomieverordnung eingebettet ist. Später im Jahr 2021 kündigten wir auch die Ausweitung des Anwendungsbereichs von SABs auf ein neues Ziel der sozialen Nachhaltigkeit an, und zwar auf den Bereich des Zugangs zu sozialem und bezahlbarem Wohnraum.

Die EIB plant bekanntlich, in den lokalen Renminbi-Anleihemarkt einzusteigen. Voriges Jahr haben Sie gesagt, dass hier noch einige regulatorische Aspekte zu klären sind. Wie ist nun der aktuelle Stand: Sind Sie jetzt am lokalen Renminbi-Anleihemarkt aktiv?

Wir sind in diesem Markt noch nicht aktiv, es gab in den vergangenen zwölf Monaten kaum Fortschritte in dieser Hinsicht.

Wie ist der aktuelle Stand Ihrer ECoop Bonds heute, und was sind Ihre Pläne für 2022 in diesem Segment?

Wie in den Vorjahren hat das ECoop-Programm der Bank auch 2021 seine Rolle als Ergänzung zum EARN-Benchmark-Programm der EIB erfüllt, indem es den Markt in suboptimalen Zeiten für Emissionen von Benchmarks bediente, und das mit Nicht-Benchmark-Laufzeiten. In diesem Zusammenhang wurden in der jüngeren Vergangenheit in diesem Format jährlich durchschnittlich rund 3 bis 4 Mrd. Euro an Funding-Mitteln aufgenommen, verteilt auf in etwa zehn Transaktionen. 2022 sind wir hier auch aktiv und haben bislang in diesem Segment zwei Emissionen mit einem Gesamtbetrag von 750 Mill. Euro gebracht. Mit Blick auf das Jahr 2022 wird die Bank ihre ECoop-Emission weiterhin auf die Art und Weise ausrichten wie in den Vorjahren auch schon, das heißt, sich auf die Optimierung der Emissionskosten konzentrieren, auf die spezifische Nachfrage der Anleger reagieren und versuchen, Emissionsfenster außerhalb der Benchmarks zu nutzen be­ziehungsweise bestimmte Laufzeiten zu bringen.

Wie hoch ist das ausstehende Anleihevolumen der EIB insgesamt? Wie war die Emissionsallokation in Ihren Hauptemissionswährungen Euro, Dollar und Pfund Sterling im Jahr 2021, und können Anleger mit dieser Allokation auch in diesem Jahr rechnen?

Ende 2021 hatten wir Bonds im Umfang von insgesamt 440,1 Mrd. Euro ausstehen. Auf die Emissionen in den Hauptwährungen der EIB – Euro, Dollar und Pfund – entfielen zusammen 88% des im Jahr 2021 aufgenommenen Gesamtvolumens. 90% waren es im Jahr 2020. Aus Produktsicht wurden 53% des ge­samten Refinanzierungsprogramms im Euro- und Dollar-Benchmark-Format begeben gegenüber 59% im Jahr zuvor. Ein Rekordanteil von 21% wurde durch CABs und SABs aufgebracht – eine deutliche Steigerung gegenüber 2020, als es ein Anteil von 15% war. Der Anteil der über die drei größten Währungen aufgenommenen liquiden Mittel ist im Laufe der Zeit relativ stabil, obwohl gewisse Verschiebungen innerhalb dieser drei Währungen auftreten, abhängig von den relativen Kosten oder der Laufzeitverfügbarkeit.

Die Anleihekäufe der EZB haben sich im vergangenen Jahr intensiviert, mit anhaltenden Liquiditätseffekten für die Anleihemärkte. Sind Sie und Ihre Investoren noch zufrieden mit der Liquidität der EIB-Anleihen?

Ja, ich denke, das ist der Fall. Die beste Liquidität ist heutzutage in den Primärmärkten, also bei den neuen Emissionen vorzufinden. Anschließend nimmt die Liquidität dann tendenziell relativ schnell ab. Dies gilt aber nicht nur für uns, sondern für jeden Emittenten und jede Anleihe.

Das Interview führte

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