Reichlich gereizt
Ende Oktober vorigen Jahres schien der umstrittene Einstieg des chinesischen Reederei-Riesen Cosco beim kleinsten der drei Hamburger Containerterminals des Hafen- und Logistikkonzerns HHLA in trockenen Tüchern zu sein. Die Bundesregierung stimmte dem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung zu – wobei sich Risse innerhalb der Ampel-Koalition auch in dieser Frage auftaten. Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium gehörte zu den Häusern, die sich mit Verweis auf Abhängigkeiten und in Sorge wegen eines möglichen Zugriffs Chinas auf kritische Infrastruktur in Deutschland gegen den Deal stemmten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bis 2018 Erster Bürgermeister Hamburgs, setzte sich durch.
Doch die finale Genehmigung der geplanten Transaktion, deren vertragliche Grundlagen zu überarbeiten waren, lässt auf sich warten. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium, das die Unterlagen angeblich Ende Dezember erhielt, prüfe noch, ob die Vorgaben der sogenannten Teiluntersagung ordnungsgemäß umgesetzt würden. Nach dem 2021 eingeleiteten Investitionsschutzverfahren, das dem Bescheid der Regierung vom Oktober voranging, könnte es sein, dass sich die Vertragspartner noch länger in Geduld üben müssen bis zu einer Antwort – ohne absehen zu können, wie sie ausfällt.
Eine Formsache ist die Genehmigung offenbar nicht. Das lässt sich an der Haltung der HHLA ablesen. Der Konzern wünscht sich wegen der großen Bedeutung der Asien-Verkehre für den Hamburger Hafen eine enge langfristige Bindung der weltweit viertgrößten Containerreederei, die seit langem Kunde ist. Etwaige Hoffnungen, grünes Licht bis zur Bilanzpressekonferenz zu erhalten, haben sich nicht erfüllt. Stattdessen dringt der Hafenkonzern reichlich gereizt auf Antwort aus Berlin. Man habe „in gewisser Weise“ Verständnis, dass das Wirtschaftsministerium gerade viele aktuelle Themen bearbeiten müsse. Alle Forderungen des Bescheids vom Herbst, der Cosco höchstens eine Terminalbeteiligung unterhalb der Vetogrenze von 25% anstatt zuvor mit der HHLA vereinbarter 35% gestattet und Auflagen vorsieht, seien aber erfüllt. Offene Fragen lägen nicht vor.
Die Vertragspartner haben einen Punkt, wenn sie eine Freigabe der Transaktion erwarten. Die Bundesregierung hätte sie sonst im Herbst untersagen müssen. So fällt wieder auf, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte China-Strategie der Ampel-Koalition weiterhin aussteht. Die Frage, was sich aus der Definition des größten Handelspartners Deutschlands als Systemrivale konkret ergibt, muss beantwortet werden. Am besten in einem europäischen Rahmen.