Gute Basis
Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands dürfte mittelfristig auch davon abhängen, wie es dem Land gelingt, seine Verkehrs- und Energieinfrastruktur zu modernisieren. Hier ist viel zu lange viel zu viel liegen geblieben. Von daher hat der Koalitionsausschuss nun wichtige Weichen neu gestellt – auch wenn die Verhandlungen zäh verlaufen sind und nur Kompromisse auf kleinem gemeinsamem Nenner möglich waren.
Aber insbesondere in der Verkehrspolitik scheint sich das Ringen gelohnt zu haben: Erstmals überhaupt werden Milliarden an Euro von der Straße (Lkw-Maut) auf die Schiene (Deutsche Bahn) umgeschichtet. Auch im Güterverkehr soll die Schiene in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen – im Gegensatz zu den jüngsten Prognosen aus dem Ministerium von Volker Wissing (FDP). Dies alles ist zumindest eine gute Basis, um die bislang ausgebremste Verkehrswende wieder etwas anzuschieben.
Gut aber auch, dass die Bedeutung intakter Straßen für Wirtschaft und Gesellschaft von der Koalition bestätigt wurde, indem nun auch zahlreiche Straßenbauprojekte beschleunigt angegangen werden. Dies betrifft nicht nur die vielen maroden Brücken im Land, sondern auch 144 Autobahnprojekte, die als prioritär eingestuft wurden. Dies kann die FDP als Erfolg verbuchen – auch wenn die Partei von ihren ursprünglichen Straßenausbauplänen dann doch etwa 80% streichen musste.
Deutlich unklarer bleibt, was die Debatten im Koalitionsausschuss um das geplante Gebäudeenergiegesetz, das in den vergangenen Wochen innerhalb der Politik und in der Öffentlichkeit für so viel Streit und Unmut gesorgt hat, an Verbesserungen gebracht haben. Im Wesentlichen bleibt nämlich alles so, wie es ohnehin geplant und vor einem Jahr von der Koalition beschlossen worden war.
Neue Gas- und Ölheizungen sollen ab 2024 möglichst nicht mehr eingebaut werden. Dass es Ausnahmen, Übergangsfristen und soziale Abfederungen geben soll, stand ohnehin immer fest. Wie diese genau aussehen sollen, ist aber weiterhin unklar. Und die „Technologieoffenheit“, die jetzt angeblich die Verbote ersetzt, betrifft im Wesentlichen neue Gasheizungen, die auch mit Wasserstoff laufen könnten. Nach Meinung von Experten wird dies ein Randphänomen bleiben, ähnlich wie das Thema E-Fuels im Autoverkehr.
Im Endeffekt war die Aufregung um die Wärmewende ohnehin auch ein Kommunikationsproblem der Ampel. Vielleicht wäre es gut gewesen, noch einmal öffentlich darauf hinzuweisen, dass in Brüssel gerade mit deutscher Beteiligung eine Ausweitung des Emissionshandels auch auf den Gebäudebereich beschlossen worden ist, der die Kosten für Besitzer von Öl- und Gasheizungen ab 2027 deutlich nach oben treiben wird. Dann hätten sich viele Diskussionen wohl wie von selbst erledigt.
Dem Koalitionsausschuss ist es gelungen, einige Blockaden zu lösen. Die Verabschiedung der entsprechenden Gesetze und die Umsetzung, von der noch viel abhängt, sollen nun sehr schnell folgen. Wie lange der Frieden innerhalb der Ampel hält, ist allerdings noch völlig unklar. Denn zum einen wurden Streitthemen wie die Kindergrundsicherung in dem Kompromisspaket ausgespart. Und zum anderen ist auch die Finanzierung der Pläne noch alles andere als klar.
(Börsen-Zeitung,