Zinssenkungen unterstützen Industriemetalle
Zinssenkungen unterstützen 2024 Industriemetalle
Schwache Konjunktur gilt aber als Belastungsfaktor – Analysten erwarten Preisanstieg bei Kupfer
Nach einem enttäuschenden Jahr für Anleger an den Märkten für Industriemetalle rechnen Analysten für 2024 mit einer gewissen Erholung der Preise, getragen unter anderem von den Zinssenkungen der großen Notenbanken. Allerdings dürfte die weltweit verhaltene Konjunkturentwicklung den Preisanstieg bremsen.
ku Frankfurt
Aus Anlegersicht hat die Performance der Industriemetalle im abgelaufenen Jahr enttäuscht. Während beispielsweise Gold oder auch die Aktienmärkte deutliche Kursgewinne verzeichnen konnten, sah es bei dieser für die Weltwirtschaft wichtigen Rohstoffgruppe eher mager aus, obwohl viele Analysten langfristig kräftige Preisanstiege oder sogar einen Superzyklus erwartet hatten. So hat es beispielsweise 2023 bei Nickel einen Preiseinbruch um mehr als 40% gegeben, bei Zink um mehr als 15% und bei Aluminium und Blei von rund 4%.
Für das neue Jahr sind viele Analysten etwas positiver eingestellt, was die Aussichten für die Metalle betrifft. Dafür spricht, dass im gerade begonnenen Jahr die amerikanischen Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank den Einstieg in die Zinssenkungen vornehmen dürften, was der globalen Konjunktur und der Nachfrage nach den Metallen ein wenig auf die Sprünge helfen könnte. Zudem hat die chinesische Regierung deutlich gemacht, dass sie der heimischen Konjunktur stärker unter die Arme greifen will, wobei China für die Metalle der mit Abstand wichtigste Markt ist.
Schwäche des Bausektors
Was Kupfer als das wohl wichtigste Industriemetall betrifft, so gehen die Analysten der Commerzbank für das neue Jahr von einem allmählichen Anstieg des Kupferpreises von aktuell rund 8.500 Dollar je Tonne bis 9.200 Dollar zum Jahresende aus. Dies wäre immerhin ein Anstieg um rund 8%. Aktuell stellt nach Überzeugung der Experten der Bank die Schwäche des Bausektors eine gewisse Belastung dar, entfällt auf diesen doch nach den Angaben der International Copper Study Group (ICSG) rund ein Viertel der Endnachfrage. Die Nachfrage im wichtigsten Markt China habe sich bislang als robust erwiesen, so seien die Importe von unverarbeiteten Kupfer in den ersten sieben Monaten des Jahres um immerhin 35% gestiegen und hätten im November ein Jahreshoch erreicht.
Ähnlich sind die Prognosen der japanischen Großbank Mitsubishi UFG. Sie sehen den Kupferpreis im vierten Quartal 2024 bei 9.150 Dollar. Sie weisen allerdings darauf hin, dass die Unsicherheit hinsichtlich der globalen Konjunkturerholung als Damoklesschwert über dem Kupferpreis schwebe. Insofern bleibe der kurzfristige Ausblick hinsichtlich der Nachfrage angesichts der Rezessionsängste schwach. Im Jahresverlauf würden die Zinssenkungen der Fed und ein damit verbundener schwächerer Dollar aber den Kupferpreis antreiben. Die Perspektive einer in den ersten Monaten eher verhaltenen Preisentwicklung bei Kupfer erscheint auch dadurch wahrscheinlich, da die Kupfervorräte in den Lagerhäusern der London Metal Exchange im Verlauf des vergangenen Jahres spürbar gestiegen sind (vgl. Grafik). Außerdem rechnet die ICSG für das laufende Jahr mit einem deutlichen Angebotsüberschuss auf dem Weltmarkt von 467.000 Tonnen, was die größte Überversorgung des Marktes seit 2014 darstellen würde. Diese Prognose stammt freilich noch aus dem Oktober, seither hat sich einiges geändert. So könnte die nach Protesten der Öffentlichkeit erwarteten Schließung einer großen Kupfermine in Panama das erwartete Überangebot verkleinern.
Großer Gewinner
Langfristig, so sind sich fast alle Analysten einig, dürfte Kupfer der große Gewinner der grünen Transition und des von ihnen erwarteten Siegeszugs der Elektromobilität sein, weshalb längerfristig mit einem ausgeprägten Preisanstieg zu rechnen sei. Diese Perspektive ist allerdings mit Fragezeichen zu versehen, da ein starker Anstieg der Metallpreise den Siegeszug der Elektromobilität gefährden könnte und weil eine umweltfreundlichere Kupferproduktion deutlich teurer ausfallen würde als die bisherige Förderung.
