Konjunktur

Chinas Covid-Politik erstickt Konsumkräfte

Chinas Konjunktur zeigt sich auch im Oktober von der Coronapolitik negativ erfasst. Erstmals seit dem Lockdown in Schanghai ist der Konsum wieder rückläufig, während eine beginnende Exportschwäche auf dem Industriesektor lastet.

Chinas Covid-Politik erstickt Konsumkräfte

nh Schanghai –

Harte Restriktionsmaßnahmen in Antwort auf gesteigerte Corona-Fallzahlen haben Chinas Konjunkturdynamik im Oktober einen erneuten Dämpfer verpasst, der den Prognosen der Regierung für einen signifikanten Aufschwung im laufenden vierten Quartal zuwiderläuft. Zwar gelingt es China mittlerweile selbst bei harten Lockdown-Maßnahmen in Ballungsgebieten, wichtige Industriebetriebe durch die Internierung von Werksarbeitern am Laufen zu halten und Produktionsunterbrechungen zu minimieren, im Einzelhandels- und Dienstleistungssektor jedoch führt die sogenannte Zero-Covid-Politik weiterhin zu ge­waltigen Verwerfungen und trübt das Konsumklima immer weiter ein. Im Oktober ist es nun sogar erstmals seit der Lockdown-Phase in Schanghai vom Frühjahr wieder zu einem landesweiten Rückgang der Einzelhandelsumsätze gekommen.

Nach Angaben des Pekinger Statistikbüros fielen die Umsätze im Retailsektor um 0,5% gegenüber Vorjahresmonat zurück, damit wurden die bereits sehr pessimistisch gehaltenen Prognosen der Analysten noch deutlich verfehlt. So hatten die Experten noch mit einem leichten Anstieg um 0,7% gerechnet. Trotz laufender Ankündigungen der Regierung und der in Staatsdiensten stehenden China-Ökonomen, dass der chinesische Binnenkonsum vor einer kräftigen Wachstumserholung steht, zeigt sich das Verbraucherklima nach neuerlichen Restriktionswellen seit Sommer immer weiter eingetrübt.

Nach Aufhebung des zweimonatigen Lockdowns in Schanghai hatte sich der Konsum zwar sukzessive wieder erholen können und kam im August auf ein Wachstum von mehr als 5%. Für September fiel die Anstiegsrate allerdings bereits wieder deutlich auf 2,8% zurück. Vor der Pandemie indes wiesen Chinas Einzelhandelsumsätze in der Regel Wachstumsraten von 8% und mehr auf. Die eindeutig auf die chinesische Coronapolitik rückführbare Schwäche der chinesischen Binnennachfrage dürfte auch den Ausschlag gegeben haben, dass die Behörden Ende vergangener Woche eine sehr selektive Lockerung von Quarantäne­bestimmungen, Kontaktverfolgungsmaßnahmen und Testverfahren angekündigt hatten.

Manche werten die Ankündigung als Anzeichen für eine Bereitschaft Pekings zu einem graduellen Ausstieg aus der sogenannten Zero-Covid-Strategie. Diese Sichtweise hat zwar eine gewaltige Rally am Aktienmarkt ausgelöst, allerdings betonen China-Ökonomen, dass es frühestens im März nach dem jährlichen Volkskongress zu einer echten Wende in der Coronapolitik kommen dürfte. Gegenwärtig indes lassen rapide ansteigende Fallzahlen in der besonders wirtschaftsstarken Provinz Guangdong eher befürchten, dass eine neue Welle von partiellen Lockdowns in Großstädten die Wirtschaft im Schlussquartal weiter abbremst.

In Verbindung mit einem bereits deutlichen Schwungverlust in der chinesischen Exportwirtschaft, der vor allem auf eine Abkühlung der globalen Nachfrage zurückgeht, droht auch im chinesischen Industriesektor eine weitere Eintrübung. Im Oktober legte der chinesische Indus­trie-Output zwar um 5% zu und lag damit nur geringfügig unter der Konsensschätzung von 5,3%, allerdings sieht man bereits eine Entschleunigungstendenz. Im September war die Industrieproduktion noch um 6,3% gegenüber dem Vorjahr geklettert. Der neuerliche Abschwung dürfte dabei vor allem auf den Automobilsektor zurückgehen, nachdem sich ein regelrechter Pkw-Absatzboom in den Sommermonaten nun wieder zu legen beginnt und Corona-Restriktionen auch wieder verstärkt zu Lieferkettenstörungen führen.

Bei den chinesischen Anlageinvestitionen, die jeweils für das aufgelaufene Jahr berechnet werden, zeigt sich ebenfalls eine leichte Wachstumsabschwächung. Das sogenannte Fixed Asset Investment ist in den ersten zehn Monaten um 5,8% gegenüber der Vorjahresperiode gesunken, im September stand man bei 5,9%. Während die Regierung die Ausgaben für öffentliche Infrastrukturprojekte weiter ankurbelt, fallen die In­ves­titionen im von extremen Verschuldungsproblemen gekennzeichneten Immobiliensektor weiter zu­rück und liegen für das aufgelaufene Jahr nun um 8,8% gegenüber Vorjahr zurück.

In den vergangenen Tagen hatte die Pekinger Regierung im Verbund mit den Finanzregulatoren eine Unterstützungskampagne für den Immobiliensektor ausgerufen, die zu einer Linderung der Liquiditätsklemme und Finanzierungsprobleme der privaten Immobilienentwickler führen soll. Ökonomen betonen, dass das zwar einen wichtigen Beitrag leistet, um die gedrückte Stimmung aufzuhellen, andererseits aber nur mit einem erheblichen Timelag zu einer Stabilisierung der Immobilieninvestitionen führen dürfte.

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