Ein Etappensieg für Powell
So enttäuschend der überraschend starke Anstieg sein mag, der im Januar bei den US-Verbraucherpreisen gemessen wurde, darf dieser nicht überbewertet werden. Zum einen deswegen, weil der PCE-Deflator – und nicht der aktuelle CPI – das bevorzugte Inflationsmaß der US-Notenbank ist. Natürlich schauen Jerome Powell und seine Kollegen im Offenmarktausschuss (FOMC) sehr genau auf die Verbraucherpreise, und die jüngsten Zahlen dürften sichergestellt haben, dass sie in fünf Wochen ein weiteres Mal an der Zinsschraube drehen werden. Davon war aber auch ohne den jüngsten CPI auszugehen. Dieser hat lediglich die Wahrscheinlichkeit erhöht.
Unterdessen darf ein Monatsbericht nicht über den zugrundeliegenden Trend hinwegtäuschen, der nahezu durchweg positiv ist. Schließlich sind die Jahresraten auf den tiefsten Stand seit dem letzten Quartal 2021 gefallen. Noch im vergangenen Juni bewegte sich der CPI fast im zweistelligen Bereich und nähert sich nun der Marke von 6%. Das ist natürlich nach wie vor viel zu hoch, beweist aber zugleich, dass die aggressiven Zinsschritte seitens der Fed Wirkung gezeigt haben und die bereits eingeläutete Kursentschärfung angemessen ist.
Folglich wird bis zur nächsten FOMC-Sitzung von Powell und anderen US-Notenbankern derselbe Refrain zu hören sein, den sie seit Wochen wiederholen, dass nämlich der disinflationäre Prozess begonnen hat, das Inflationsziel von 2% aber noch in relativ weiter Ferne liegt. Möglich ist daher, dass die Fed sich veranlasst sehen wird, die Zügel straffer zu ziehen, als die Märkte derzeit eingepreist haben. Damit würde sich der oberste Währungshüter aber auf Glatteis begeben. Schließlich hatte er lange Zeit die Inflation als „temporär“ verharmlost und mit Zinserhöhungen gezaudert. Wenn er nun den Bogen in die andere Richtung überspannen sollte, würde Powell das Risiko eingehen, die angenehmste Begleiterscheinung seiner nunmehr moderateren Zinspolitik aufs Spiel zu setzen, nämlich jene „weiche Landung“, die sich in den USA abzeichnet.
Schließlich hieß es noch gegen Ende 2022, dass eine Rezession unvermeidbar sein werde – wegen der steigenden Zinsen, hoher Energiepreise, Konjunkturschwäche bei Partnerländern, geopolitischer Unruhen und der Residualeffekte der Lieferkettenstörungen. Doch das Blatt hat sich gewendet. In den beiden vergangenen Quartalen legte die annualisierte Wirtschaftsleistung um 3,2% und 2,9% zu. Von einer Rezession ist kaum noch die Rede. Diesen Etappensieg, den Powell auch für sich in Anspruch nehmen kann, sollte er jetzt nicht aufs Spiel setzen.