Aluminium, das derzeit bei knapp unter 2.300 Dollar je Tonne notiert, wird von den Experten der Commerzbank am Ende des laufenden Jahres bei 2.800 Dollar gesehen. Auch hier könnte man nicht von einer ausgeprägten Nachfrageschwäche in China als dem wichtigsten Markt sprechen. So befänden sich die Importe unverarbeiteten Aluminiums aktuell nur knapp unter dem Rekordhoch aus dem Jahr 2009. Dass der Aluminiumpreis bislang trotz seines Anstiegs im Dezember nicht noch stärker habe steigen können, liege vor allem daran, dass die Elektroautobranche als strategisch wichtiger Nachfragesektor 2024 weniger stark zulegen dürfte als in den beiden vergangenen Jahren. Dies führen die Analysten darauf zurück, dass auch die Regierung in Peking ihre Subventionen für Elektroautos deutlich zurückgefahren habe. Im Gegensatz zu anderen Metallen ist aber kein starker Anstieg der Lagerbestände im Verlauf des vergangenen Jahres festzustellen.
Bei Mitsubishi UFG werden die Perspektiven des Aluminiummarktes noch etwas verhaltener eingeschätzt. Der Preis für das Leichtmetall wird im vierten Quartal bei 2.250 Dollar gesehen, damit leicht unter dem aktuellen Niveau und unter dem Konsens der Analysten für das Jahresende 2024 von 2.365 Dollar. Die in Dubai ansässigen Analysten erwarten, dass das Wachstum des Angebots etwas stärker ausfallen werde als der Anstieg der Nachfrage, die unter der Schwäche der verarbeitenden Industrie und des Baugewerbes leide. Längerfristig sei allerdings davon auszugehen, dass auch Aluminium von der Elektromobilität profitiere.
Kräftiges Wachstum
Der größte Verlierer des vergangenen Jahres, nämlich Nickel, soll nach Einschätzung der Commerzbank 2024 eine gewisse Erholung erfahren, nämlich ausgehend von aktuell gerade einmal 16.000 Dollar je Tonne auf 20.000 Dollar zum Jahresende – wobei allerdings anzumerken ist, dass der Nickelpreis 2023 kurzzeitig ein Niveau von 30.000 Dollar gesehen hatte. Hauptursache für den starken Preisrückgang ist das kräftige Angebotswachstum im wichtigsten Produzentenland Indonesien. Nach Einschätzung der International Nickel Study Group ist dort die Produktion zwischen Anfang 2020 und Anfang 2023 um mehr als 200% gesteigert worden, wie die Experten der Commerzbank anmerken. Im laufenden Jahr stelle Indonesien rund 40% der weltweiten Primärproduktion. Allerdings hält man in der Bank den Preisverfall für übertrieben, weil sich der Angebotsanstieg hauptsächlich auf Nickel der Klasse 2 (weniger als 99,8% Nickelanteil) erstrecke, während die London Metal Exchange und auch die Börse in Schanghai nur Nickel der Klasse 1 (mindestens 99,8% Nickelanteil) akzeptiere, weshalb deren Vorräte kaum gestiegen seien.
Indonesien zeigt sich robust
Auch hinsichtlich der Preisentwicklung bei Nickel ist man bei Mitsubishi UFG zurückhaltender, mit einer Prognose für das Jahresende von nur 16.850 Dollar. Sie begründen dies vor allem mit einer weiter robusten Entwicklung der Produktion in Indonesien und damit, dass der Nickelpreis nun auf das Niveau von vor dem Beginn der starken Preisfluktuationen am Nickelmarkt im März 2022 zurückgekehrt sei.
Anstieg der Lagerbestände
Verhalten werden die Aussichten für die Preisentwicklung bei Zink eingeschätzt. Die Commerzbank erwartet den Preis des Metalls, der aktuell bei rund 2.515 Dollar je Tonne liegt, per Ende 2024 bei 2.700 Dollar. Mitsubishi UFG geht sogar nur von 2.490 Dollar aus. Bei dem Metall hat es zum Ende des Jahres hin einen sehr stark ausgeprägten Anstieg der Lagerbestände gegeben (vgl. Grafik). Laut Einschätzung der Analysten drückt die verhaltene Nachfrage auf den Preis, wobei die Bauindustrie hier von Bedeutung sei. Zink sei kein Metall, das mit der grünen Transition verbunden sei, daher sei ein Aufleben der Industrienachfrage von zentraler Bedeutung. Zwar hätten Schließungen und Produktionsunterbrechungen das Angebotswachstum auf Ebene der Minen bereits deutlich gebremst. Nun komme es allerdings noch darauf an, dass es auch auf Ebene der Zinkverarbeitung zu Werksschließungen komme. Solange es aber letztlich nicht zu einem Wiederanstieg der Nachfrage nach dem Metall komme, sei nicht mehr als eine Seitwärtsbewegung des Zinkpreises zu erwarten, so die Analysten von Mitsubishi UFG.
Prognosen unter Vorbehalt
Allerdings stehen sämtliche Prognosen unter einem Vorbehalt: Geopolitische Verwerfungen könnten auch hier für starke Preisanstiege sorgen. Dies würde in erster Linie den Markt für Aluminium betreffen, auf dem es bislang keine Restriktionen für russisches Aluminium gibt. Sollte der Westen seine Sanktionen auf das Leichtmetall ausdehnen, wäre ein kräftiger Preisanstieg in den Karten. Auch bei anderen Metallen wären starke Preisveränderungen denkbar, wie es sie in den vergangenen Jahren in einzelnen Fällen gegeben hat, was zumeist auf politische Markteingriffe in wichtigen Produzentenländern zurückzuführen war. Insofern dürfte die Märkte für Industriemetalle im laufenden Jahr interessant bleiben.