Verbraucherpreise

Deutsche Teuerung schwächt sich ab

Die Teuerungsrate in Deutschland ist zwar leicht zurückgegangen. Ob der Zenit schon überschritten ist, bleibt unter Experten aber umstritten. Die Stimmen aus dem EZB-Rat zu weiteren Zinsschritten weisen daher in unterschiedliche Richtungen.

Deutsche Teuerung schwächt sich ab

ms Frankfurt

Die Inflation in Deutschland hat sich im November etwas abgeschwächt, verharrt aber auf sehr hohem Niveau. Die Frage, ob bereits der Höhepunkt bei der Teuerung erreicht ist, ist nach wie vor umstritten. In jedem Fall zeichnen sich auch für die nächsten Monate weiter sehr hohe Inflationsraten ab. Der Druck auf die Politik, für Entlastungen der Menschen und Unternehmen zu sorgen, dürfte ebenso bleiben wie jener auf die Europäische Zentralbank (EZB), die Leitzinsen weiter kräftig anzuheben.

Die Inflation in Deutschland war im Oktober auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten geklettert – befeuert insbesondere durch den Ukraine-Krieg und die dadurch ausgelöste Energiekrise. Aber auch vor Kriegsausbruch hatte sie bereits kräftig angezogen. Für die Menschen und die Euro-Wirtschaft ist sie längst das größte Sorgenkind. Die Bundesregierung hat unlängst einen 200-Mrd.-Euro-Abwehrschirm gegen die hohen Energiekosten aufgespannt. Die EZB hat ihre Leitzinsen seit Juli um 200 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Zugleich nimmt aber die Rezessionsgefahr zu.

In Deutschland nun gab die Inflation im November ein wenig nach – von zuvor 11,6% auf 11,3% in EU-harmonisierter Rechnung (HVPI). Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung mit. In nationaler Rechnung ging die Teuerung von zuvor 10,4% auf 10,0% zurück. Zuvor war sie drei Monate in Folge gestiegen. Die 10,4% im Oktober waren die höchste Rate seit 1951. Analysten hatten für November eine unveränderte Rate erwartet. Gegenüber Oktober sanken die Verbraucherpreise um 0,5% – auch das stärker als erwartet. Hintergrund der Abschwächung waren insbesondere sinkende Preise für Benzin, Diesel und Heizöl.

Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank, sprach von einem „Lichtblick im Herbstnebel“. „Ein Silberstreif am Horizont“, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. „Mit Glück haben wir den Inflationsgipfel hinter uns.“ Ob der Höhepunkt bereits erreicht ist, ist aus Sicht vieler Ökonomen aber fraglich. Manche rechnen erst um den Jahreswechsel damit. Zu Jahresbeginn dürfte es dämpfende Basiseffekte bei den Energiepreisen geben. Dann greift auch die avisierte Gas- und Strompreisbremse. Wie sich diese genau zeigt, ist aber noch offen.

Die Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib, warnte denn auch vor verfrühtem Optimismus. So spreche etwa die Erzeugerpreisinflation von weiter sehr hohen 35% dafür, „dass sich dies noch für einige Monate auch in sehr hohen Verbraucherpreisinflationsraten widerspiegeln könnte und wir es mit einem Plateau hoher Inflationsraten zu tun haben“. „Mit einer Entspannung rechne ich erst mit Ende der Heizperiode und wenn die Entlastungsmaßnahmen der Regierung ihre Wirkung zeigen“, so Köhler-Geib. In Deutschland werde auch 2023 die Inflation deutlich erhöht bleiben, selbst wenn sie im Laufe des Jahres einen Abwärtstrend aufweist. Die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel werde wahrscheinlich ebenfalls über 2% bleiben und bis Ende 2023 die Gesamtinflationsrate sogar übersteigen.

„Für die Notenbanken ist deshalb ,Kurs halten‘ das Gebot der Stunde“, sagte Köhler-Geib. „In Abwägung der Risiken würde ein erneutes Unterschätzen des Inflationsdrucks langfristig mehr Wohlstand kosten.“ Die EZB steht am 15. Dezember vor einer wegweisenden Zinssitzung. Dann muss sie zum einen entscheiden, wie es mit den Leitzinsen weitergehen soll. Zum anderen geht es um den Abbau der EZB-Bilanz, die durch die Anleihekaufprogramme der vergangenen Jahre extrem aufgebläht ist.

Zuletzt hatten sich unterschiedliche Sichtweisen zu Inflation und Zinsen in der EZB offenbart. Sinnbildlich standen dafür Aussagen von EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. Während Schnabel vor Inflationsrisiken warnte und sagte, dass es noch keinen Spielraum gebe, sich von den starken Zinserhöhungen abzukehren, dämpfte Lane Inflationssorgen etwas und erklärte, dass zumindest für Anhebungen um 75 Basispunkte – wie zuletzt zweimal in Folge – seiner Ansicht nach keine Grundlage mehr bestehe.

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