Firmenlenker halten an Übernahmen fest
Steigende Inflationsraten, Zinswende und die konjunkturelle Talfahrt haben das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen im vergangenen Jahr beeinträchtigt. Das globale M&A-Volumen schrumpfte um 36 % auf 3,8 Bill. Dollar, geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company hervor. Die Unternehmensbewertungen seien im Jahresverlauf über alle Branchen hinweg gesunken.
Ungeachtet der schwachen Konjunktur und hoher Unsicherheit blieben Zukäufe aber integraler Bestandteil der Strategie, unterstreicht Bain und beruft sich auf eine Befragung von 300 M&A-Verantwortlichen. 80 % planten, im Jahr 2023 gleich viele oder mehr Transaktionen zu tätigen im Vergleich zu 2022.
Gerade beim Eintritt in neue Märkte sollten Firmenverantwortliche gezielte Akquisitionen in ihre Überlegungen einbeziehen, rät Bain. Das sei oft günstiger und zeitsparender, als die erforderlichen Kompetenzen und Teams im eigenen Haus aufzubauen.
Die Bewertungen sind den Angaben zufolge auf ein Ebitda-Multiple von 11,9 (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zu Unternehmenswert) bei strategischen Transaktionen gesunken – der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Insbesondere Technologie- und Healthcare-Firmen hätten sich nur mit einem hohen Abschlag gemessen an 2021 veräußern lassen.
Bain sieht die niedrigen Bewertungen als Chance für mutige Unternehmen, jetzt zu günstigen Konditionen ihr Kerngeschäft zu stärken oder neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche werde die Basis gelegt für einen Wettbewerbsvorsprung im nächsten Konjunkturzyklus, sagt Partner Tobias Umbeck. Unternehmen mit mindestens einer Akquisition in der Rezession 2008/09 hätten ihre Aktienrendite in den darauffolgenden Jahren deutlich schneller gesteigert als inaktive Wettbewerber. Das zeige eine Auswertung von Daten von 3 000 Unternehmen.
Nach dem Höchststand von 5,9 Bill. Dollar im Jahr 2021 fiel das globale Dealvolumen laut Bain auf das Niveau der „guten M&A-Jahre 2016 bis 2020“ zurück (siehe Grafik). Knapp 70 % der Transaktionen seien auf strategische Käufer entfallen. Deutsche Unternehmen hielten sich vergleichsweise stark mit Zukäufen zurück. Das Volumen ihrer Deals sei binnen Jahresfrist um gut die Hälfte auf 77 Mrd. Dollar geschrumpft, was Bain mit den rasant steigenden Energiepreisen in Verbindung bringt.
Des Weiteren beobachtet die Unternehmensberatung eine Verlagerung weg von Megadeals hin zu kleineren Übernahmen. Die Zahl der Transaktionen strategischer Käufer sei lediglich um 9 % und damit um deutlich weniger als das M&A-Volumen gesunken.
Neben der Markterschließung sei Nachhaltigkeit ein Treiber des M&A-Geschäfts. Inzwischen sei bei jeder zehnten Übernahme Nachhaltigkeit ein wesentlicher Faktor. Dekarbonisierung und der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft könnten in vielen Fällen schneller und effektiver über Zukäufe erreicht werden. Dieser Trend werde sich verstärken, ist Bain-Partner Umbeck überzeugt.