Große Beton-Fusion kommt voran
cru Frankfurt
Das frühere Bauchemiegeschäft von BASF, die heutige MBCC Group aus Mannheim, bekommt neue Eigentümer. Das vom britischen Milliardär Jim Ratcliffe aufgebaute Chemieunternehmen Ineos aus London hat jetzt Teile des im Jahr 2021 vom Schweizer Bauchemiekonzern Sika übernommenen Herstellers von Betonzusatzstoffen von Sika gekauft. Damit werden die Auflagen der Kartellwächter für die insgesamt 5,5 Mrd. sfr schwere Übernahme der MBCC Group durch Sika erfüllt – und der Weg für die Fusion ist frei.
Ineos setzte sich mit dem Deal gegen Private-Equity-Firmen wie Cinven, CVC Capital Partners und Clayton, Dubilier & Rice durch. Offenbar konnten die Briten mehr bieten, weil sie eher Synergien erzielen können als die Finanzinvestoren, die zudem noch dadurch gehemmt werden, dass das bis vor kurzem billige Fremdkapital nun knapper und teurer wird. Die an Ineos verkauften Teile der MBCC Group werden laut Finanzkreisen bei dem Deal mit etwa 750 Mill. Dollar bewertet.
Eine Ineos-Tochtergesellschaft von Ratcliffes Firma übernehme das Zusatzmittelgeschäft der MBCC-Gruppe in den USA, Kanada und Europa, einschließlich Großbritanniens, sowie das gesamte Geschäft in Australien und Neuseeland, teilte Sika am Montag mit. Die verkauften Unternehmensteile erwirtschafteten bis Ende 2022 einen Nettoumsatz von rund 920 Mill. sfr (995 Mill. Dollar), wie aus der Erklärung hervorgeht. Einzelheiten zum Kaufpreis wurden nicht bekannt gegeben.
Unter den Top-10-Deals
Sika veräußert die Vermögenswerte in dem Bestreben, die behördliche Genehmigung für die bisher größte Transaktion in der Unternehmensgeschichte zu erhalten – die Übernahme des deutschen Konkurrenten MBCC für 5,5 Mrd. sfr. Damit handelt es sich auch um einen der größten Top-10-M&A-Deals im deutschsprachigen Raum in den Jahren 2022/23. Das Zusatzmittelgeschäft des Schweizer Unternehmens stellt Substanzen her, die dem Beton hinzugefügt werden, um dessen Eigenschaften zu verbessern.
Die Veräußerung und die MBCC-Transaktion bedürfen der behördlichen Genehmigung und sollen in der ersten Hälfte des Jahres 2023 abgeschlossen werden, heißt es in der Mitteilung. Sika rechnet nach Abschluss der Transaktion mit jährlichen Synergien von rund 160 Mill. bis 180 Mill. sfr.
Der Kurs der Sika-Aktie ist im Züricher Handel 2023 bislang um 11 % gestiegen. Das verleiht dem Unternehmen einen Marktwert von 37,9 Mrd. sfr.
Sika hatte im September den Verkauf des Zusatzmittelgeschäfts in Nordamerika, Europa und Australien im Ganzen wieder aufgenommen, nachdem ein Versuch, es in Teilen zu verkaufen, auf kartellrechtlichen Widerstand gestoßen war. Die britische Fusionsaufsichtsbehörde hatte eine eingehende Untersuchung des MBCC-Deals eingeleitet, weil sie befürchtete, dass der Wettbewerb bei chemischen Zusatzmitteln geschwächt werden könnte. Zu den Vermögenswerten, die Ineos erwirbt, gehören Produktionsstätten und Vertriebsbüros in 36 Ländern mit mehr als 1 600 Mitarbeitern, wie aus der Mitteilung hervorgeht.
Sika, die Dichtstoffe, Mörtel und andere Bauklebstoffe herstellt, hat das Tempo bei der Übernahme von Unternehmen beschleunigt. Der Vorstandsvorsitzende Thomas Hasler versucht, die Nachfrage nach neuen Materialien zu bedienen, die die Nachhaltigkeit und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge unterstützen. Sika rechnet mit jährlichen Zinskosten von 90 Mill. sfr, die aus der Finanzierung der Übernahme der MBCC Group erwachsen.
Der britische Milliardär Jim Ratcliffe hat sein Geschäftsimperium über die chemische Industrie hinaus erweitert und unter anderem einen Geländewagen entwickelt, der mit dem Defender von Land Rover konkurrieren soll. Ineos ist die Muttergesellschaft einer ganzen Gruppe chemischer Unternehmen und wurde 1998 durch ein Management-Buy-out der petrochemischen Beteiligungen von BP in Antwerpen unter der Leitung von Ratcliffe gebildet.