Geldpolitik

Notenbanker geben sich entschlossen

Viele Marktteilnehmer setzen darauf, dass die EZB und die Fed ihre Leitzinsen doch nicht so stark anheben wie zuletzt signalisiert und auch nicht so lange hoch halten wie avisiert. Die Notenbanker halten dagegen.

Notenbanker geben sich entschlossen

ms Frankfurt

Führende Notenbanker aus dem Euroraum und aus den USA haben die Entschlossenheit der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed bekräftigt, die Leitzinsen noch weiter anzuheben, um die Inflation zu drücken – selbst wenn sich diese zuletzt bereits deutlich abgeschwächt hat. Für die EZB signalisierten EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel und Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Dienstag entsprechende Schritte. In den USA ließen die regionalen Fed-Präsidenten Raphael Bostic (Atlanta) und Mary Daly (San Francisco) aufhorchen. Fed-Chef Jerome Powell hielt sich dagegen am Dienstag bei einem Auftritt eher bedeckt.

Mit ihren Aussagen dämpfen die Notenbanker zumindest ein wenig die Hoffnung an den Finanzmärkten, dass Signale für ein Überschreiten des Inflationshöhepunkts in der Eurozone und in den USA zu einer weniger aggressiven Geldpolitik führen – und womöglich zu ersten Zinssenkungen schon in diesem Jahr. Diese Hoffnung hat den Börsen weltweit einen starken Jahresauftakt beschert. 2022 hatten EZB und Fed ihre Geldpolitik so stark gestrafft wie noch nie beziehungsweise wie seit Jahrzehnten nicht. Mitte Dezember hatten EZB und Fed überrascht, als sie mehr Zinserhöhungen als zuvor und länger als erwartet hohe Zinsen avisierten. Viele Markteilnehmer wetten darauf, dass es nicht ganz so schlimm kommt.

Hintergrund ist, dass die Inflation in der Eurozone und den USA bereits deutlich und auch stärker als erwartet nachgegeben hat. Im Euroraum ging sie vom Höchstwert von 10,6% im Oktober bis auf 9,2% im Dezember zurück. In den USA lag die Verbraucherpreisinflation im November bei 7,1%. Im Juni hatte sie noch bei 9,1% gelegen. Die Raten liegen aber immer noch deutlich oberhalb der 2-Prozent-Ziele. Die Notenbanker befürchten zudem, dass ein zu frühes Einlenken dazu führt, dass die Inflation wie in den 1970er Jahren komplett außer Kontrolle gerät.

EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel sagte nun am Dienstag bei einer hochkarätig besetzten Zentralbankkonferenz in Stockholm, dass die Inflation im Euroraum zwar gesunken sei, aber gerade erst wieder einstelliges Niveau erreicht habe. „Die Zinsen müssen immer noch deutlich und stetig steigen, um ein Niveau zu erreichen, das ausreichend restriktiv ist, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu unserem mittelfristigen Ziel von 2% zu gewährleisten“, sagte sie. „Von selbst wird die Inflation nicht nachlassen.“

Auch aus Sicht von Bundesbankchef Nagel ist die hohe Inflation noch längst nicht überwunden. „Wir befinden uns nach meiner Interpretation mehr oder weniger noch inmitten eines Sturms“, sagte er bei der Konferenz in Stockholm. Die Notenbanken müssten daher ihren Job erledigen und ihr Mandat erfüllen.

Bereits am Montagabend hatten die Fed-Notenbanker Bostic und Daly erklärt, dass weitere Zinsschritte nötig seien. „Wir müssen an unserer Entschlossenheit festhalten”, sagte Bostic vor dem Rotary Club Atlanta. Eine Anhebung der Zinsen auf 5% bis 5,25% sei gerechtfertigt, um die überschüssige Nachfrage aus der Volkswirtschaft herauszunehmen. Auch Daly prognostizierte, dass die Fed die Zinsen auf etwas über 5% anheben werde. Das endgültige Niveau werde von den eingehenden Inflationsdaten abhängen, erklärte sie in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“.

Fed-Chef Powell äußerte sich am Dienstag bei seinem Auftritt in Stockholm nicht zum Zinsausblick. Er sagte nur allgemein: „Die Wiederherstellung der Preisstabilität bei hoher Inflation kann Maßnahmen erfordern, die kurzfristig unpopulär sind.“

Dissens beim Klimawandel

Unterschiedliche Ansichten zeigten sich in Stockholm zur Rolle der Notenbanken im Kampf gegen den Klimawandel. Schnabel sagte, die EZB müsse sich noch mehr anstrengen, um in der Geldpolitik grüner zu werden. Sie hat vor allem die enormen Anleihebestände der EZB im Blick. Dagegen äußerte sich Powell skeptisch zu einer grüner ausgerichteten Geldpolitik: „Wir sind keine Klimapolitiker und werden es auch nicht sein.“

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