Marcus Wassenberg und Valeria Gargiulo gehen zu Kion
Vor zwei Tagen hatte der Traditionskonzern Heidelberger Druckmaschinen den vorzeitigen Abschied seines Finanzchefs Marcus Wassenberg bekannt gegeben. Er werde in den Vorstand eines anderen Industrieunternehmens wechseln, hieß es nebulös. Nun ist klar, wohin es den 1966 in Grevenbroich geborenen Manager verschlägt. Für ihn geht es nach Frankfurt am Main, zum lange Zeit florierenden, zuletzt aber von der Inflation stark in Mitleidenschaft gezogenen Intralogistikkonzern Kion. Dort ist der CFO-Posten seit April unbesetzt; die Aufgaben erledigt derzeit noch interimistisch CEO Rob Smith, der selbst erst zu Beginn des Jahres bei dem MDax-Unternehmen das Ruder von Gordon Riske übernommen hatte.
Wassenberg soll bei Kion spätestens zum 1. April 2023 antreten und dort die Verantwortung für die Bereiche Accounting, Controlling, Finanzen, IT sowie die M&A- und Investor-Relations-Aktivitäten übernehmen, teilte der Konzern mit. Seine Mission ist klar und unmissverständlich formuliert: „Wassenberg wird gemeinsam mit dem gesamten Vorstand an der Steigerung der Profitabilität des Konzerns arbeiten und die dafür nötigen Prozesse weiterentwickeln“, wie es in der Mitteilung heißt.
Sorge um Hoffnungssparte
Dabei war die Gewinnentwicklung in den vergangenen Jahren – mit Ausnahme von 2020 – gar kein allzu großes Problem für Kion. Gerade im Geschäft mit Lieferkettenlösungen, etwa Sortier- oder Fördersysteme, das der Konzern über seine 2016 übernommene Tochter Dematic betreibt, stieg die Profitabilität zuletzt sehr deutlich. Allein 2021 legte das operative Ergebnis in der Hoffnungssparte um fast 50 % zu. Die Pandemie sorgte für besonderen Schwung, da Unternehmen erkannt hatten, dass sie im Zuge des E-Commerce-Booms mehr in ihre Lagerautomatisierung investieren müssen.
Die Erfolgsgeschichte nahm im September ein jähes Ende, als Kion für das dritte Quartal erstmals einen Verlust in Aussicht stellte − und Anleger damit mehrere Tage lang in Schockstarre versetzte. Grund waren die erheblich gestiegenen Kosten der Lieferkettenlösungen, etwa für Material, Lohn und Logistik. Analysten vermuteten in diesem Zusammenhang auch, dass die Preisanpassungsklauseln in den Verträgen mit den Kion-Kunden nicht ausreichend waren, um die Inflation vollumfänglich weiterzugeben. Der Börsenwert des Konzern reduzierte sich in wenigen Tagen um mehr als ein Drittel.
Restrukturierungserfahren
Inwieweit Kion die Probleme bis zum Amtsantritt von Wassenberg in den Griff bekommen hat, wird sich zeigen. Letztlich dürfte der 55-Jährige, der sich selbst in einem Zeitungsinterview als „Transformationsmanager“ bezeichnet hat, die Arbeit im „schwierigen Umfeld“ aber gewohnt sein. Bei Heidelberger Druckmaschinen war die Ausgangslage zu Beginn seiner Tätigkeit auch nicht gerade rosig. Im Gegenteil, diverse Sanierungsanläufe waren zuvor bereits im Sande verlaufen, die Verschuldung war hoch, das Traditionsunternehmen schrieb rote Zahlen. Der Diplom-Ökonom musste zusehen, wie er den behäbigen Riesen wieder in die Spur bringt. Sein Ansatz, ihn zu verschlanken und für eine bessere Liquidität den Pensionsfonds anzuzapfen, zahlte sich aus. Im vergangenen Jahr schrieb Heidelberg mit 33 Mill. Euro wieder schwarze Zahlen. Die Verschuldung reduzierte sich von anfangs über 400 Mill. auf zuletzt noch 5 Mill. Euro.
Neue Vorständin
Wassenberg ist überdies nicht der einzige Neuzugang, mit dem sich Kion verstärken will. Spätestens von Mai nächsten Jahres an soll zudem auch Valeria Gargiulo, die aktuell noch bei Daimler Truck als Vice President People & Organisational Development tätig ist, zum Gabelstaplerhersteller wechseln. Das seit dem Abgang der früheren Finanzchefin Anke Groth rein männlich besetzte Gremium wird damit zumindest wieder etwas weiblicher.
Im Vorstand wird 50-jährige Gargiulo, die gebürtige Argentinierin ist, den Posten der Personal- und Nachhaltigkeitschefin sowie die Rolle der Arbeitsdirektorin übernehmen. Gargiulo bringt nach Angaben von Kion rund 30 Jahre Erfahrung in den Bereichen Personal, Vertrieb, Recht sowie M&A mit. Dazu verfüge sie über „umfangreiche internationale Erfahrung und eine hervorragende Erfolgsbilanz in der Organisationsentwicklung“.
Aufsichtsratschef Michael Macht kommentierte die Neubesetzungen: „Mit Valeria Gargiulo und Marcus Wassenberg verstärken zwei erfahrene Führungskräfte mit nachgewiesener Erfolgsbilanz, hohen Leistungsstandards und überzeugenden Zukunftsvisionen den amtierenden Vorstand.“