Credit Suisse

Kleine Großbank – was nun?

Dass die Credit Suisse nicht mehr zu alter Größe zurückkehren wird, ist beschlossene Sache. Der Entscheid, ob es für eine neue Credit Suisse noch eine Daseinsberechtigung gibt, liegt bei den Kunden.

Kleine Großbank – was nun?

­Was wird noch aus der Credit Suisse? Die Frage treibt die heimlichen Strippenzieher auf dem Schweizer Finanzplatz schon länger um. Schließlich sind die Führungsprobleme der ewigen UBS-Rivalin offensichtlich. Allerdings diffundierte die Besorgnis über den Zustand der 166-jährigen Zürcher Traditionsbank in jüngster Zeit auch in die Niederungen der gewöhnlichen Kundschaft – mit den fatalen Folgen, die jede Bank bei einem Vertrauensverlust gewärtigen muss.

Offenbar sind die umfangreichen Rückzüge von Kundengeldern der letzten Wochen inzwischen zum Stillstand gekommen. Dies beteuerte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann in den vergangenen Tagen jedenfalls bei verschiedenen Gelegenheiten. Es scheint, als habe die notfallmäßige Kapitalerhöhung, die in der laufenden Woche erfolgreich über die Bühne gebracht werden konnte, die gefährliche Situation entschärft.

Indessen zeigen die für alle langjährigen Aktionärinnen und Aktionäre überaus schmerzhaften Umstände und Bedingungen der aktuellen Kapitalerhöhung in aller Deutlichkeit, wie viel die Wiederherstellung von Vertrauen und Stabilität die Bank und ihre Eigentümer in den nächsten Jahren noch kosten wird. Nach einem Verlust von voraussichtlich mehr als 3 Mrd. sfr im laufenden Jahr wird die Credit Suisse auch 2023 nochmals rote Zahlen schreiben, wie Präsident Lehmann bereits vorausgesagt hat.

Die kostspielige Restrukturierung ist nur eine Komponente der anstehenden Sanierungskosten. Ein zweites Element stellt der zusätzliche finanzielle Aufwand dar, den die Bank aufgrund ihres derzeitigen Wettbewerbsnachteils nun erbringen muss, um möglichst rasch die vielen guten Kunden und Mitarbeitenden zurückzugewinnen, die sie in der Krise an die Konkurrenz verloren hat. Beiden wird die Credit Suisse in der einen oder anderen Form einen Risikozuschlag gewähren müssen, um sie zu einer Rückkehr bewegen zu können. Einen substanziellen Risikozuschlag verlangen schließlich auch die Gläubiger, allen voran jene, die der Bank in den vergangenen Wochen insgesamt rund 5 Mrd. sfr zusätzliches Fremdkapital zur Verfügung gestellt haben.

Dass die Credit Suisse vor diesem schwierigen Hintergrund nicht mehr zu alter Größe zurückkehren wird, ist bereits beschlossene Sache. Die Investmentbank First Boston, die Credit Suisse 1990 mehrheitlich übernommen hatte, soll bald abgespalten werden. Das internationale Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft von First Boston ist jener Teil der Credit Suisse, der diese zu einer Großbank macht. Das entscheidende Wesensmerkmal einer Großbank ist deren globale Vernetzung. Damit hat sie im Wettbewerb um internationale Kunden einen Vorteil gegenüber der regionalen Konkurrenz. Doch weil Großbanken auch ein Risiko für die Stabilität des Finanzsystems darstellen, müssen sie seit der Finanzkrise besonders strenge Anforderungen erfüllen.

Wenn es der Credit Suisse gelingt, die damit verbundenen Kosten zu reduzieren, kann sie vielleicht zu einer neuen Spezies mutieren: einer kleinen Großbank. Das wäre im Fall der Credit Suisse eine Bank mit einem großen Inlandsgeschäft, einer international ausgerichteten Vermögensverwaltung und einem Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft, das primär den inländischen Unternehmenskunden dient. Der Entscheid, ob es für eine neue Credit Suisse noch eine Daseinsberechtigung gibt, liegt aber allein bei den Kunden.

Aus Sicht der Credit-Suisse-Führung erscheint der Versuch sinnvoll, das Fundament der Bank zusammenzuhalten und darauf ein neues, solides Institut mit internationaler Ausstrahlung aufzubauen. Man müsste meinen, dass unter den vielen internationalen Unternehmen in der Schweiz ein Bedarf für ein solches Angebot besteht. Doch die Schweiz hat einen offenen Finanzplatz, auf dem die ganze Bankenwelt ihre Dienste ungehindert anbieten kann. Und zudem gibt es in der Schweiz etliche große, internationale Vermögensverwaltungsbanken und viele inländisch ausgerichtete Kreditinstitute. Die Credit-Suisse-Führung wird das Profil der neuen Bank deshalb so schärfen müssen, dass es die Kunden und Aktionäre überzeugt. Viel Zeit wird sich das Management dafür kaum nehmen können. Hinter den Kulissen des Schweizer Finanzplatzes wird bereits diskutiert, ob dereinst eine finale Aufspaltung der Credit Suisse notwendig werden könnte.

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