Geldpolitik

Lane heizt Debatte über EZB-Zinskurs an

Der EZB-Chefvolkswirt sieht die Inflation nahe ihres Höhepunkts und heizte Spekulationen um einen kleineren Zinsschritt auf der EZB-Sitzung in der kommenden Woche an.

Lane heizt Debatte über EZB-Zinskurs an

ms Frankfurt

Gut eine Woche vor der wegweisenden EZB-Sitzung am 15. Dezember hat EZB-Chefvolkswirt Philip Lane Spekulationen befeuert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das Tempo ihrer Zinserhöhungen drosselt – dass sie also ihre Schlüsselsätze eher um 50 statt wie zuletzt zweimal in Folge um 75 Basispunkte anhebt. Lane sagte nun zwar in einem Interview, dass weitere Zinserhöhungen nötig seien. Zugleich betonte er aber, dass die Sätze bereits deutlich angehoben worden seien, und er zeigte sich zuversichtlich, dass die Inflation mindestens kurz vor dem Höhepunkt stehe und absehbar deutlich sinke.

Die EZB steht nächste Woche vor zentralen Entscheidungen. Einerseits muss sie über die Höhe des nächsten Zinsschritts und damit auch darüber entscheiden, was sie für das Jahr 2023 signalisiert. Andererseits hat sie avisiert, grundlegende Prinzipien zum Abbau der durch die Anleihekäufe aufgeblähten EZB-Bilanz festzulegen. Zuletzt ha­ben sich zunehmende Differenzen im EZB-Rat of­fenbart. Die Hardliner („Falken“) dringen auf weitere entschlossene Zinserhöhungen und einen ra­schen Beginn des Bilanzabbaus. Die „Tauben“ mahnen wegen der erhöhten Rezessionsgefahr zur Vorsicht.

Die jüngsten Daten lieferten beiden Lagern Argumente. Im November ging die Inflation überraschend deutlich auf 10,0% zurück – was tendenziell die „Tauben“ stärkt und was bereits die Debatte über eine Drosselung des Zinstempos intensiviert hatte. Zugleich liegt die Teuerung damit aber noch fünfmal so hoch wie das EZB-Ziel von 2%, und zumindest die Sorge vor einem schweren Wirtschaftseinbruch hat nachgelassen.

Es werde noch einige Zeit dauern, bis die Teuerungsrate zu 2% zurückkehre, sagte Lane nun in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der italienischen Zeitung „Milano Finanza“. „Wir gehen davon aus, dass weitere Zinserhöhungen notwendig sein werden“, sagte er, fügte jedoch hinzu: „Aber es wurde bereits viel getan.“ Diese Vorarbeit gelte es jetzt zu berücksichtigen. Seit Juli hat die EZB ihre Leitzinsen um 200 Basispunkte angehoben – und damit so aggressiv wie noch nie.

Laut Lanes Einschätzung hat die Inflation ihren Höhepunkt wohl na­hezu erreicht. Er sei „einigermaßen zuversichtlich“, dass sich die Teuerung in der Nähe ihres Zenits befinde. Noch sei aber unsicher, ob die In­flation ihren Höhepunkt bereits erreicht habe oder ihn erst Anfang 2023 erreichen werde. Im Frühjahr oder Sommer 2023 erwarte er aber einen erheblichen Rückgang der Teuerung. Bei der Sitzung nächste Woche legen die EZB-Volkswirte neue, wichtige Projektionen vor.

Lanes Aussagen wurden nun verbreitet als Hinweis auf einen kleineren Zinsschritt interpretiert. Bereits am Montag hatte der irische Notenbankchef Gabriel Makhlouf gesagt, dass ein Schritt um 50 Basispunkte das wahrscheinlichste Ergebnis sei. Dafür hatten sich zuletzt einige Euro-Notenbanker ausgesprochen, darun­ter auch Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau.

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