Entschieden wird in Brüssel
Am vergangenen Samstag kam es zu einem der wenigen schönen Momente von Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach in diesem Jahr. Im Beisein von Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Finanzminister wurde das erste LNG-Terminal Deutschlands feierlich eröffnet. In Rekordzeit ist hierzulande ein Infrastrukturgroßprojekt fertiggestellt worden. Entsprechend groß fiel das gegenseitige Schulterklopfen aus.
Doch schon am Montag holte Maubach die traurige Realität wieder ein. Von Alltag zu sprechen, verbietet sich, war 2022 doch gerade für Uniper alles andere als alltäglich. Im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung galt es, den Aktionären nicht nur den Verlust der Hälfte des Grundkapitals zu erklären, sondern zugleich die Verstaatlichung des Unternehmens zu besiegeln. Das ist erwartungsgemäß mit den Stimmen des finnischen Großaktionärs Fortum gelungen. Wie schmerzlich der Rückgriff auf Geld des Steuerzahlers ist, daran ließ Maubach keine Zweifel. Zumindest aber musste der Uniper-Chef den Aktionären nicht von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten, fand die Veranstaltung doch im virtuellen Format statt.
Zwar hat es Uniper geschafft, die aktienrechtlich vorgeschriebene Hauptversammlung zur Verlustanzeige mit jener zum Einstieg des Staates zusammenzulegen. Nicht gelungen ist es jedoch, aus Brüssel die beihilferechtliche Genehmigung für die bis zu 33 Mrd. Euro schweren Kapitalspritzen zeitgerecht einzuholen. Grünes Licht von der EU-Kommission wird noch vor Weihnachten erwartet. Erst danach ist der Weg für den Bund zum Einstieg frei. Ohne die Genehmigung aus Brüssel fehlt jedoch auch Klarheit darüber, wie stark das Geschäft von Uniper beschnitten wird. Davon hängt aber ab, ob Uniper langfristig eine Zukunft beschieden ist oder ob der Staatseinstieg der Anfang vom Ende ist.
Keine Frage, dass Uniper möglichst wenig gewinnbringendes Geschäft abgeben möchte, ist die künftige Ertragskraft mit dem Verlust des Russlandgeschäfts doch ohnehin schon um ein Drittel geschmälert. Am Ende aber werden die Antragsteller jedweden Auflagen zustimmen, denn die Alternative hieße Insolvenz. Diese aber gilt es aufgrund der Kettenreaktionen im deutschen Energiemarkt um jeden Preis zu verhindern.
Die Verstaatlichung ist aber auch aus Sicht der Minderheitsaktionäre desaströs. Denn der Bund wird die neuen Aktien zum Mindestausgabepreis von 1,70 Euro zeichnen, ein Squeeze-out und damit eine Barabfindung für den Streubesitz, der sich nach dem Staatseinstieg auf etwa 1 % belaufen wird, ist dagegen nicht geplant. Seit Jahresbeginn hat die Aktie bereits 90 % an Wert verloren. Für die Minderheitsaktionäre hieße die Alternative jedoch Totalverlust.
Frohlocken kann dagegen die finnische Fortum, die vor dem Staatseinstieg gut 80 % der Anteile hält. Der Konzern bekommt nicht nur seine Beteiligung zu 1,70 Euro je Aktie abgekauft, sondern erhält auch Gesellschafterdarlehen und Garantien im Umfang von 8 Mrd. Euro zurück. On top haben sich die Finnen ein Vorkaufsrecht für die schwedischen Wasserkraft- und Kernkraft-Geschäfte gesichert. Zwar hegt Uniper keine Verkaufsabsichten, das letzte Wort hierzu wird jedoch in Brüssel gesprochen.