Dollar

Risiken werden die US-Währung stützen

Seit seinem 20-Jahres-Hoch hat „King Dollar“ bereits 9 % verloren. Die Korrektur kann sich durchaus noch fortsetzen. Sehr viel weiter wird sie den Greenback zunächst jedoch wohl nicht drücken.

Risiken werden die US-Währung stützen

In einem Jahr, in dem sowohl Aktien als auch Anleihen zum Teil schwere Einbußen eingefahren haben und Anleger somit kaum Möglichkeiten hatten, Verluste zu vermeiden, ragt ein Asset heraus: der Dollar. Bis zum September hat die amerikanische Währung mit einer Unwiderstehlichkeit angezogen, die Beobachter veranlasst hat, sie zum „King Dollar“ zu krönen. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Währung zu sechs anderen führenden Industrieländervaluten darstellt, ist bis auf knapp 115 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit zwanzig Jahren gestiegen, ein satter Gewinn im Vergleich zum Jahresbeginn von nahezu 20%. Mittlerweile ist die Luft aus dem Greenback jedoch raus. Seit dem Spätsommer schwächelt die Währung, der Dollar-Index hat gegenüber seinem Hoch 9% abgegeben.

Hauptursache des Rückschlags ist die von einem überraschend deutlichen Rückgang der US-Teuerung geschürte Erwartung, dass der „Peak Inflation“ überschritten worden ist und somit der „Peak Fed“, sprich das Ende der Leitzinsanhebungen der Fed, nicht mehr weit entfernt ist. Das hat zur Folge, dass der Zinsvorsprung des Dollar im Vergleich zu den anderen großen Währungen an Sogkraft verliert. Seit die Europäische Zentralbank ebenfalls begonnen hat, ihre Leitzinsen anzuheben, gibt es zudem für Anleger im Euroraum wieder Zinsen; selbst der Yen hat sich deutlich erholt, obwohl die Bank of Japan nach wie vor keinerlei Anstalten macht, von ihrem ultralockeren Kurs abzukehren.

Hinzu kommen eine Abschwächung der Safe-Haven-Zuflüsse und eine ansatzweise Verbesserung der Lage in anderen wichtigen Regionen. Ein Ende des entsetzlichen Kriegs in der Ukraine scheint derzeit zwar noch weit entfernt, Befürchtungen über eine Eskalation beziehungsweise eine Einbeziehung der Nato haben aber mittlerweile nachgelassen, und, so furchtbar das klingt, es hat sich auch ein Gewöhnungseffekt bei den Marktteilnehmern eingestellt. Die Lockerung von Corona-Restriktionen nährt Hoffnungen auf ein wieder stärkeres Wachstum in China. Der Euroraum steuert zwar auf eine Rezession zu. Allerdings sind die wirtschaftlichen Daten zuletzt weniger schlecht als erwartet ausgefallen, ein schwerer wirtschaftlicher Einbruch wird nicht mehr befürchtet. Dazu hat beigetragen, dass nach derzeitigem Stand eine Gasrationierung in diesem Winter wohl vermieden werden kann. Zudem sind die Energiepreise wieder deutlich gesunken. Damit hat sich ein Vorteil, den die weniger stark von der Energiekrise betroffenen USA hatten, abgeschwächt. Nicht zuletzt waren die Marktteilnehmer im Sommer in der US-Währung überpositioniert. Damit einher gingen Ansätze von Übertreibung, wenn nicht gar Panik, so etwa die Bezeichnung des Euro als „unkaufbar“ durch eine französische Großbank. Letztlich ist der Rückschlag des Dollar somit ein Stück weit auch als überfällige Korrektur zu betrachten.

Die Korrektur kann sich durchaus noch fortsetzen. Sehr viel weiter wird sie den Greenback zunächst jedoch wahrscheinlich nicht drücken. Dazu müssten sich Anzeichen für ein Ende des Krieges in der Ukraine ergeben, wonach es derzeit leider nicht aussieht. Somit werden die geopolitischen Risiken, zu denen auch der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China zählt, weiterhin für Verunsicherung sorgen und den Dollar durch die damit verbundene Nachfrage nach sicheren Assets stützen. Darüber hinaus bleibt die Situation in China und im Euroraum fragil. In China steigen derzeit die Corona-Fallzahlen, durch die Aufhebung von Restriktionen und die geringe Immunisierung gerade der alten Jahrgänge ergeben sich Risiken. Im Euroraum wiederum wird in absehbarer Zeit das Thema Gasrationierung mit Blick auf den Winter 2023/2024 wieder auf den Tisch kommen.

Ein Argument gegen den Dollar ist, dass die Fed im Verlauf des kommenden Jahres nicht nur den Zinserhöhungszyklus beendet, sondern sogar, wenn die erwartete Rezession beginnt, ihren Leitzins wieder senken könnte. Es ist jedoch fraglich, ob eine Rezession in den Vereinigten Staaten tatsächlich die US-Währung schwächen wird. Zum einen würden andere Regionen wie nicht zuletzt der Euroraum in Mitleidenschaft gezogen. Zum anderen würde eine US-Rezession für Verunsicherung unter den Marktteilnehmern sorgen und damit ebenfalls den Dollar stützende Safe-Haven-Zuflüsse zur Folge haben. Zur Erinnerung: Die große Finanzkrise der Jahre 2008/2009 wurde durch den amerikanischen Immobilienmarkt ausgelöst, die mit dem Zusammenbruch des US-Wertpapierhauses Lehman Brothers ausgelöste Panik trieb nach Sicherheit suchende Marktteilnehmer dennoch in den Dollar, der in den Höhenflug überging.

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